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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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hatten sie enttäuscht. Und Menschen hatten sie positiv überrascht.
    Als die Zeiger der Uhr immer weiter auf Mitternacht zugingen, vergoss Isabelle ein paar Tränen. Noch immer klaffte in ihrem Herzen, wo Leons Platz gewesen war, ein riesiges Loch. Auch an ihre Eltern musste sie denken. Moritz Herrenhus war nun Großvater und wusste es nicht einmal. Aber wahrscheinlich war es ihm auch gleich, dachte Isabelle bitter. Ob jemals der Tag kommen würde, an dem ihre Eltern und sie wieder Kontakt zueinander aufnähmen? Vielleicht ein Brief, irgendwann …
    Und wie es wohl Josefine und Clara erging? Den nächsten Jahreswechsel wollten sie gemeinsam verbringen, das hatten sie bei ihrem Abschied vereinbart. Ob ihnen das tatsächlich gelingen würde? Den Jahrhundertwind wollten sie feiern. Und den Wandel vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert – was für ein großer Moment. Der Gedanke machte Isabelle Angst. »Der Mensch plant, und das Schicksal lacht dazu« – hieß es nicht so? Nach allem, was sie erlebt hatte, wagte sie nicht einmal einen Ausblick auf das, was in den nächsten Wochen kommen würde.
    Um Punkt zwölf Uhr öffnete sie eine Flasche Feininger. Ihr Blick fiel auf Margerite, die in ihrer Wiege selig schlief. Ihr liebes, schönes Christkind. Daniel hatte recht, sie machte sich einfach viel zu viele Gedanken. War es nicht viel besser, den Moment zu genießen?
    Die Wochen vergingen, Isabelle kam wieder zu Kräften, und der Tag von Claras Ankunft rückte immer näher. Isabelle brachte ihr Haus auf Hochglanz. Es war nicht so, dass sie Clara mit hausfraulichen Fähigkeiten beeindrucken wollte, vielmehr war es ihr ein inneres Bedürfnis, alles in ihrer Umgebung schön und sauber zu gestalten. Fort mit dem Staub und Elend des vergangenen Jahres – alles sollte so appetitlich aussehen wie ein frischgeschälter Apfel. Wie neues Leben. Ein neuer Anfang. Er sollte in jeder mit immergrünem Ginster gefüllten Blumenvase, in jedem polierten Silbertablett und in jedem abgestaubten Buch zu finden sein.
    »… jetzt noch die Jacke und die Mütze, und schon sind wir fertig!« Isabelle drückte Margerite einen Kuss auf den Kopf. Wie zart und flaumig ihre Haare waren! Sie steckte zuerst den rechten, dann den linken Arm des Kindes in die Jackenärmel, dann knöpfte sie die dicke Wolljacke sorgfältig zu. Seit dem Jahreswechsel lag die Champagne unter einer dicken Frostschicht. Zur Sorge, was die ungewöhnliche Kälte den Rebstöcken antun würde, kam nun die Sorge um Margerite. Eine Erkältung bei einem so kleinen Kind konnte böse enden, besser war es, erst gar kein Risiko einzugehen. Eine dicke Mütze, dazu noch ein Schal aus weicher Angorawolle – wie immer ließ sich Margerite alles anziehen, ohne mit den Armen zu rudern oder zu schreien, wie es laut Carla Chapron andere Kinder oft taten.
    »So jung und schon ein kleines Modepüppchen, was?« Lächelnd hob Isabelle ihre Tochter hoch und legte sie in den Kinderwagen, den sie in einem Warenhaus in Reims bestellt hatte. In der Diele zog sie selbst auch eine dicke Jacke und einen Schal an, beides würde sie später, im Weinkeller, dringend benötigen.
    Ein warmes Gefühl der Vorfreude überkam Isabelle, während sie eiligen Schrittes auf Ghislaines Haus zumarschierte.
    Heute war der Tag der Tage. Heute würden Daniel und sie mit dem Verschnitt des Champagners beginnen. In den letzten Wochen hatte sich Daniel durch sämtliche Fässer ihres Weinkellers probiert und die Weine ausgewählt, die er für die diesjährige Cuvée verwenden wollte. Jetzt würde sich die ganze Kunst eines Kellermeisters zeigen. Die Konzentration musste geschärft und alle Sinne mussten hellwach sein, um sich bei der Vermählung der diversen Weine vorstellen zu können, wie das Endergebnis später einmal schmecken würde. Deshalb wollte Isabelle ihre Tochter jetzt zu Ghislaine bringen. Margerite schrie zwar so gut wie nie, aber was, wenn sie es ausgerechnet heute tun und damit Daniel aus dem Konzept bringen würde? Außerdem war es im Weinkeller viel zu kalt für einen Säugling. Ghislaine hatte sich schon an die Kleine gewöhnt, denn wann immer Isabelle in den letzten Wochen unten im Dorf zu tun gehabt hatte, hatte sich Daniels Schwester bereit erklärt, auf das Kind aufzupassen. »So kann ich schon ein wenig üben«, hatte sie gesagt.
    Doch als sie heute bei Ghislaine anklopfte, stand diese ausgehfertig im Türrahmen. »Alphonse hat mich für ein paar Tage nach Paris eingeladen!«
    Isabelle nickte

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