Die Champagnerkönigin
dass sich Renoir in den letzten Jahren weiterentwickelt hat und nun mehr zum Klassizismus neigt. Schöne Frauen malt er besonders gern, seine Portraits haben allesamt eine besondere Ausstrahlung und sind voller Lebensfreude. In diesem Sinne wäre er wirklich der Richtige für dein Vorhaben.«
»Aber ob sich solch ein berühmter Maler dazu herablässt, ein Portrait für ein Champagneretikett zu malen?« Isabelle runzelte die Stirn. »Raymond erwähnte, dass er in der südlichen Champagne lebt. Eine Reise zu ihm wäre also durchaus im Rahmen meiner Möglichkeiten. Trotzdem, ich weiß nicht …«
»Wenn du ihn charmant genug fragst, sagt er bestimmt ja«, erwiderte Clara. »Außerdem würdest du ihn ja für seine Arbeit bezahlen. Auch ein Maler lebt nicht von Luft und Liebe allein.«
Isabelle nickte gedankenverloren. »Wahrscheinlich hast du recht. Ach, ich bin so froh, dass ich in euch allen so eine großartige Unterstützung habe!« Sie streckte ihre Arme in die Höhe, dann gähnte auch sie. »Daniel im Weinkeller, dazu Raymond mit seinen Ideen zur Vermarktung, zur Namensfindung und zum Etikett. Ja, ja, die Idee stammte eigentlich von dir«, sagte sie lachend, als sie Claras empörten Blick sah. »Und nun darf ich Raymond im Frühjahr auch noch auf seiner Verkaufsreise quer durch Europa begleiten. Bei den wichtigsten Kunden will er mich bekannt machen und dafür sorgen, dass sie fortan auch meinen Champagner kaufen – womit habe ich das nur verdient?«
»Och, darauf wüsste ich durchaus eine Antwort«, sagte Clara in spöttischem Ton. »Der Mann hat ein Auge auf dich geworfen. So einfach ist das. Da kommt ihm eine gemeinsame Reise doch gerade recht.«
»Unsinn! Was du dir wieder einbildest. Raymond ist ein guter Freund. Er weiß, dass ich noch in Trauer um Leon bin und ein kleines Kind habe – nie würde er in dieser Situation um mich werben.«
Claras Schweigen war bedeutungsvoller, als es jede Antwort gewesen wäre. Isabelle beschloss, darüber hinwegzugehen, doch dann war es Clara, die nochmals mit dem Thema anfing. »Ich an deiner Stelle würde den Gedanken nicht einfach verdrängen. So bewundernd, wie er dich anschaut, würde er dir bestimmt die Welt zu Füßen legen. An seiner Seite könntest du fortan dein Leben genießen, sorgenfrei und in größtmöglichem Luxus. Ein Mann, der einem alles abnimmt – manchmal kann das von großem Vorteil sein.«
»Und deswegen soll ich ihn heiraten? Ich bitte dich, Clara, wir sind doch nicht mehr im Mittelalter«, sagte Isabelle abwehrend. Sie spürte, wie sich in ihrem Innern Stacheln aufstellten. Schon immer hatten Clara und sie in den meisten Belangen des Lebens unterschiedliche Ansichten gehabt.
»Die Zeit wird es weisen«, sagte Clara versöhnlich.
Isabelle nickte vage. Sie hatte keine Lust zu streiten und beschloss, das Thema zu wechseln.
»Wien, München und Berlin – ich werde ganz aufgeregt, wenn ich an die große Reise denke, die mir demnächst bevorsteht. Ob es richtig ist, gerade in diesen Städten meinen Champagner anzubieten?« Wie schon öfter an diesem Tag schwankte sie zwischen größter Euphorie und nagenden Zweifeln.
»Deinem Raymond traue ich sogar zu, dass er eine Audienz am Kaiserhof für dich organisiert. Aber was viel wichtiger ist …« – Clara machte eine kleine Kunstpause –, »wir könnten die Chance für ein Wiedersehen zu dritt nutzen! Nach dieser Reise wird Gerhard mich nicht mehr so schnell fortlassen. Und da auch Josefine guter Hoffnung ist, steht ihr gewiss nicht der Sinn nach einer langen Reise. Umso schöner wäre die Aussicht, dass du nach Berlin kämst.«
Berlin … Isabelle spürte eine leise Unruhe in sich aufsteigen. Nicht nur ihre Freundinnen konnte sie in Berlin wiedersehen, sondern auch ihre Eltern. Aber wollte sie das wirklich?
Einen Moment lang hingen beide Frauen ihren Gedanken nach. Manchmal kam es Isabelle vor, dass sie an dem Tag, als sie Berlin verlassen hatte, in einen Wirbelwind geraten war, der sie seitdem nicht mehr aus seinen Fängen ließ. Ständig geschahen neue, aufregende Dinge in ihrem Leben und in dem ihrer Lieben. Nun war auch noch Josefine schwanger! Sie drei allesamt Mütter – daran hatte vor ein paar Jahren niemand gedacht. Vielleicht waren ihre Gemeinsamkeiten doch größer, als sie dachte?
»Was meinst du – ob ich Margerite wohl auf diese Reise mitnehmen kann? Oder ist sie dafür noch zu klein?« Wo sie ihre Tochter während dieser Geschäftsreise lassen würde, war Isabelles
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