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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Down-Syndroms nieder­geschrieben. Diese Krankheit wird vererbt. Nach meinen Untersuchungen kann ich zumindest die Verdachtsdiagnose stellen, dass Margerite an dem Syndrom leidet. Die wissenschaftliche Forschung steckt hier zwar noch sprichwörtlich in den Kinderschuhen, aber einige verlässliche Anhaltspunkte haben wir inzwischen«, sagte Doktor Rainier Martin.
    Isabelle durchfuhr es heiß und kalt. Sie drückte ihr Kind fester an sich. Das war nun schon das zweite Mal, dass sie den Namen Down-Syndrom hörte.
    »Vererbt? Aber ich bin kerngesund! Und mein Mann war es auch.«
    Der Arzt ignorierte ihren Einwand. »Die kleine Margerite weist einige der typischen Merkmale auf, wobei die Betonung auf einige liegt. Das flache und breite Gesicht, die etwas kleineren Augen …«
    »Mein Kind könnte also auch gesund sein?«, fragte Isabelle drängend. Margerite war so hübsch, wie kam der Arzt nur auf die Idee, darin etwas Krankhaftes zu sehen?
    »Nun, gesund würde ich die kleine Margerite nicht nennen. Da ist zum Beispiel die unüblich große Sandalenfurche zwischen ihrem ersten und zweiten Zeh.« Er nickte in Richtung der inzwischen wieder warm eingepackten Füßchen. »Ein typisches Merkmal für Kinder, die am Down-Syndrom leiden. Außerdem kann ich eindeutig eine Muskelhypotonie im Gaumenbereich diagnostizieren, daher rühren auch ihre Schwierigkeiten beim Saugen.«
    »Aber ist es nicht so, dass manche Kinder die Brust gut annehmen und andere eben nicht?«
    Verdachtsdiagnose? Auseinanderstehende Zehen? Isabelle schwirrte der Kopf.
    »Natürlich ist es so«, erwiderte der Arzt geduldig. »Aber Sie wären nicht hier, wenn das Ihr einziges Problem wäre.« Er kritzelte etwas auf ein Stück Papier. »Falls Sie meine Diagnose anzweifeln, können Sie gern einen weiteren Spezialisten aufsuchen. Ich empfehle Charles Fraudand in Paris, er ist ein Schüler von John Langdon-Down.« Auf einem zweiten Stück Papier rechnete er ein paar Zahlen zusammen. »Das macht dann siebenundachtzig Francs, Madame.«
    Wie betäubt fuhr Isabelle mit ihrem schlafenden Kind nach Hautvillers zurück. Auf ihr Insistieren hin hatte der Arzt mit weiteren Fachbegriffen um sich geworfen, doch richtig schlau war sie aus seinen Aussagen nicht geworden. Wie sich Margerite entwickeln würde, welche Auswirkungen diese Krankheit auf ihr Leben hatte – mehr als vage Antworten hatte sie auf ihre Fragen nicht bekommen.
    »Man geht davon aus, dass am Down-Syndrom erkrankte Kinder in den ersten fünf Jahren nur die Hälfte der normalen Entwicklung durchmachen. Aber viele dieser Kinder holen ihre Fehlentwicklung später zu großen Teilen nach«, hatte er gesagt, und Isabelle reagierte unendlich erleichtert. Doch ihre Freude war nur von kurzer Dauer gewesen.
    »Andere Kinder hingegen bleiben ihr Leben lang zurück. Zu den geistigen Schwierigkeiten gesellen sich gesundheitliche, wie beispielsweise Atemwegserkrankungen und Blutkrebs.«
    Blutkrebs. Isabelle hatte auf einmal das Gefühl, sie würde durch eine Tür ins Leere treten und fallen und fallen und … Ihre Tochter war doch gesund!
    »Nun schauen Sie nicht so entsetzt, Madame. Für schwere Fälle gibt es inzwischen ausgezeichnete Heilerziehungsanstalten, auch bei uns in Frankreich«, sagte der Arzt.
    An diesem Punkt hatte Isabelle genug gehabt. Schweigend legte sie dem Mann das Geld hin, ebenso schweigend bestieg sie die wartende Kutsche und ignorierte Claude Bertrands fragende Blicke. Sie wollte über all das nicht sprechen. Denn damit hätte sie es zu einer Tatsache gemacht.
    In Hautvillers ließ sie sich von Claude zum Le Grand Cerf fahren. Ghislaine saß hinter der Theke und las in einem Buch, es waren keine Gäste anwesend. Isabelle atmete erleichtert auf. Sie zwang sich mit letzter Selbstbeherrschung, zunächst ein wenig Konver­sation zu machen, sprach über den ungewöhnlich milden Märzanfang, über die anstehenden Arbeiten in den Weinbergen und darüber, wie froh sie war, dieses Jahr Daniel bei sich zu wissen. Sie trank einen Marc de Champagne. Der starke Schnaps schaffte es nicht, den bitteren Geschmack aus ihrem Mund zu entfernen. Von irgendwoher hatte Ghislaine mitbekommen, dass Isabelle mit ihrer Tochter bei einem Arzt gewesen war. Natürlich wollte sie alles über das Ergebnis wissen. Doch Isabelle wiegelte ab.
    »Noch steht nichts fest«, sagte sie spröde.
    Ghislaine umarmte sie herzlich. »Vergiss die Ärzte und erfreu dich an deinem Kind. Margerite ist das süßeste und liebste Mädchen von

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