Die Champagnerkönigin
zusammen!
Raymond, der ihre Zurückhaltung erkannte und richtig deutete, sagte: »Sie haben mir auf dieser Reise viel Glück gebracht, liebe Isabelle. Nicht nur Ihren Champagner habe ich gut verkauft, sondern die anderen Marken in meinem Programm ebenfalls. Gestatten Sie mir, Sie mit zwei, drei Kleidern zu beschenken, bitte! Und schauen Sie nur, diese wunderbaren Schuhe, die sollten Sie auch gleich anprobieren.« Dies wiederholte er so beharrlich, bis Isabelle schließlich einwilligte. Es gab Schlimmeres, als von Kopf bis Fuß eingekleidet zu werden.
Während Raymond in einem Ledersessel Platz nahm, wo ihm sogleich ein Glas Cognac serviert wurde, folgte Isabelle einem der Verkaufsmädchen in eine geräumige Umkleidekabine. Sie schlüpfte in dieses Kleid und in jenes, präsentierte sich stolz Raymond, der nicht sehr hilfreich war, indem er alle schön fand. Isabelle kicherte wie ein junges Mädchen. Genauso war es früher auch gewesen, als Papa sie und maman zum Einkaufen begleitet hatte.
»Bringen Sie alles ins Hotel Imperial«, wies Raymond den Ladeninhaber an, nachdem er die drei Kleider bezahlt hatte, die Isabelle am besten gefielen. Dann reichte er ihr seinen Arm und sie traten auf die Straße. Isabelle, der ganz schwindlig war vor lauter Anprobieren, folgte ihm blind. Erst nach ein paar Metern merkte sie, dass ihr Weg sie nicht zum Hotel führte, sondern zurück zu dem Stoffgeschäft, in dem sie zuerst gewesen waren.
Raymond, der ihr Stirnrunzeln sah, schmunzelte. »Dachten Sie etwa, wir sind fertig? Es kann doch nicht angehen, dass nur die Frau Mama hübsch daherkommt, nun kaufen wir noch die allerschönsten Stoffe, damit Sie für Ihre kleine Tochter ebenfalls etwas Schönes nähen lassen können. Haben Sie vorhin nicht eine zartrosafarbene Spitze bewundert?«
Isabelle fühlte sich wie im siebten Himmel.
Und dieses Wohlgefühl hielt an. »Was für eine gute Idee hierher zu gehen«, sagte Isabelle, und biss lustvoll von ihrem Steckerlfisch ab.
Nachdem Raymond von seinem Geschäftstermin zurückgekehrt war, hatte er sie nicht wie sonst in eins der eleganten Restaurants geführt, sondern hinaus in den Wiener Prater. Dort saßen sie nun in einem der rustikalen Gartenrestaurants, die im Schatten des Riesenrads einfache Speisen anboten. Es war ein lauer Abend, der Prater war voll verliebter junger Paare, die händchenhaltend und kichernd durch die Auen spazierten. Der Rauchgeruch der Makrelen, für die sich Raymond und Isabelle entschieden hatten, mischte sich mit dem Duft der aufblühenden Rose, die an der Holzwand der Gaststätte emporkletterte. Ob die Rosen in den Weinbergen auch schon blühten? So schnell wie die Frage durch Isabelles Kopf schoss, so schnell flog sie auch wieder davon. Hautvillers, die Weinberge, die Reblaus – alles war so weit fort.
Eine Gräte verfing sich in ihrem Rachen, Isabelle musste prusten. Gerade noch rechtzeitig hielt sie eine Hand vor den Mund, denn schon im nächsten Moment lag der Übeltäter in ihrer Handinnenfläche. Sie lachte befreit auf und sagte: »Was für ein verrückter Tag!«
»Die einfachsten Dinge im Leben können schön sein, wenn man sie zu zweit genießt«, sagte Raymond und lächelte sie liebevoll an. »Wie heißt es immer? Geteilte Freude ist doppelte Freude.«
Isabelle nickte. »Und nichts ist schlimmer als die Einsamkeit.« So wie in der Zeit nach Leons Tod, fügte sie im Stillen hinzu. Einen Moment lang schwiegen beide, doch dann riss sich Isabelle aus ihren düsteren Gedanken. Sie nahm einen Schluck des grünlich schimmernden Weins, der in rustikalen Gläsern serviert worden war, und sagte: »Diese Reise … Wenn ich ehrlich bin, hatte ich ein wenig Angst davor. Ich wusste schließlich nicht, was mich erwartet. Und nun ist jeder Tag schöner als der vorherige. Wenn ich allein an die wunderbaren Menschen denke, die ich kennenlernen durfte. Die eleganten Hotels, die vielen unvergesslichen Momente, so wie dieser hier.« Sie machte eine weitausholende Handbewegung, mit der sie das sommerliche Treiben in dem Vergnügungspark einschloss. »Ich glaube, heute war einer der schönsten Tage meines Lebens.«
»Dabei kommt das Beste noch: Ihr Triumphzug nach Berlin!«, sagte Raymond.
»Triumphzug – das bleibt abzuwarten«, erwiderte Isabelle und verzog das Gesicht.
Natürlich freute sie sich, Josefine und Clara wiederzusehen. Clara, von der sie seit ihrem Besuch nichts mehr gehört hatte und bei der sie sich mit einem dicken Blumenstrauß für ihr
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