Die Champagnerkönigin
wenn ich keinen eigenen besitze. Aber um Ihnen meine Anerkennung auszusprechen, habe ich Ihnen schon letzte Woche eine Kiste Feininger-Champagner zukommen lassen«, fuhr er fort. »Ein Feininger-Rosé-Champagner erster Klasse, nichts anderes würde Ihnen gerecht werden. Ich hoffe, er hat Ihnen und den Welpenkäufern gemundet?«
Isabelle sog entsetzt die Luft ein. Ihr Champagner sollte doch in dem berühmten Delikatessenladen verkauft und nicht irgendwelchen Hundebesitzern vorgesetzt werden!
»Gut hat er geschmeckt, der rosafarbene Witwenchampagner.« Die Münchnerin nickte zufrieden. »Wissen’s«, sagte sie in ihrem breiten bayrischen Dialekt, »die Leut erwarten von uns immer nur das Beste, nicht nur bei den Hunden, sondern bei allem.« Zum ersten Mal seit langer Zeit schaute sie Isabelle an. »Einen guten Champagner ham’s da gemacht, Frau Feininger. Und so ein hübsches Bild auf der Flasche. Ob der Maler auch meine Hunde malen würde? Wie viele Flaschen könnten wir von dem Veuve Rougette denn haben?« Die letzte Frage war schon wieder an den Champagnerhändler gewandt.
Raymonds Miene wurde sorgenvoll. »Nicht so viel, wie es wünschenswert wäre«, sagte er mit bedauerndem Ton.
»Aber –«, hob Isabelle an, wurde jedoch durch Raymonds mahnenden Blick sogleich wieder unterbrochen.
»Nun kommen’s schon!« Die Münchner Unternehmerin hatte Raymond neckisch in die Seite geknufft. »Einem das Maul wässrig machen und dann kneifen, das gilt nicht – zweitausend Flaschen sollten’s schon sein, wir erwarten dieses Jahr schließlich ein Jahrhundertgeschäft, gell, Franzi?« Sie hatte laut aufgelacht, während sie ihrem Pudel über den Kopf strich.
»Was meinen Sie, wollen wir anschließend noch gemeinsam im Prater Riesenrad fahren?«, sagte Raymond jetzt, nachdem alle ihren Erdbeerkuchen vor sich auf dem Teller hatten und die Tischrunde mit Feininger-Champagner angestoßen hatte.
Statt zu antworten, schaute die Inhaberin des Hotels Imperial verzückt auf die unzähligen Perlen in ihrem Glas.
Auch die Gräfin Esterhazy schien kein gesteigertes Interesse an einer Riesenradfahrt zu haben. »Einfach nur köstlich«, seufzte sie über ihr Glas hinweg. »Liebe Witwe Feininger, dieses Tröpfchen ist Ihnen wirklich gelungen! Fortan werde ich nur noch diesen Champagner trinken«, verkündete sie und nahm einen weiteren großen Schluck.
Isabelle lächelte beglückt.
»Eine weise Entscheidung«, sagte Raymond und prostete der Gräfin zu. »Nur ein Getränk auf Erden vermag es, eine schöne Frau noch schöner zu machen – der Champagner! Der Rosé macht seinem Namen zudem alle Ehre, er verleiht einer Dame einen besonders rosigen Teint …«
»Dann sollte ich mir vom Feininger Rougette wohl einen kleinen Privatvorrat anlegen«, sagte die Chefin des Hotels Imperial und tätschelte affektiert ihre jetzt wieder blassen Wangen.
»Und was ist mit meiner Wenigkeit, meine Damen?«, mischte sich Gottlieb Bauer ein. »Wenn es gestattet ist, würde ich mich auch gern mit dem Veuve Rougette eindecken. In den nächsten Monaten wird bei uns auf dem Stephansplatz eine große Feier nach der anderen stattfinden – den Jahreswechsel noch nicht mit eingerechnet. Da werden meine Kunden einen großen Champagnerdurst haben.«
Raymond lächelte milde. »Ich werde ein kleines Wunder vollbringen müssen, um all Ihre Wünsche erfüllen zu können!« Triumphierend zwinkerte er Isabelle zu.
»Heute gönnen wir uns den ganzen Tag lang nur Vergnügen«, sagte Raymond, als sie am nächsten Morgen im eleganten Speisesaal des Hotels Imperial frühstückten. Isabelle, die vom Portier gerade eine Nachricht von Lucille bekommen und überflogen hatte, nickte geistesabwesend. Margerite entwickle sich prächtig, schrieb das Kindermädchen. Und dann zählte es auf, was sie und die Kleine alles miteinander unternahmen. Allem Anschein nach hatte es sich die junge Frau zur Gewohnheit gemacht, mit dem Kinderwagen in die Weinberge zu fahren und dort mit Hand anzulegen. Die Arbeit mache ihr sehr viel Spaß, schrieb Lucille, und die frische Luft täte der Kleinen sehr gut. Wie beruhigend. Und doch – die Vorstellung, wie die rotwangige, vollbusige Lucille Seite an Seite mit Daniel arbeitete, behagte Isabelle nicht. Dass das Kindermädchen so fleißig kleine Briefe schrieb, gefiel ihr dafür umso mehr. Erst durch das Wissen, dass es Margerite an nichts mangelte, konnte Isabelle die Reise genießen.
»Habe ich Sie richtig verstanden – wir haben heute
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