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Die Champagnerkönigin

Die Champagnerkönigin

Titel: Die Champagnerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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seiner Tochter in der Not beisteht. Und ob er nun eine Fabrik organisiert oder ein Weingut … Immerhin ist Isabelle die Alleinerbin des Weinguts, soll das alles vor die Hunde gehen?«
    Micheline nickte beipflichtend, sagte dann aber: »Sie hat mir einmal erzählt, dass ihre Eltern mit Leon als Ehemann nicht einverstanden waren und es deswegen zum Bruch zwischen ihnen kam. Schrecklich, nicht wahr? Die Einzige, mit der Isabelle in Berlin noch hin und wieder Kontakt hat, ist eine Freundin. Clara heißt sie …«

20. Kapitel
    Der Brief war am Vortag gekommen. Eine Frauenhandschrift, zart auf dünnem, fast durchsichtigem Papier. Clara hatte die Schrift noch nie gesehen. Oben auf dem Briefbogen befand sich ein feines Wasserzeichen, das aus den ineinander verschlungenen Buchstaben C und G bestand. Erst später erkannte Clara, dass dies das Emblem des Weinguts Champagne Guenin war. Im ersten Moment verstand sie jedoch gar nichts, dazu war ihr der Schreck viel zu tief in die Glieder gefahren. Ein Brief für sie? Sie bekam doch höchst selten Post. Alle Umschläge und Päckchen, die der Postbote bei seinen beiden täglichen Besuchen brachte, waren stets an ihren Mann, Doktor Gerhard Gropius, adressiert. Doch in diesem Fall lagen die Dinge anders. Micheline Guenin, eine Französin und allem Anschein nach die Nachbarin von Isabelle, hatte ihr geschrieben. Es hatte eine Weile gedauert, bis Clara die französischen Sätze entziffert hatte. Mehr als einmal hatte sie das Wörterbuch zu Rate ziehen müssen, es war schon lange her, dass sie in der Schule Französisch gelernt hatte. Und selbst als sie Satz für Satz, Wort für Wort fein säuberlich ins Deutsche übertragen hatte, konnte sie den Inhalt des Briefes nicht fassen. Leon Feininger war gestorben? Der fröhliche Mann, der Isabelle so sehr den Kopf verdreht hatte, dass sie einfach mit ihm auf und davon gegangen war? Arme Isabelle … Ihr waren die Tränen in die Augen geschossen, und es hatte lange gedauert, bis sie die Flut wieder hatte stillen können.
    Was Clara jedoch mindestens so schockierend fand wie diese schreckliche Nachricht, war die Tatsache, dass jemand sie um Hilfe bat. Ausgerechnet sie. Wo sie doch zu den einfachsten Dingen zu dumm war, wie Gerhard nicht müde wurde zu behaupten. Wie sollte sie da jemand anderem helfen? Sicher, Isabelle und sie kannten sich seit Kindertagen, sie waren in derselben Straße aufgewachsen. Isabelle in der vornehmen Fabrikantenvilla und sie in der Wohnung über der Apotheke ihrer Eltern. Josefine, die Tochter des Hufschmieds, war die Dritte im Bunde gewesen. Trotz der gesellschaftlichen Unterschiede waren sie gute Freundinnen, Isabelle hatte sie nie ihren Reichtum spüren lassen, außer wenn es darum ging, Schokolade, Modezeitschriften oder ihr heißgeliebtes Fahrrad mit den Freundinnen zu teilen. Aber wie kam es, dass die Französin von dieser alten Freundschaft wusste, und woher kannte sie ihre Adresse? Von Isabelle selbst? Während sie über all das nachdachte, hatte sie den Brief nicht etwa in einer der Schubladen versteckt, wo Gerhard ihn jederzeit entdecken konnte, sondern hinter dem Spiegel im Hausflur.
    Als sie sich nun, am Morgen des nächsten Tages, versicherte, dass auch nicht die kleinste Ecke unter dem breiten Goldrand hervorlugte, warf sie ihrem Spiegelbild einen langen Blick zu. Obwohl sie am 24 . Dezember ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag feiern würde, sah sie noch immer aus wie ein junges Mädchen. Ihre rehbraunen Augen leuchteten, ihre Lippen waren voll, ihre Figur war noch immer jugendlich. Die dunkelbraunen Haare glänzten wie frisch aus der Schale geplatzte Kastanien, ihre Haut war makellos.
    »Die Ehe scheint dir zu bekommen, du wirst mit jedem Jahr schöner«, hatte ihre Mutter erst kürzlich zu ihr gesagt. Sie, Clara, hatte daraufhin geschwiegen. Was hätte sie auch antworten sollen? Dass Gerhard sie nur an den Stellen kniff, an denen blaue Flecken nicht auffielen? Dass er sie zwar nicht schlug, dafür aber an den Haaren quer durchs Zimmer zog? Davon konnten der Haarglanz und ihre schöne Haut wirklich nicht herrühren.
    Du und deine schwere Last!, verhöhnte sie sich, während sie ins Esszimmer ging, wo ihr Mann schon am Frühstückstisch saß. Wenn Gerhard manchmal ein bisschen grob zu dir wird, hast du es durch irgendeine Dummheit provoziert. Ansonsten ist er ein guter Mann, der bestens für dich sorgt. Außerdem – dein Sohn Matthias ist dein ganzes Glück. Du wohnst in einem schönen Haus. Als Frau

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