Die Chancellor
nach
der Strandung sind dem Kielraum der ›Chancellor‹ stets
dicke, beißende Dämpfe entströmt; dann haben sie sich
nach und nach vermindert und am 6. November kann
man die Feuersbrunst als erloschen ansehen. Aus Für-
sorge aber läßt Robert Kurtis die Pumpen noch fortar-
beiten, so daß der Schiffsrumpf jetzt bis zum Zwischen-
deck mit Wasser gefüllt ist. Nur zur Zeit der Ebbe sinkt
das Wasser im Frachtraum, und die Oberflächen im In-
neren und Äußeren stellen sich auf gleiches Niveau.
»Es beweist das«, sagt Robert Kurtis zu mir, »daß das
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Leck ziemlich beträchtlich sein muß, da das Wasser mit
solcher Schnelligkeit nachsinkt.«
Wirklich beträgt die Oberfläche der Öffnung im
Rumpf nicht weniger als 4 Quadratfuß. Einer der Ma-
trosen, Flaypol, ist ins Meer getaucht und hat die Stelle
und Ausdehnung der Havarie untersucht. Die Eintritt-
söffnung des Wassers befindet sich etwa 30 Fuß vom
Steuer nach vorn zu; es sind Planken durch eine Fel-
senspitze eingedrückt, und zwar 2 Fuß über der Kiel-
fuge. Der Anprall muß sehr stark gewesen sein, denn
das Fahrzeug war schwer beladen und das Meer ging
hoch. Fast möchte man bewundern, daß der Rumpf sich
nicht an noch mehr Stellen geöffnet hat. Ob das Leck
leicht zu stopfen sein wird, läßt sich erst dann beurtei-
len, wenn die Ladung entweder entfernt oder doch weg-
geräumt ist, so daß der Zimmermann es erreichen kann.
2 Tage dürfen indes noch vergehen, um in den Fracht-
raum der ›Chancellor‹ eindringen zu können und dieje-
nigen Baumwollballen zu entfernen, die das Feuer noch
unversehrt gelassen hat.
Während dieser Zeit bleibt Robert Kurtis nicht mü-
ßig, und es werden, unter tatkräftiger Unterstützung der
Mannschaft, sehr wichtige Arbeiten ausgeführt. So läßt
der Kapitän den Besanmast, der beim Auffahren abge-
brochen war, wiederherstellen, da es gelungen ist, ihn
mit seinem ganzen Takelwerk anzuholen. Mittels star-
ker Stützbalken am Heck gelangt man dazu, ihn wieder
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auf seinen früheren Stumpf aufzusetzen, nachdem der
Zimmermann diesen mit Zapfenlöchern versehen hat.
Angelegte Wangen, die durch eiserne Bänder und tüch-
tige Bolzen gehalten sind, sichern die Verbindung der
beiden Bruchstücke.
Nachdem das geschehen ist, mustert man sorgfäl-
tig die Strickleitern und das Tauwerk, prüft die Stagen,
wechselt einige Segel aus, ordnet die laufenden Seile,
und so dürfen wir hoffen, mit aller Sicherheit segeln zu
können.
Am Bug und Heck des Schiffes gibt es viel Arbeit,
denn das Oberdeck und die Mannschaftskajüte sind
von den Flammen arg mitgenommen. Es ergibt sich also
die Notwendigkeit, alles wieder in Stand zu setzen, was
natürlich einige Zeit und Mühe erfordert. An Zeit fehlt
es nicht, an Mühe spart man nicht, und bald können wir
in unsere Kabinen zurückkehren.
Erst am 8. kann die Entladung der ›Chancellor‹ mit
Aussicht auf Erfolg begonnen werden. Da die Baum-
wollballen durchnäßt sind von dem Wasser, das bei der
Flut den ganzen Kielraum erfüllte, bringt man über den
Deckluken Kräne an, und wir gehen der Mannschaft
mit zur Hand, die schweren Ballen heraufzuwinden, die
sich zum größten Teil zerstört zeigen. Einer nach dem
andern wird auf die Jolle verladen und nach dem Riff
geschafft.
Nach Löschung der obersten Schicht der Fracht wird
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es notwendig, das Wasser aus dem Frachtraum mindes-
tens zum Teil auszupumpen. Das erfordert aber einen
möglichst guten Verschluß des Lecks, das der Felsen in
den Rumpf gestoßen hat. Eine schwere Arbeit; doch der
Matrose Flaypol und der Hochbootsmann unternehmen
sie mit dem lobenswertesten Eifer. Zur Zeit der Ebbe ist
es ihnen geglückt, unter die Steuerbordseite zu tauchen,
und eine Kupferplatte über die Öffnung zu nageln; da
dieses Blech aber dem Druck von außen schwerlich
Widerstand zu leisten imstande sein kann, wenn sich
infolge des Pumpens das Niveau im Inneren senkt, so
versucht Robert Kurtis es durch Baumwollballen, die
gegen die eingedrückten Planken gepreßt werden, zu
unterstützen. Material ist ja genug vorhanden, und bald
ist der Grund der ›Chancellor‹ wie gepolstert mit jenen
schweren und undurchdringlichen Ballen, welche die
Widerstandsfähigkeit des Kupferblechs erhöhen sollen.
Das Verfahren des Kapitäns hatte den gewünschten
Erfolg. Man erkennt es deutlich, seitdem die Pumpen in
Tätigkeit sind, denn das Wasserniveau im
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