Die Chaos Queen
kannte er keine Furcht und war gefährlich irre. Nüchtern war er einfach nur gefährlich.
Das Blue Fish war eine Kneipe auf der unteren Stark, mitten im Land der Familie Dish. Man konnte es sich sparen, Türen einzutreten und einen Dish aus seiner rattenverseuchten Bude zu ziehen, weil man einfach nur im Blue Fish warten musste, bis er auf ein kühles Blondes hereingetanzt kam.
Zwei Häuser vor dem Blue Fish hielt Ranger mit dem Porsche am Straßenrand und stellte Motor und Scheinwerfer aus. Drei Minuten später kam ein schwarzer Geländewagen die Straße entlang und parkte vor uns. Tank und Hal, beide ganz in RangeMan-Schwarz gekleidet, stiegen aus und legten Ausrüstungsgürtel an. Tank ist Rangers Schatten. Er schützt ihn und ist in der Firma der Mann direkt hinter Ranger. Sein Name – Tank, der Panzer – spricht Bände. Hal ist noch nicht so lange dabei. Er ist nicht gerade der schärfste Pin auf dem Korkbrett, aber er tut sein Bestes. Hal ist nur ein wenig kleiner als Tank und erinnert mich an einen großen bulligen Dinosaurier. Ein Halosaurus.
Ranger griff hinter sich und zog eine kugelsichere Weste von der schmalen Rückbank. »Bleib hier!«, sagte er. »Es dauert nicht lange. Anschließend bringe ich dich nach Hause.«
Ranger drückte sich aus dem Porsche, nickte Tank und Hal zu, zu dritt verschwanden sie im Blue Fish. Ich sah auf die Uhr und beobachtete den Eingang. Wenn Ranger jemanden griff, verlor er keine Zeit. Er ortete seine Beute, legte Handschellen an und übergab den Betreffenden an Tank und Hal, die brachten ihn dann zum Geländewagen.
Ich fühlte mich ein wenig ausgeschlossen, redete mir aber ein, es sei viel besser so: keine Risiken mehr. Kein Chaos mehr. Keine peinlichen Fehler. Ich konzentrierte mich auf die Kneipentür und achtete nicht groß auf die Straße. Plötzlich wurde die Fahrertür des Porsche aufgerissen, und ein Mann setzte sich neben mich. Er war Mitte zwanzig, trug eine seitlich aufgesetzte Baseballkappe und ungefähr dreißig Goldketten um den Hals. Im Schneidezahn blitzte ein Diamant, die beiden Zähne daneben fehlten. Der Typ grinste mich an und drückte mir den Lauf eines glänzenden versilberten Riesengewehrs an die Schläfe.
»Yo, Schlampe«, sagte er. »Vielleicht schiebst du mal deinen Arsch aus meinem Auto?«
Vor meinem inneren Auge sah ich, wie ich ausstieg und fortlief, doch in Wirklichkeit tat sich nichts. Ich konnte nicht atmen. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich konnte nicht sprechen. Ich starrte den Typ mit dem Diamanten im Zahn mit offenem Mund und glasigem Blick an. Irgendwo in meinem Hirn versuchte das Wort
Autoentführung
an die Oberfläche zu gelangen.
Der Diamantzahn drehte den Schlüssel in der Zündung des Porsche und ließ den Motor aufheulen. »Raus hier!«, schrie er und drückte den Lauf stärker gegen meinen Kopf. »Ich gebe dir noch eine Sekunde, dann puste ich dein Hirn quer durch dieses verfickte Auto. Jetzt schieb deinen
fetten Arsch
hier raus!«
Mein Hirn hat eine sonderbare Funktionsweise. Schon komisch, wie eine Dummheit zur nächsten führt. Ich war durchaus bereit, das mit dem Hirn und dem Auto zu überhören, aber wenn jemand meinen Arsch als fett bezeichnete, wurde ich richtig sauer.
»Fetter Arsch?«, wiederholte ich und kniff die Augen zusammen. »Ich hab mich wohl verhört! Fetter Arsch?«
»Ich hab keine Zeit für solche Sperenzchen«, sagte der Typ. Dann legte er einen Gang ein, drückte das Gaspedal durch, und der Porsche schoss los.
Der Typ lenkte mit der linken Hand und schaltete mit der rechten, in der er auch die Waffe hielt. Auf der Stark Street war nicht viel Verkehr, wir fädelten uns zwischen Autos hindurch und überfuhren rote Ampeln. Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit näherte er sich einem Lincoln Navigator und ging in die Bremsen. Als er schalten wollte, schlug ich ihm die Waffe aus der Hand. Sie flog gegen das Armaturenbrett und fiel in den Fußraum auf der Fahrerseite.
»Scheiße!«, schrie der Typ. »Beschissene Scheiße! Scheißschlampe!«
Er beugte sich vor und tastete nach der Waffe. Ich holte aus und verpasste ihm einen sauberen Schlag aufs Ohr. Sein Kopf prallte vom Lenkrad ab, er verriss nach links, wir gerieten in den Gegenverkehr. Der Porsche fuhr auf den Bürgersteig, pflügte durch schwarze Müllsäcke und schoss durch das Schaufenster eines kleinen Delikatessengeschäfts, das bereits geschlossen hatte.
Die vorderen Airbags explodierten, kurzfristig war ich ausgeknockt. Dann schob ich
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