Die Chaos Queen
ich.
»Wie sehe ich denn aus?«
»Nicht so gut. Du siehst aus, als wärst du gerade von einem Geländewagen überfahren worden.«
»Beim letzten Mal konnte ich dir dabei unter den Rock gucken«, sagte er. Dann wurde er ohnmächtig.
Es war kurz vor zwölf Uhr, als man mir mitteilte, Morelli sei aus dem OP heraus. Sein Bein war zweimal gebrochen, aber abgesehen davon ging es ihm gut. Ich hatte Grandma nach Hause gebracht und war allein im Krankenhaus. Vorher waren ein paar Kollegen vorbeigekommen. Eddie Gazarra und Carl Costanza hatten angeboten, bei mir zu bleiben, aber ich hatte ihnen versichert, das sei nicht notwendig. Ich wusste bereits, dass Morellis Verletzungen nicht lebensbedrohlich waren. Die anderen beiden Männer, die von Spiro niedergemäht worden waren, würden auch wieder auf die Beine kommen. Einen hatte man mit Kratzern und blauen Flecken nach Hause geschickt. Der andere musste mit einer Gehirnerschütterung und einem gebrochenen Schlüsselbein über Nacht im Krankenhaus bleiben. Als Morelli auf sein Zimmer gebracht wurde, durfte ich ihn kurz sehen. Er hing an einer Infusion, sein Bein war hochgelagert, er war immer noch ziemlich fertig. Er hatte einen Anderthalbtagebart. Seine Wange war aufgeschürft. Seine Augen waren fast geschlossen, die dunklen Wimpern überschatteten seinen Blick.
Ich hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. »Alles in Ordnung«, beruhigte ich ihn.
»Gut zu wissen«, murmelte er. Dann zog ihn die Narkose in den Schlaf zurück.
Ich ging die kurze Strecke zum Parkhaus zu Fuß und sah, dass neben Morellis Geländewagen ein Streifenwagen wartete. Gazarra saß am Steuer.
»Ich habe Nachtdienst, da kann ich genauso gut hier abhängen«, erklärte er. »Schließ das Auto heute Nacht in Morellis Garage ein. Ich will dich nicht morgen neben Mama Macaroni liegen sehen.«
Ich fuhr nach Hause und befolgte Gazarras Anweisung. Es war eine dunkle, mondlose Nacht. Die Luft war so kühl, dass ich normalerweise an Kürbisse, Winterkleidung und Footballspiele gedacht hätte. Stattdessen hatte ich große Schwierigkeiten, die Wut und Angst vor Spiro zu verdrängen. Es fiel mir schwer, an etwas anderes zu denken als an die Schmerzen, die er Morelli zugefügt hatte.
Morellis Garage stand frei hinten auf seinem Grundstück. Als ich durch die Hintertür ins Haus kam, wartete Bob bereits auf mich. Er war verschlafen und müde und legte seinen zotteligen orangeroten Kopf auf mein Bein. Ich kraulte ihn hinter dem Ohr und gab ihm einen Hundekuchen aus der Keksdose auf der Küchentheke.
»Musst du pinkeln?«, fragte ich ihn.
Bob sah nicht so aus, als interessiere er sich groß fürs Pinkeln.
»Vielleicht versuchst du es mal«, sagte ich. »Ich schlafe morgen länger.«
Ich machte die Hintertür auf, Bob hob den Kopf, seine Nase zuckte, die Augen wurden groß, dann schoss er durch die Tür und verschwand in der Nacht.
Scheiße!
Ich hörte ihn zwei Hinterhöfe weiter, dann vernahm ich nur noch das Geräusch von Autos in der Ferne und das Summen von Morellis Kühlschrank hinter mir.
Super, Stephanie! Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, jetzt ist auch noch Morellis Hund stiften gegangen. Ich holte eine Taschenlampe, steckte den Hausschlüssel ein und sperrte hinter mir zu. Mit mulmigem Gefühl durchquerte ich zwei Hinterhöfe, blieb stehen und lauschte. Nichts. Ich lief weiter, gelegentlich die Lampe durch die Gegend schweifend. Am Ende des Häuserblocks fand ich Bob. Er stand vor einer riesengroßen schwarzen Mülltüte, in die er ein Loch gerissen hatte. Hühnerreste, Papiertücher, leere Suppendosen, Einwickelpapier und Gott weiß was lagen verstreut herum.
Ich packte Bob am Halsband und zog ihn fort. Eigentlich hätte ich die Sauerei aufräumen müssen, aber ich war nicht in der richtigen Stimmung. Mit ein bisschen Glück würde sich ein Schwarm Krähen auf dem Müll niederlassen und ihn ins Krähenland schleppen.
Am Halsband zerrte ich Bob nach Hause. Als ich die Tür erreichte, sah ich einen Zettel aus einem Notizbuch, der an die Hintertür geklebt war. Darauf war ein Smiley gemalt, und darunter stand: »IST DAS NICHT LUSTIG?«
Ich schleppte Bob ins Haus und schob den Riegel vor. Zur doppelten Absicherung schloss ich uns in Morellis Schlafzimmer ein.
Es war kurz nach neun. Ich hatte das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt und schrubbte Morellis Küchenboden, räumte die Hühnerknochen fort, die Bob zerlegt hatte.
»Ich kann nach Hause«, sagte Morelli. »Ich brauche eine
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