Die Chaos Queen
an der Jacke fest. »Wohin jetzt?«, fragte er. »Wo soll ich ihn hinbringen?«
»Wir sollten ihn an einem sicheren Ort einsperren, wo er nicht entkommen kann«, meinte Grandma. »So wie im Gefängnis. Vielleicht solltest du ihn festnehmen.«
»Was hat er da in der Jacke?«, fragte Valerie und betastete Kloughns Tasche. »Einen Schokoriegel!« Sie fuhr mit den Fingern darüber. »Fühlt sich wie Snickers an.«
Manche Menschen beherrschen die Blindenschrift – meine Schwester kann einen Schokoladenriegel in einer Tasche identifizieren.
»Ich brauche den Schokoriegel«, sagte Valerie.
»Der ist aber nichts für deine Diät«, warf ich ein.
»Genau«, bestätigte Grandma. »Iss besser noch eine grüne Bohne.«
»Ich
brauche
den Schokoriegel«, wiederholte Valerie mit zusammengekniffenen Augen. »Ich brauche ihn
wirklich.
«
Kloughn zog das Snickers aus der Tasche, aber es rutschte ihm aus den Fingern, flog durch die Luft und prallte gegen Valeries Stirn.
Valerie blinzelte zweimal, dann brach sie in Tränen aus. »Du hast mich geschlagen!«, heulte sie.
»Du bist eine total durchgeknallte Braut!«, schimpfte Grandma, hob den Schokoladenriegel auf, steckte ihn in die Tasche ihrer Trainingsjacke und zog den Reißverschluss zu. »Du siehst schon Gespenster! Guck dir doch dein Schnuckiputzi an! Sieht der aus, als würde er jemanden schlagen? Der kann doch nicht mal mehr bis drei zählen.«
»Mir ist nicht gut«, stöhnte Kloughn. »Ich muss mich hinlegen.«
»Bring ihn zur Couch!«, befahl meine Mutter Morelli. »Da liegt er besser. Er kann von Glück sagen, dass er sich nicht das Genick gebrochen hat, als er die Treppe runtergefallen ist.«
Wir kehrten zurück an den Tisch, und alle schaufelten weiter.
»Vielleicht will ich doch nicht heiraten«, bemerkte Valerie.
»Natürlich willst du heiraten«, widersprach Grandma. »So einen wie Schnuffiknuffi kannst du dir doch nicht entgehen lassen! Er bringt den Müll vor die Tür, wenn die Müllabfuhr kommt. Er macht den Ölwechsel beim Auto. Willst du das etwa alles selbst machen? Und wenn wir dich unter der Haube haben, bearbeiten wir Stephanie.« Grandma sah Morelli an.
»Wieso heiratest du sie nicht?«
»Liegt nicht an mir«, erwiderte Morelli. »Sie will mich nicht heiraten.«
»Natürlich liegt das an dir«, antwortete Grandma. »Irgendwas machst du falsch, wenn du weißt, was ich meine. Vielleicht musst du dir mal ein Buch besorgen, wo drinsteht, wie man’s richtig macht. Ich hab gehört, dass es welche mit Bildern und allem Drum und Dran gibt. Letztens hab ich noch eins gesehen, das hieß
Sex-Ratgeber für Anfänger.
«
Das Stück Hackbraten auf Morellis Gabel schwebte vor seinem Mund. Noch nie hatte jemand sein Können in der Kiste infrage gestellt. Seine sexuelle Vergangenheit war in Burg Legende.
Meine Schwester lachte bellend und hielt sich schnell die Hand vor den Mund. Meine Mutter wurde blass. Mein Vater schaute nicht auf, ließ sich nicht in seinem Schaufelrhythmus unterbrechen.
Einen Moment lang saß Morelli wie angewurzelt da und beschloss dann offenbar, keine Antwort sei die beste Antwort. Er schenkte mir ein gezwungenes Lächeln und aß weiter. Danach wurde es etwas ruhiger, bis Grandma beim Nachtisch begann, auf die Uhr zu schauen.
»Nein«, sagte meine Mutter. »Denk nicht mal im Traum dran!«
»Woran?«, fragte Grandma unschuldig.
»Das weißt du genau. Du gehst nicht zu Stiva. Das wäre unglaublich unhöflich. Die Macaronis haben genug gelitten, wir müssen es nicht noch schlimmer für sie machen.«
»Die Macaronis tanzen wahrscheinlich auf dem Tisch«, sagte Grandma. »Susan Mifflin hat gesehen, wie sie einen Tag nach dem Unfall bei Artie’s Seafood House gegessen haben. Susan meinte, die hätten sich auf die Königskrabbenbeine gestürzt, als gäb’s kein Morgen.«
Als der ganze Ananaskuchen verputzt und nur noch ein Klecks Schlagsahne auf der Tortenplatte war, stand ich auf und half meiner Mutter beim Abräumen. Ich versprach ihr, die Dekoration für die Autos abzuholen. Und nahm mir vor, Hochzeiten in Zukunft zu meiden – meine eigene ebenso wie die anderer Leute. Und da ich schon eine Nie-wieder-Liste erstellte, konnte ich genauso gut draufschreiben: Nie wieder bei meinen Eltern essen … Obwohl es ziemlich witzig gewesen war, als Grandma Morelli vorschlug, er solle sich einen Sex-Ratgeber besorgen.
Zehn Minuten später hielt Morelli mit mir auf der Hamilton gegenüber vom Beerdigungsinstitut.
»Erklär noch mal kurz,
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