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Die Chaos Queen

Die Chaos Queen

Titel: Die Chaos Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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das wie eine riesige Geige aussah. Ich nahm an, dass es sich um ein Cello handelte.
    »Wo kommt das denn her?«, fragte ich.
    »Hat deine Mutter für dich geliehen. Sie meinte, du hättest deins ja verschenkt, und weil sie wüsste, wie sehr du dich gefreut hättest, auf Valeries Hochzeit zu spielen, hätte sie ein Cello für dich ausgeliehen. Ich schwöre, das waren ihre Worte.«
    Ich nehme an, ich bekam einen panischen Gesichtsausdruck, denn Morelli hörte auf zu grinsen.
    »Vielleicht solltest du mich über deine musikalischen Fertigkeiten aufklären«, schlug er vor.
    Ich ließ mich neben ihn aufs Sofa fallen. »Ich besitze keine musikalischen Fertigkeiten. Ich habe überhaupt keine Fertigkeiten. Ich bin dumm und langweilig. Ich habe keine Hobbys. Ich treibe keinen Sport. Ich schreibe keine Gedichte. Ich verreise nicht an interessante Orte. Ich habe nicht mal einen guten Job.«
    »Deshalb bist du doch nicht dumm und langweilig«, widersprach Morelli.
    »Aber
so
komme ich mir vor. Ich wollte mich interessanter machen. Deshalb habe ich meiner Mutter und meiner Großmutter erzählt, ich würde Cello spielen. Ich habe das selbst gesagt, das will ich ja gar nicht leugnen … bloß kam es mir vor, als ob ein fremdes Wesen von mir Besitz ergriffen hätte, als ob die Worte aus einem fremden Hirn stammten. Am Anfang war es ganz einfach. Eine kleine Bemerkung. Doch dann entwickelte das Ganze ein Eigenleben. Und ehe ich mich’s versah, wusste es
jeder.
«
    »Aber du kannst gar kein Cello spielen.«
    »Ich weiß nicht mal, ob das ein Cello
ist.
«
    Morelli musste wieder grinsen. »Und du findest dich langweilig? Nee, nee, Pilzköpfchen.«
    »Was ist mit dumm?«
    Morelli legte den Arm um mich. »Das ist schon manchmal etwas schwerer abzustreiten.«
    »Meine Mutter will, dass ich auf Valeries Hochzeit spiele.«
    »Du kannst doch nur so tun, als ob«, schlug Morelli vor.
    »Kann doch nicht so schwer sein. Du streichst ein paarmal mit dem Bogen drüber und fällst dann in Ohnmacht oder tust so, als ob du dir den Finger gebrochen hättest.«
    »Könnte klappen«, meinte ich. »Im Vortäuschen bin ich erste Klasse.«
    Es folgten einige Minuten unbehaglichen Schweigens auf beiden Seiten.
    »Du meinst doch nicht …?«, fragte Morelli.
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Nie?«
    »Vielleicht einmal.«
    Er kniff die Augen zusammen. »Einmal?«
    »Mehr fällt mir nicht ein. Das war, als wir zu spät zum Geburtstag von deinem Onkel Spud kamen.«
    »Ich erinnere mich. Das war super! Und jetzt erzählst du mir, das war vorgetäuscht?«
    »Wir waren spät dran! Ich war abgelenkt. War einfacher so.«
    Morelli zog seinen Arm zurück und zappte durch die Programme.
    »Du bist bescheuert«, sagte ich.
    »Ich reiß mich zusammen. Mach’s bloß nicht noch schlimmer.«
    Ich stand auf, schloss den Cellokoffer und stieß ihn mit dem Fuß in die Ecke. »Männer!«
    »Wenigstens spielen wir nichts vor.«
    »Hör mal, das war
dein
Onkel! Und wir waren spät dran, schon vergessen? Ich habe mich geopfert und dafür gesorgt, dass wir noch rechtzeitig zum Nachtisch da waren. Dafür solltest du mir dankbar sein.«
    Morellis Mund stand leicht offen, sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus staunendem Unglauben und verletztem, angepisstem männlichen Ego.
    Gut, damals war es kein so großes Opfer gewesen, und natürlich musste er mir nicht dankbar sein, aber Moment jetzt mal … Hier ging’s nicht um Hungersnöte in Äthiopien. Und es war ja nicht so, dass ich nicht
versucht
hätte, einen Orgasmus zu bekommen. Und es war auch nicht so, dass wir uns gegenseitig nicht mal hin und wieder anflunkerten.
    »Ich soll dir dankbar sein«, wiederholte Morelli. Es klang, als unternehme er den kräfteraubenden, doch vergeblichen Versuch, die weibliche Logik zu verstehen.
    »Na gut, das mit dem Dankbarsein nehme ich zurück. Aber du könntest dich doch einfach drüber freuen, dass ich dafür gesorgt habe, dass wir noch rechtzeitig zum Nachtisch bei der Feier waren.«
    Morelli warf mir einen Seitenblick zu. Er ließ sich nichts vormachen – und schaltete auf ein Baseballspiel um.
    Das ist der Grund, warum ich lieber mit einem Hamster zusammenlebe, dachte ich.
    Als ich nach unten ging, um mit Bob seine morgendliche Runde zu drehen, war Morelli noch immer auf der Couch und guckte fern. Ich trug eine Jogginghose, die ich in Morellis Kommode gefunden hatte. Außerdem hatte ich mir seine Mets-Kappe ausgeliehen. Ich legte Bob die Leine an, Morelli sah zu mir herüber.

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