Die Chaos Queen
offen.«
»Das geht doch nicht. Da komme ich mir vor wie im Wilden Westen.«
Ranger hievte mich aus dem Stuhl. »Das schaffst du schon. Nimm deine Pistole. Wir haben eine Stunde Zeit auf dem Schießstand.«
Ich holte die Pistole aus der Schreibtischschublade, stopfte sie in die Tasche des Sweatshirts und folgte Ranger zum Fahrstuhl. In der Tiefgarage stiegen wir aus und gingen in die hintere Ecke. Ranger schloss die Tür zum Schießstand auf und knipste das Licht an. Der Raum hatte keine Fenster und schien sich über die gesamte Länge des Gebäudes zu ziehen. Es gab zwei Schießbahnen. An der hinteren Wand hingen elektronische Zielscheiben. Am Schießstand waren die Schützen durch Regale und eine kugelsichere Glasscheibe voneinander getrennt.
»Du könntest doch auch eine schöne Bowlingbahn draus machen«, schlug ich Ranger vor.
»Das hier macht mehr Spaß«, gab er zurück. »Außerdem kann ich mir dich nur schwer in Bowlingschuhen vorstellen.«
»Mir macht das keinen Spaß. Ich mag keine Pistolen.«
»Du musst sie auch nicht mögen, aber wenn du für mich arbeitest, musst du mit ihnen umgehen können.«
Ranger nahm zwei Kopfhörer und eine Schachtel Munition und legte sie in mein Regal. »Wir fangen mit den Grundlagen an. Du hast eine 9 mm Sig Sauer. Das ist eine Halbautomatik.«
Ranger entfernte das Magazin, zeigte es mir und schob es wieder hinein. »Jetzt du«, befahl er.
Ich tat es ihm nach. Zehnmal. Dann führte mir Ranger Schritt für Schritt vor, wie man schoss. Er gab mir die Pistole zurück, und ich machte es zehnmal nach. Ich war nervös, außerdem war es stickig in dem schmalen Raum. Ich begann zu schwitzen. Ich legte die Pistole ins Regal und zog Morellis Sweatshirt aus.
»Babe«, sagte Ranger. Dann zog er seinen Generalschlüssel aus der Tasche und drückte auf einen Knopf.
»Was war das?«, wollte ich wissen.
»Ich habe gerade die Überwachungskamera von diesem Raum ausgeschaltet. Wenn Hal dich in diesen Sachen sieht, fällt er oben aus dem Stuhl.«
»Die lange Version der Geschichte wird dich nicht interessieren. Ich hab’s angezogen, um Morelli zu ärgern.«
»Ich bin für alles, das Morelli ärgert«, gab Ranger zurück. Er kam näher und schaute auf mich hinab. »Wäre nicht unbedingt meine erste Wahl als Arbeitskleidung, aber gefällt mir.« Er fuhr mit dem Finger über meinen nackten Bauch zwischen Pulli und Hose, und ich bekam Hitzewallungen an ganz intimen Stellen. Er legte die Hand auf meine Hüfte und interessierte sich für die Gymnastikhose. »Die Hose gefällt mir besonders gut. Was hast du darunter?«
Und da machte ich einen Fehler. Mir war heiß, ich war nervös, eine launige Entgegnung schien mir angebracht. Leider war die Antwort, die mir aus dem Mund rutschte, ein bisschen zu anzüglich.
»Es gibt Dinge, die sollte ein Mann selbst herausfinden«, sagte ich.
Ranger fasste in den Bund meiner Gymnastikhose. Ich sprang quiekend zurück.
»Babe«, sagte er nur und grinste. Er machte sich wieder über mich lustig.
Ich warf einen Blick auf die Uhr. »Ähm, ich muss mal außer Haus.«
»Einen neuen Job suchen?«
»Nein, ist was Persönliches.«
Ranger drückte auf den Knopf, so dass die Überwachungskamera wieder das Bild übertrug. »Wenn du oben im Überwachungsraum bist, zieh das Sweatshirt über!«
»In Ordnung.«
Eine halbe Stunde später wartete ich mit laufendem Motor gegenüber von Stiva. Der Leichenwagen und die mit Kränzen beladenen Autos standen am Seiteneingang bereit. Dahinter drei schwarze Lincoln Town Cars. Der Sarg wurde nach draußen getragen. Es folgten die Macaronis. Langsam fuhr der Tross auf die Straße, um die kurze Strecke bis zur Kirche zurückzulegen. Den Parkplatz und die Vorderseite der Kirche hatte ich gut im Blick. Ich lehnte mich zurück und wartete. Es würde eine Weile dauern. Die Macaronis hatten bestimmt eine große Messe bestellt. Der Parkplatz war voll, an den Straßen ringsherum parkten die Autos Stoßstange an Stoßstange. Ganz Burg war auf den Beinen.
Eine Stunde später begann ich, mir Sorgen zu machen, dass mein Arbeitsplatz nicht besetzt war. Ich wurde schließlich dafür bezahlt, am Computer zu sitzen und Informationen heranzuschaffen. Mich auf Beerdigungen herumzutreiben, war nicht mein Job. Doch just in dem Moment, als ich umkehren wollte, öffneten sich die Kirchentüren und die Leute strömten heraus. Ich erhaschte einen Blick auf den Sarg, der zu dem wartenden Leichenwagen gerollt wurde. Überall auf der Straße
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