Die Chaos Queen
wurden die Motoren gestartet. Stivas Leute waren mittendrin, bestimmten die Reihenfolge der Fahrzeuge, hefteten Flaggen an Antennen. Aufmerksam beobachtete ich die Menge vor der Kirche. Als Ranger ans Seitenfenster klopfte, fuhr ich zusammen.
»Hast du Spiro gesehen?«
»Nein.«
»Ich bin direkt hinter dir. Schließ ab, wir nehmen meinen Wagen.«
Ranger fuhr einen schwarzen Porsche Cayenne. Ich ließ mich auf den Beifahrersitz sinken und schnallte mich an. »Wie hast du mich gefunden?«
»Woody hat dich auf dem Bildschirm verfolgt und gesehen, dass du bei der Beerdigung bist.«
»Wenn Morelli herausfindet, dass ihr seinen Geländewagen überwacht, wird er nicht erfreut sein.«
»Ich lasse den Sender entfernen, wenn du das Auto nicht mehr fährst.«
»Ich kann dich wahrscheinlich nicht davon abhalten, mich zu überwachen, oder?«
»Du willst gar nicht, dass ich damit aufhöre, Babe. Ich passe auf dich auf.«
Er hatte recht. Ich hatte genug Schiss vor Spiro, um die Einmischung zu akzeptieren.
»Das hier ist nicht deine Privatsache«, sagte Ranger. »Das ist Arbeit. Hättest du mir erzählen sollen. Wir mussten uns ganz schön abstrampeln, um das zu koordinieren.«
»Tut mir leid. Hab ich mir erst in letzter Minute überlegt … siehst du ja an meinen Klamotten. Wenn meine Mutter Berichte über meinen Auftritt auf dem Friedhof bekommt, braucht sie erst mal eine Beruhigungstablette.«
»Wir tragen Schwarz«, meinte Ranger. »Das ist schon in Ordnung. Lass einfach dein Sweatshirt an, dann fällt auch keiner aus Versehen ins Grab.«
Vor der Kirche wendeten Autos, suchten die beste Startposition. Der Leichenwagen fuhr auf die Straße, die anderen Fahrzeuge folgten hintereinander mit eingeschalteten Scheinwerfern. Ranger wartete, bis das letzte Auto vorbei war, dann schloss er sich an. Von Spiro war nichts zu sehen gewesen, aber ich hatte auch nicht erwartet, dass er zur Kirche käme, Hände schüttelte und Smalltalk machte. Ich hatte damit gerechnet, dass er vielleicht die Straße entlangfuhr oder das Ganze aus sicherer Entfernung beobachtete. Es konnte auch sein, dass er sich versteckt hielt und auf die Zeremonie am Grab wartete. Mit dem Fernglas das Ergebnis seines Wahnsinns verfolgte.
»Tank ist schon auf dem Friedhof«, erklärte Ranger. »Er kontrolliert die Umgebung. Slick und Eddie sind bei ihm.«
Es war eine langsame Fahrt zu Mama Macaronis letzter Ruhestätte. Ranger war nicht gerade berühmt für seine kommunikativen Fähigkeiten, daher war die Fahrt auch sehr still. Wir parkten und stiegen aus. Der Himmel war bedeckt, die Luft ungewöhnlich kühl für die Jahreszeit. Ich war froh, das Sweatshirt dabeizuhaben. Wir waren als Letzte eingetroffen, daher hatten wir den längsten Weg. Als wir schließlich am Grab ankamen, hatten die wichtigsten Gäste bereits Platz genommen. Die Übrigen bildeten einen Kreis um sie. Für unsere Zwecke war das ideal. Wir konnten abseits bleiben und hatten alles im Blick.
Ranger und ich standen Schulter an Schulter: zwei Profis, die ihren Job machten. Leider benahm sich ein Profi bei Beerdigungen alles andere als professionell: Auf Beisetzungen war ich ein Totalausfall. Es gab nur eins, was ich mehr hasste als Pistolen – und das waren Beerdigungen. Sie machten mich traurig. Richtig traurig. Die Traurigkeit hatte nichts mit dem Verstorbenen zu tun. Ich heulte auch bei mir völlig fremden Menschen.
Der Priester erhob sich und sprach das Vaterunser. Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Um mich abzulenken, versuchte ich, die Grashalme zu meinen Füßen zu zählen, doch die Worte drangen trotzdem zu mir durch. Ich blinzelte die Tränen fort und dachte an Bob. Ich versuchte mir vorzustellen, wie er vor mir stand und einen Socken herauswürgte. Die Tränen liefen mir die Wangen hinunter. Es half alles nichts. Die Gedanken an Bob kamen nicht an gegen den Geruch von Blumen und frisch umgegrabener Erde. »Scheiße«, flüsterte ich. Und zog die Nase hoch.
Ranger sah mich an. Seine braunen Augen waren neugierig, seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
Ich fand ein Taschentuch und putzte mir die Nase. »Schon gut. Das passiert mir immer auf Beerdigungen.«
Aus der letzten Reihe der Trauernden sahen einige zu uns herüber.
Ranger legte den Arm um mich. »Du hast Mama Macaroni doch gar nicht leiden können. Du kanntest sie kaum!«
»Das ist e-e-egal«, schluchzte ich.
Ranger zog mich an sich. »Babe, die Leute gucken
Weitere Kostenlose Bücher