Die Chaos Queen
schon rüber. Könntest du etwas leiser weinen?«
»Asche zu Asche …«, sagte der Priester.
Da war es vorbei mit mir. Ich ließ mich gegen Ranger sinken und heulte los. Er hüllte mich in seine Windjacke, zog mich an sich, drückte sein Gesicht in mein Haar, beschützte mich, so gut er konnte, vor den Leuten, die sich nach dem heulenden Klageweib umsahen. Ich hatte mich an seiner Brust verkrochen und versuchte, das Schluchzen zu unterdrücken. Dabei spürte ich, wie er lautlos lachend bebte.
»Du bist unmöglich«, zischte ich und boxte ihm gegen die Brust. »Hör auf zu lachen. Das ist wirklich t-t-traurig.«
Einige Trauergäste drehten sich um und machten: »
Psst!
«
»Schon gut«, meinte Ranger. Er lachte noch immer leise vor sich hin und hatte die Arme um mich gelegt. »Beachte die doch gar nicht! Lass einfach alles raus.«
Ich schluchzte vor mich hin. Ranger nahm mein Gesicht in die Hände und wischte mir mit den Daumen die Tränen aus den Augen. »Es ist vorbei. Schaffst du es zurück zum Auto?«
Ich nickte. »Geht schon wieder. Bin ich ganz rot und aufgedunsen vom Heulen?«
»Ja«, bestätigte Ranger und küsste mich sanft auf die Stirn.
»Ich liebe dich trotzdem.«
»Es gibt alle möglichen Arten von Liebe«, bemerkte ich.
Ranger nahm mich bei der Hand und führte mich zum Porsche. »Diese Art von Liebe braucht keinen Ring. Aber ein Kondom käme ganz gelegen.«
»Das ist nicht Liebe«, korrigierte ich ihn. »Das ist Lust.«
Während wir uns unterhielten, beobachtete er die Trauergemeinde, hielt Ausschau nach Spiro oder nach etwas Ungewöhnlichem. »In diesem Fall ist von beidem was dabei.«
»Du hast es bloß nicht so mit dem Heiraten, oder?«
Wir standen neben dem Wagen, Ranger drückte auf die Fernbedienung. »Sieh mich an, Babe! Ich trage zwei Pistolen und ein Messer. Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich nicht gerade der ideale Familienvater.«
»Meinst du, das ändert sich noch?«
Ranger öffnete mir die Tür. »In nächster Zeit nicht.«
Nichts Neues also. Trotzdem zog es mich ein klitzekleines bisschen herunter. Mein Gott, wie übel!
»Und es gibt so einiges, was du nicht über mich weißt«, ergänzte Ranger.
»Zum Beispiel?«
»Sachen, die du gar nicht wissen möchtest.« Ranger startete den Motor und rief Tank an. »Wir fahren zurück«, sagte er.
»Gibt’s irgendwas?«
Die Antwort war offenbar negativ, denn Ranger legte auf und fädelte sich in den Verkehr ein. »Tank hat keine verdächtigen Typen gesehen, aber ganz umsonst war es auch nicht«, meinte er und reichte mir sein Handy. »Ich hab ein Foto für dich gemacht, als du unter meiner Jacke stecktest.«
Ranger hatte ein Fotohandy, dasselbe Modell, das mir ausgehändigt worden war. Ich ging ins Fotoalbum und fand vier Bilder von Anthony Barroni. Sie waren sehr klein. Ich klickte auf eines und wartete, bis es das ganze Display füllte. Anthony schien zu telefonieren. Nein, Moment, er sprach nicht … er machte ebenfalls ein Bild. »Anthony macht Fotos mit seinem Handy«, sagte ich. »Igitt, wie abartig!«
»Ja«, sagte Ranger. »Entweder steht Anthony auf Tote, oder er schickt die Bilder an jemanden, der nicht das Glück hat, in der ersten Reihe zu sitzen.«
»Spiro.«
Möglich.
Die meisten Autos verließen nun den Friedhof in Richtung Burg. Der Leichenschmaus bei Gina Macaroni würde gut besucht sein. Auf der Chambers Street scherte Anthony Barroni aus. Ranger blieb an ihm dran, wir folgten ihm zu seinem Laden. Er parkte seine Corvette auf dem Hof und schlenderte hinein.
»Du solltest mal mit ihm reden«, schlug Ranger vor. »Ihn fragen, ob es ihm gefallen hat.«
»Ist das dein Ernst?«
»Wird mal Zeit, für etwas Unruhe zu sorgen«, meinte Ranger. »Erhöhen wir den Einsatz für Anthony. Lassen ihn merken, dass er aufgeflogen ist. Mal sehen, ob was passiert.«
Ich kaute auf der Unterlippe. Ich wollte Anthony nicht gegenübertreten. Ich wollte nichts mehr mit diesem Kram zu tun haben. »Ich bin Sachbearbeiter«, sagte ich. »Ich finde, du musst mit ihm reden.«
Ranger parkte den Geländewagen vor dem Geschäft. »Wir sprechen beide mit ihm. Als ich dich das letzte Mal allein im Auto gelassen habe, wurdest du gestohlen.«
Es war früher Nachmittag und ein Werktag, im Laden war nicht viel los. Hinter dem Tresen stand ein alter Herr und bediente eine Frau, die einen Wischmopp kaufte. Sonst waren keine Kunden da. Zwei von den Brüdern Barroni beschrifteten im vierten Gang einen Karton mit Nägeln. Anthony
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