Die Chaos Queen
schließlich.
Ich schnäuzte mir die Nase mit meinem T-Shirt und blinzelte, damit ich besser sehen konnte. Ich wollte mir nicht mit der Hand die Augen reiben, weil es sein konnte, dass ich noch Spray an den Fingern hatte. Martin war nicht zu sehen. Das Band lag in einem Haufen auf dem Bürgersteig.
»Du siehst nicht gerade gut aus«, meinte Lula. »Du bist ganz rot und fleckig. Ich wahrscheinlich auch, aber meine Hautfarbe ist besser. Du hast dieses teigig Blasse, das nur gut aussieht, wenn man bei der Kosmetikerin war und geschminkt ist.«
Wir blinzelten, konnten die Augen immer noch nicht richtig öffnen. Meine Kehle brannte wie Feuer. Und ich war ein Schleimproduktionsbetrieb.
»Ich muss meine Hände und mein Gesicht waschen«, sagte ich. »Ich muss den Kram abbekommen.«
Wir stiegen in Lulas Firebird. Lula kroch die Stark runter bis zur Olden. Dort bog sie ein, und irgendwie suchte sich der Firebird den Weg zu einem McDonald’s. Wir schleppten uns aufs Damenklo.
Ich hielt den Kopf komplett unter den Wasserhahn, wusch mir, so gut es ging, Gesicht, Haare und Hände und föhnte mich unter dem Handtrockner.
»Du machst mir ein bisschen Angst«, sagte Lula. »Du bist zwar weiß, aber wie eine Schwarze drauf.«
War mir egal. Ich schlurfte aus der Toilette und holte mir einen Cheeseburger, Pommes und eine Flasche Wasser.
Lula nahm mir gegenüber Platz. Sie hatten einen Berg von Essen vor sich und einen riesengroßen Softdrink. »Was ist denn mit dir los?«, wollte sie wissen. »Wo ist dein Softdrink? Wo ist deine Apfeltasche? Du isst doch immer eine Apfeltasche, wenn du hier bist.«
»Nix Softdrink und nix Apfeltasche. Ich esse nichts Süßes mehr.«
»Und was ist mit Kuchen? Und Doughnuts?«
»Kein Kuchen, keine Doughnuts.«
»Das kannst du doch nicht machen! Du brauchst Kuchen und Doughnuts! Das Essen tröstet dich. Bei dir ist das Nervennahrung. Wenn du keinen Kuchen und keine Doughnuts isst, wirst du ganz verstopft.«
»Ich habe mit meiner Mutter einen Pakt geschlossen: Solange ich keinen Zucker esse, trinkt sie keinen Schnaps mehr.«
»Das ist kein guter Pakt. In diesen Entziehungssachen bist du nicht gut. Du bist wie ein großer Doughnut mit Marmeladenfüllung: Wenn man draufdrückt, kommt die Füllung rausgeschossen. Wenn man sie nicht da rauslässt, wo sie will, sucht sie sich eine andere Stelle. Weißt du noch, als dein Liebesleben im Arsch war und es keiner mit dir machte? Da hast du massenweise Schokoriegel verdrückt. So kompensierst du das. Manche können ihre Marmeladenfüllung bei sich behalten, aber du nicht. Bei dir muss die Füllung irgendwo raus.«
»Hör jetzt auf, über Doughnuts zu reden. Davon bekomme ich Hunger.«
»Siehst du, sag ich doch. Du gehörst zu den Leuten, die nie satt sind. Wenn du dir keinen Kuchen mehr gönnst, willst du irgendwas anderes essen.«
Ich schob mir Pommes in den Mund und sah Lula finster an.
»Du weißt genau, was ich meine«, sagte Lula. »Pass besser auf, sonst muss Kollege Knackarsch noch mal in die Notaufnahme. Und jetzt arbeitest du auch noch für Ranger. Wie willst du dich bei ihm denn zusammenreißen? Der ist doch einfach zum Anknabbern. Meiner Meinung nach ist der ein supersexy Riesendoughnut.«
»Was hast du jetzt mit Willie Martin vor?«
»Keine Ahnung. Muss ich mal drüber nachdenken. Ihn in seiner Wohnung festnehmen hat ja wohl nicht geklappt.«
»Hat er einen Job?«
»Ja, er arbeitet nachts, klaut Autos und entführt Lkws.«
Ich leerte meine Wasserflasche und knüllte den Müll zusammen. »Ich muss zurück zu Morelli und diese Klamotten ausziehen. Ruf mich an, wenn du einen neuen Plan für Martin hast.«
»Heißt das, du kommst noch mal mit?«
»Yeah.« Stell sich das einer vor. Tatsächlich wurde mir langsam klar, dass ich mit dem Job als Kopfgeldjägerin kein Problem hatte. Ganz im Gegenteil: Kopfgeldjägerin zu sein war die Lösung. Zumindest hatte ich auf diese Weise ein paar Überlebenstricks gelernt. Wenn ich Ärger bekam, kam ich damit klar. Ich würde niemals so sein wie Ranger, aber ein Waschlappen war ich auch nicht.
Vor Morellis Haus standen mehrere Autos, als Lula mich dort absetzte.
»Willst du da wirklich rein?«, fragte Lula. »Sieht aus, als wär immer noch Männertag.«
»Ist mir scheißegal. Ich bin fertig. Ich will duschen, saubere Sachen anziehen und mich aufs Sofa legen.«
Ich zockelte ins Haus, wo sich fünf Männer vor dem Fernseher rekelten. Ich kannte sie alle: Mooch, Tony, Joe, Stanley Skulnik und Ray
Weitere Kostenlose Bücher