Die Chaosschwestern sind unschlagbar - Mueller, D: Chaosschwestern sind unschlagbar
die man fragen muss, bevor man etwas tun darf, zu viele Dinge, die man regeln muss, zu viel, was manche von einem erwarten. Nur leider könnte ich in diesem total einsamen Teil der Welt vermutlich nur wenig politisch arbeiten. Außerdem macht es bestimmt keinen Spaß, total allein und einsam politisch aktiv zu sein. Viel schöner – und ich glaube, auch erfolgversprechender – ist es, wenn man zusammen Politik macht. Zusammen ist überhaupt meist schöner als allein. Vielleicht sollte ich dann doch nicht in einem total einsamen Teil der Welt leben? Hm, nee, wohl nicht. Aber in diesem Haus ist es nur zu verständlich, dass einem solche Fantasien kommen …
Iris ist manchmal echt keine große Hilfe. Sie hat mir ihr Okay für meinen Modeljob gegeben und mir auch versprochen, niemandem sonst davon zu verraten, aber jetzt ist plötzlich Cornelius viel zu früh wieder aufgetaucht. Muss ich nun etwa alles noch mal mit ihm durchquatschen? Der springt bestimmt im Fünfeck, wenn er hört, dass wildfremde Leute Fotos von mir machen wollen!
Klopf-klopf. »Olivia?«
Oh, ehrlich! Wenn man vom Teufel spricht!
»Kann ich reinkommen, Olivia?«
»Klar.«
Meine Stimme klingt vermutlich etwas matt. Was kein Wunder ist nach Iris’ Megaputzsause und der Aussicht auf einen gleich mittelschwer ausrastenden Cornelius. Obwohl – er klingt gar nicht so wütend.
Jetzt geht die Tür auf und sein Gesicht … lächelt. Na, das wird ja gleich vorbei sein, wenn ich ihm von den Werbeleuten erzähle.
Cornelius hockt sich zu mir aufs Bett. »Iris hat mir von dem unglaublichen Angebot erzählt, dass du bekommen hast.«
Urrrg. Mein Magen wird augenblicklich ein Knoten. Alarm! Nur – wieso lächelt Cornelius immer noch?
Er guckt mich gespannt an. »Und du hast dich entschieden, das Angebot anzunehmen?«
»Ähm, ja. Iris hatte nichts dagegen.« Ich setze mich nervös etwas gerader hin. »Ähm, hättest du denn etwas dagegen?«
»Ich? Dagegen?« Cornelius strahlt mich so glücklich an, als wäre er dabei, mir zu erzählen, dass seine Band Rainbow gerade für einen Auftritt als Vorgruppe von Oasis im Wembley Stadion in London unterschrieben hat. Musik ist für Cornelius das Wichtigste auf der Welt.
»Ich finde das so ungeheuer supertoll …« Cornelius schreit jetzt fast vor Begeisterung. »… dass ich am liebsten selber mitkommen würde zu dem Shooting! Meine Tochter! Endlich entdeckt für Fotoaufnahmen! FAN-TAS-TISCH!«
Fantastisch? Ich schlucke. Na-na-na, nun komm mal wieder runter, Cornelius! Und – halt – was hat er gesagt? Er
würde am liebsten MITKOMMEN? Mit zum Shooting? Mir zugucken? Heißt das, er würde ? Oder er wird ? GRUSEL! NEIN!!!
Ich verschlucke mich direkt beim erneuten Schlucken. Wrrrghh! »Das ist ja lieb, Cornelius, echt, dass du das sagst! Ich hatte schon Angst, du würdest …«
»Ich würde das, was meine Tochter möchte, nicht unterstützen?«, unterbricht mich Cornelius. »Na, da täuscht du dich aber! Deine Modelkarriere unterstütze ich natürlich voll!«
Modelkarriere? Wovon spricht der Mann?
»Äh, du, das ist nur ein einziges Shooting, weißt du. Die haben einfach nur so einen irischen Typ gesucht für diese komischen englischen Tweedröcke und so. Das mache ich bestimmt kein zweites Mal.«
»Bist du dir sicher?«, fragt er fast ein wenig enttäuscht.
»Ganz sicher«, nicke ich.
»Schade«, meint Cornelius.
Und dann lächelt er doch wieder. Liebevoll. Sehr väterlich. »Hätte dir vielleicht gutgetan.«
Gutgetan? Was heißt das? Dass mein jetziges Leben mir nicht guttut?
Ich muss wohl augenblicklich ein ziemlich düsteres Gesicht gemacht haben, denn Cornelius streichelt mir beruhigend über den Arm. »Versteh das nicht falsch!«
Ich gucke ihn böse an. »Hm.«
»Trotzdem finde ich es super, dass du mal die Erfahrung machst«, redet er weiter. »Wenn auch nur einmal.«
»Welche Erfahrung?«, frage ich misstrauisch. »Geld zu verdienen? Das hab ich auch früher schon.«
»Nein«, sagt Cornelius und sieht mir direkt in die Augen. »Auf gedruckten Fotos zu sehen, wie hübsch du bist.«
Mhmpff. Wenn man etwas nicht erwartet, können Sätze wie ein Schlag in den Magen sein. Ich atme schwer. Dann entscheide ich mich einfach dafür, Cornelius nicht ernst zu nehmen. Er ist mein Vater. Der muss ja so was sagen.
»Jaja«, antworte ich einfach und versuche, abfällig zu grinsen. Als ob ich an so was wie Hübschsein interessiert wäre! Ich bin doch nicht Tessa!
»Na gut«, meint Cornelius und
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