Die Chaosschwestern sind unschlagbar - Mueller, D: Chaosschwestern sind unschlagbar
nett wie Rema. Und sie kann fast alles. Glaube ich jedenfalls. Ich wusste zwar nicht so genau, was Mama mit »im Griff haben« gemeint hatte, aber ich war sicher, dass Livi das bestimmt haben würde. Alles im Griff, meine ich.
Dummerweise fiel mir in dem Moment auf, dass Livi überhaupt nicht da war. Denn dass sie noch in ihrem Zimmer ungestört vor sich hin träumte, war wohl kaum möglich bei dem Krach und den Hunderten von Leuten, die hier immer noch rauf und runter rannten. Wenn sie also nicht hier neben uns stand …, wo war sie dann?
Ich sah mich verstohlen um. Hatte noch jemand außer mir bemerkt, dass Livi fehlte, dass meine mittlere große Schwester nicht zu Hause war?
Nein, alle anderen – meine größte große Schwester Tessa, meine kleinste große Schwester Malea und natürlich Rema – starrten nur raus auf die Straße.
Genau in diesem Moment stolperte einer der Männer mit der Trage über unsere losen Gartenwegsteine und um ein Haar wäre Papa auf unseren ungemähten Rasen gekippt.
»Nein!«, quietschte Mama auf.
Aber echt – das war total prima! Denn als die Trage wackelte, muss Papa sich so mächtig erschrocken haben, dass er sich glatt entschloss, die Augen wieder aufzumachen.
Er guckte sich ziemlich verdattert um und fragte: »Wo bin ich?«
Malea, Tessa, Rema und ich rannten sofort superglücklich auf die Straße.
»Cornelius …« Malea war so erleichtert, dass sie ihm um den Hals fiel.
»Oh, Cornelius!« Tessa klang fast vorwurfsvoll. Als würde sie eine Entschuldigung von Papa erwarten, dass der erst jetzt wieder anfing zu sprechen.
»Cornelius! Ach, ach, ach, dem Himmel sei Dank!« Das war Rema.
»Papa!« Das war ich. Ich gab Papa einen dicken Kuss und lächelte ihm zu. »Du fährst ins Krankenhaus.«
»Wirklich?« Papa schien noch immer etwas verwirrt zu sein. Und vergaß ganz, mir zu sagen, dass er auch noch Cornelius heißt. »Warum das denn?«
»Weil das Dach auf dich raufgekracht ist«, erinnerte ich ihn freundlich.
»Oooh …«, machte Papa und rollte mit den Augen, weil es ihm wohl wieder einfiel.
»Tut dir was weh?«, fragte Mama ängstlich.
»NEIN«, antwortete Papa ärgerlich und schüttelte den Kopf. (Er war schon fast wieder normal. Unser lieber Knurrhund-Papa eben.) »Autsch! Doch …« Er hörte mit dem Schütteln auf. »… mein Schädel tut mir weh.«
Mama nickte, als ob sie das nicht sehr wunderte. »Du hast eine Gehirnerschütterung.«
»So?«, fragte Papa und sah Mama unheimlich böse an.
Das fand ich blöd. Was konnte Mama denn dafür?
»Na, toll!«, schimpfte Papa. »Und das alles nur, weil ich unbedingt für dich …«
Aber weiter kam Papa nicht. Denn in diesem Moment wurde die Trage ruckzuck im Wagen verstaunt, und dann rollte der Krankenwagen mit Mama und Papa davon.
»Aaaaach …«, machte Rema ein letztes Mal.
»Puh …«, machte Malea.
Und Tessa stammelte nur: »Oh nee, das … das glaubt mir echt keiner!«
Irgendwann später kam ein Mann mit einem Helm auf dem Kopf zu Rema und sagte ihr, dass keine Gefahr mehr vom Dachgerüst ausginge. Er habe alles po-vi-so …, po-vi-so-risch …. also jedenfalls irgendwie abgesichert und nun würde es erst mal halten. Der Rest vom Dach, der noch da war, meine ich. Wir sollten das Schlafzimmer von Mama und Papa aber lieber nicht mehr betreten.
Rema nickte nur und dankte dem Mann mit dem Helm.
Und dann – nach einer endlosen Zeit – waren endlich alle Leute aus unserem Haus wieder raus, und wir stellten einen Stuhl von innen gegen die Haustür, weil die nämlich sonst wirklich sperrangelweit offen stehen würde. Wir gingen alle zusammen in die Küche und Rema setzte den Kessel auf. Dann ließ sie sich auf einen Stuhl fallen.
»Was für ein Tag!«, stöhnte sie.
Mann, da konnte ich ihr aber nur zustimmen! Echt aufregend!
Ich wünschte bloß, Bentje wäre dabei gewesen! Die wird sooo neidisch sein, wenn ich ihr am Montag in der Schule davon erzähle.
»Kenny, möchtest du noch mehr Kakao?«, fragt jetzt Malea, die neben dem Topf am Herd steht und die Kelle in der Hand hält.
Ich nicke. Ich mag Kakao. Jedenfalls, wenn er nicht angebrannt ist, wie der von Mama. Aber selbst daran gewöhnt man sich.
Rema hat schon eine ganze Weile nicht mehr »Ach, ach, ach« gesagt. Das ist gut. Und die Tropfen, die der Arzt ihr in die Hand gedrückt hat, hat sie auch genommen. Das ist ebenfalls gut, glaube ich. Seitdem sieht sie nämlich deutlich
entspannter aus. Fast schon so wie sonst. Wie unsere liebe, liebste
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