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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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beiden sich kaum.
    Baxter Slate, sein Partner, war noch nie ein sonderlich vorlauter junger Mann gewesen, so daß es auch nicht weiter verwunderlich war, daß er nichts sagte, während die halbe Nachtschicht auf Roscoe Rules und Lieutenant Finque einjohlte. »Jetzt hören Sie mal, Lieutenant; es geht doch einfach nicht, daß die Detektive sämtlichen Vergewaltigungsopfern auch' mein Foto vorlegen«, beklagte sich Roscoe Rules. »Ich habe erst letzten Monat rausgekriegt, daß die das schon eine ganze Weile machen.«
    »Offensichtlich haben sie sich gedacht, daß Ihr Foto ganz gut in die Reihe weißer Sexualverbrecher paßt«, entgegnete Lieutenant Finque, den wieder einmal seine obligatorische Appellmigräne befiel.
    »Ja, ja; ich hätte mir's doch gleich denken können, als mich diese rotznäsige kleine Detektivin mal in Zivil erwischt und mich gefragt hat, ob sie ein Foto von mir machen dürfe, um ihre neue Polaroidkamera auszuprobieren.«
    »Aber was macht das denn schon, Roscoe«, grinste Sergeant Yanov.
    »Was das macht? Diese miese Fotze benutzt mein Foto jedesmal, wenn sie mit einer Alten, die sie gerade vergewaltigt haben, die Verbrecherkartei durchgehen.«
    »Sie kann doch nichts dafür, daß du so komisch aussiehst«, schaltete sich Spermwhale Whalen ein, während sein Partner Baxter Slate schadenfroh grinste. »Ich schätze, sie wird damit aufhören, sobald ein paar Opfer dich als den Täter bezeichnen.«
    »Womit sie vermutlich genau den Richtigen erwischt hätten«, warf Harold Bloomguard ein.
    »Ach was«, meinte Calvin Potts, »der kriegt doch nicht mal 'nen Blauadrigen zustande, geschweige denn einen Diamantenschneider. Wenn sie je hier in der Gegend nach einem schlappschwänzigen Bullen suchen sollten, dann ist er der Hauptverdächtige.«
    »Sehr witzig, Potts, wirklich sehr witzig«, knurrte Roscoe Rules feindselig, während er, ohne es zu merken, an sein geschmähtes Organ faßte.
    »Ich werde mal sehen, was sich in der Sache machen läßt, Rules«, erklärte darauf der Lieutenant. »Aber jetzt zum nächsten Punkt der Tagesordnung. Und zwar gehen zunehmend mehr Beschwerden wegen übertriebener Gewaltanwendung ein. Der Captain sagt, er hätte eine Menge Formalitäten zu erledigen gehabt, weil ein Beamter der Tagschicht einem Verdächtigen bei der Festnahme den Arm gebrochen hat. Seien Sie also in Zukunft bitte etwas vorsichtiger. Wenn Sie bei der Festnahme den Schulterdrehgriff anwenden und der Betreffende sich wehrt, dann lassen Sie nicht Ihr Temperament mit sich durchgehen.«
    »Frage, Lieutenant«, meldete sich Baxter Slate zu Wort.
    »Ja?«
    »Wenn sich ein Verdächtiger nicht wehrt, weshalb sollte man ihn dann überhaupt in den Polizeigriff nehmen?«
    Sergeant Yanov kam seinem Vorgesetzten zu Hilfe, indem er die Leitung des Appells übernahm und vorschlug: »Was halten Sie davon, wenn ich die Verbrechensmeldungen vorlese. Hier haben wir zum Beispiel eine Sex-Story, die Ihnen den Abend etwas verschönern könnte.« Und während Sergeant Yanov seinen Lieutenant vor einer Reihe weiterer peinlicher Fauxpas bewahrte, kochte dieser innerlich. Yanov kam so gut mit den Männern zurecht und wurde so offensichtlich von ihnen geschätzt, daß für Finque außer Zweifel stand, daß er ein mieser Aufsichtsbeamter war.
    Diese Überzeugung wurde noch zusätzlich durch die Tatsache untermauert, daß Yanov nun drei Monate für ihn arbeitete, ohne je einen Polizisten beim Rauchen oder ohne Mütze ertappt zu haben. Lieutenant Finque nahm sich vor, Captain Drobeck darauf aufmerksam zu machen, daß Yanov, mit vierunddreißig lediglich ein paar Monate jünger als Lieutenant Finque, vermutlich zu jung und unerfahren war, um einen kompetenten Außendienst-Sergeant abzugeben, und vielleicht besser ins Detektivbüro versetzt werden sollte.
    Captain Drobeck wäre der erste gewesen, der einem solchen Vorschlag zugestimmt hätte, da er Yanov uneingeschränkt haßte, seit dieser während eines Treffens sämtlicher Aufsichtsbeamten der Wilshire Station seinem Captain ganz offen widersprochen hatte. Yanov hatte einen ›administrativen Verbesserungsvorschlag‹ des Captain zurückgewiesen und als Begründung angeführt, er würde zwar gern dem Polizeichef etwas vormachen oder den Bürgermeister belügen – oder seiner Frau, falls er noch eine gehabt hätte –, aber auf keinen Fall seine Männer. Und zwar aus dem ebenso einfachen, wie einleuchtenden Grund, daß er weder den Polizeichef, noch den Bürgermeister, noch seine

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