Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
konnten. Seine Hand holte aus, suchte einen riesigen Stein, um mit irgend etwas auf die Kreatur zu werfen, und seine Finger berührten die Metallklinge eines Schwertes.
Tanis zuckte vor Schreck zusammen. Die Kälte des Metalls brannte geradezu in seiner Hand. Die Klinge glänzte hell im schwachen Licht des Zauberstabes. Tanis blieb keine Zeit für
Fragen. Er trieb die Schwertspitze in das klaffende Maul der Schnecke, gerade als die Kreatur zum Sprung ansetzte.
»Lauft!« schrie Tanis. Er faßte Lauranas Hand und zog sie zum Tunneleingang. Er schob sie durch und wandte sich um, um die Schnecke abzulenken, damit die anderen entkommen konnten. Aber der Schnecke war der Appetit vergangen. Sich vor Schmerzen krümmend, drehte sie sich langsam um und glitschte wieder in ihre Höhle zurück. Aus ihren Wunden troff klebrige Flüssigkeit.
Die Gefährten versammelten sich im Tunnel, atmeten tief durch und beruhigten sich allmählich. Raistlin lehnte sich keuchend an seinen Bruder. Tanis blickte sich um. »Wo ist Tolpan?« fragte er erschöpft. Er war drauf und dran, zurück in die Halle zu gehen, als er beinahe über den Kender gestolpert wäre.
»Ich habe dir die Scheide mitgebracht«, sagte Tolpan und hielt sie hoch. »Für dein Schwert.«
»Zurück durch den Tunnel«, befahl Tanis und hielt so die anderen von Fragen ab.
Als sie die Gabelung erreichten und auf den staubigen Boden sanken, wandte sich Tanis dem Elfenmädchen zu. »Was im Namen des Abgrundes hast du hier zu suchen, Laurana? Ist irgend etwas in Qualinost passiert?«
»Nichts ist passiert«, sagte Laurana, die immer noch zitterte. »Ich ... ich ... bin einfach gekommen.«
»Dann gehst du auch einfach zurück!« schrie Gilthanas wütend und packte Laurana. Sie befreite sich aus seinem Griff.
»Ich gehe nicht zurück«, sagte sie trotzig. »Ich gehe mit dir und mit Tanis und... mit den anderen.«
»Laurana, das ist Wahnsinn«, stöhnte Tanis. »Wir machen keinen Ausflug. Das ist kein Spiel. Du hast gesehen, was vorhin passiert ist.Wir wären beinahe getötet worden!«
»Ich weiß, Tanthalas«, sagte Laurana bittend. Ihre Stimme zitterte und bebte. »Du hast mir gesagt, es wird eine Zeit kommen, da man sein Leben riskieren muß für etwas, woran man glaubt. Die Zeit ist gekommen.«
»Du hättest getötet werden können ...«, fing Gilthanas an.
»Aber ich wurde nicht getötet!« rief Laurana herausfordernd. »Ich wurde zur Kriegerin ausgebildet – wie alle Frauen, in Erinnerung an eine Zeit, als wir neben unseren Männern um unsere Heimat kämpften.«
»Es war keine ernsthafte Ausbildung ...«, hob Tanis ärgerlich an.
»Ich bin euch gefolgt, oder nicht?« fragte Laurana und warf Sturm einen Blick zu. »Geschickt?« fragte sie den Ritter.
»Ja«, gab er zu.
»Trotzdem, das heißt nicht...«
Raistlin unterbrach ihn. »Wir vergeuden nur Zeit«, flüsterte der Magier. »Ich jedenfalls will nicht länger als nötig in dieser feuchten, modrigen Höhle verbringen.« Er konnte kaum atmen. »Das Mädchen hat seine Entscheidung gefällt. Wir können keinen entbehren, der sie zurückbringt. Noch können wir ihr vertrauen, daß sie allein zurückgeht. Sie könnte gefangengenommen werden und unsere Pläne verraten. Wir müssen sie mitnehmen.«
Tanis starrte den Magier zornig an, er haßte ihn für seine kalte, gefühllose Logik und dafür, daß er recht hatte. Der Halb-Elf stand auf und zerrte Laurana hoch. Er war nahe dabei, sie zu hassen, ohne den Grund zu verstehen; er wußte nur, daß sie eine schwierige Aufgabe nur noch schwerer machte.
»Du wirst auf dich gestellt sein«, sagte er ihr leise, während sich die anderen erhoben und ihre Sachen zusammensuchten. »Ich kann nicht herumhängen und auf dich aufpassen. Noch kann es Gilthanas. Du benimmst dich wie ein verwöhntes Balg. Ich sagte dir schon einmal – du solltest endlich erwachsen werden. Nun, wenn du es nicht willst, wirst du vielleicht sterben und uns andere womöglich in den Tod mitreißen.«
»Es tut mir leid, Tanthalas«, sagte Laurana und wich seinem zornigen Blick aus. »Aber ich konnte dich nicht verlieren, nicht noch einmal. Ich liebe dich.« Ihre Lippen wurden schmal, und sie sagte leise: »Du wirst noch stolz auf mich sein.«
Tanis drehte sich um und ging weg. Als er Caramons grinsendes
Gesicht sah und Tika kichern hörte, wurde er rot. Er ignorierte sie und gesellte sich zu Sturm und Gilthanas. »Anscheinend müssen wir den rechten Gang nehmen, egal welche Empfindungen
Weitere Kostenlose Bücher