Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
der seinen Körper und beinahe seinen Geist zerstört hatte, auszulöschen, aber er verlor die Kontrolle. Er hatte die Zauberworte vergessen! Die Tür bebte. Die Elfe kam durch die Tür!
Dann, irgendwo im Innern des Magiers, entstand eine Stärke, die er schon zweimal zuvor erlebt hatte – in den Türmen und am Altar des schwarzen Drachen in Xak Tsaroth. Die vertraute Stimme, die er im Geist klar verstand, aber nicht identifizieren konnte, sprach zu ihm die Zauberworte. Raistlin schrie sie mit kräftiger, klarer Stimme, die nicht seine eigene war, heraus: »Kalis-an, budrunin kara-emarath!«
Von der anderen Seite der Tür erscholl ein Wimmern der Enttäuschung, des Scheiterns. Die Tür hielt stand. Der Magier brach zusammen.
Caramon reichte Eben den Stab, als er seinen Bruder aufhob und den anderen folgte, die sich im Dunkeln vorwärtstasteten. Eine weitere Geheimtür ließ sich mühelos von Flint öffnen. Sie führte zu einer Reihe kleiner Tunnel, die mit Schutt gefüllt waren. Zitternd vor Angst setzten die Gefährten erschöpft ihren Weg fort. Schließlich traten sie in einen riesigen, weiten Raum ein, der vom Boden bis zur Decke mit Holzkisten gefüllt war. Flußwind zündete eine Fackel an der Wand an. Die Kisten waren zugenagelt. Einige waren mit der Aufschrift SOLACE, andere mit TORWEG versehen.
»Wir sind da.Wir sind im Innern der Festung«, sagte Gilthanas triumphierend.
»Den wahren Göttern sei Dank!« seufzte Tanis und sank zu Boden, die anderen ließen sich neben ihn fallen. Da bemerkten sie, daß Fizban und Tolpan fehlten.
Verloren Der Plan. - Verrat
T olpan konnte sich später nicht mehr genau an jene letzten panischen Momente im Kettenraum erinnern. Er wußte nur noch, daß er gefragt hatte: »Eine verrückte Elfe? Wo?« und sich auf die Zehenspitzen gestellt und versucht hatte, etwas zu erkennen, als plötzlich der leuchtende Stab auf den Boden fiel. Er hörte Tanis schreien und dann ein klagendes Geräusch, das den Kender jedes Gefühl dafür verlieren ließ, wo er war und was er machte. Dann griffen kräftige Hände um seine Hüften und hoben ihn in die Luft.
»Kletter hoch!« rief ihm eine Stimme zu.
Tolpan streckte seine Hände aus, fühlte das kalte Metall der Kette und begann zu klettern. Er hörte eine Tür zuschlagen und dann wieder das eisige Klagen der bösen Elfe. Diesmal klang es nicht tödlich, sondern eher wie ein Aufschrei der Wut. Tolpan hoffte, daß seine Freunde hatten fliehen können.
»Ich frage mich, wie ich sie wiederfinden soll«, sprach er leise zu sich und fühlte sich einen Moment lang entmutigt. Dann hörte er Fizban murmeln und wurde wieder munter. Er war nicht allein.
Dichte, schwarze Dunkelheit hüllte den Kender ein. Er kletterte allein mit Hilfe seines Tastsinnes und wurde sehr müde, als kalte Luft seine rechte Wange berührte. Er spürte, daß sie den Mechanismus erreicht hatten.Wenn er doch nur sehen könnte! Dann fiel ihm ein, daß er mit einem Magier zusammen war.
»Wir könnten Licht gebrauchen!« rief Tolpan.
»Ein Kampf?Wo?« Fizban ließ fast die Kette los.
»Kein Kampf! Licht!« sagte Tolpan und hielt sich an einem Kettenglied fest. »Ich glaube, wir sind jetzt fast oben und sollten uns wirklich einmal umschauen.«
»Ja, natürlich. Laß mich sehen, Licht...« Tolpan hörte den Magier in seinen Beuteln wühlen.Anscheinend hatte er gefunden, was er suchte, denn er stieß einen kleinen Triumphschrei aus, sprach ein paar Worte, und eine kleine blaugelbe Wölkchenflamme erschien, die dicht am Hut des Magiers schwebte.
Das glühende Wölkchen zischte hoch, tanzte um Tolpan, wie um den Kender zu beschauen, dann kehrte es zum stolzen Magier zurück. Tolpan war entzückt. Er hatte jede Menge Fragen über dieses wunderbare Wölkchen, aber seine Arme wurden lahm, und auch der alte Magier war am Ende seiner Kräfte. Er wußte, sie sollten lieber einen Weg finden, um von der Kette wegzukommen.
Er sah hoch.Wie er vermutet hatte, befanden sie sich im oberen Teil der Festung. Die Kette lief über ein riesiges hölzernes Zahnrad, das mit einer Eisenachse verbunden war, und verschwand in einem Tunnel rechts vom Kender.
»Wir könnten über das Zahnrad klettern und an der Kette in
den Tunnel kriechen«, schlug der Kender vor. »Kannst du das Licht hierher schicken?«
»Licht – zum Rad«, befahl Fizban.
Das Licht schwankte einen Moment in der Luft, dann tanzte es in einer entschieden verneinenden Weise hin und her.
Fizban runzelte die Stirn.
Weitere Kostenlose Bücher