Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
Frage besser beantwortet,Tanis Halb-Elf,
als ich es hätte tun können«, sagte der Herr der Wälder feierlich. »Indem du sagtest, daß unser Leben nicht am Gewinn gemessen wird, sondern am Geben.«
Der Halb-Elf wollte etwas erwidern, aber der Herr der Wälder kam ihm zuvor. »Lege deine Sorgen jetzt beiseite. Genieße den Frieden meines Waldes, solange er anhält.«
Tanis sah den Herrn der Wälder durchdringend an, aber das wundervolle Tier hatte seine Aufmerksamkeit von ihm abgewandt und starrte nun in den Wald hinein, seine Augen waren sorgenvoll umwölkt. Der Halb-Elf fragte sich, was das wohl bedeuten könnte, und saß in dunklen Gedanken verloren da, bis er eine sanfte Hand spürte.
»Du solltest essen«, sagte Goldmond. »Deine Sorgen werden mit dem Mahl nicht verschwinden – und falls doch, um so besser.«
Tanis lächelte sie an und begann mit großem Appetit zu essen. Er nahm den Rat des Herrn der Wälder an und verbannte seine Sorgen für eine Weile. Goldmond hatte recht: Sie würden ihm sowieso bleiben.
Die übrigen Gefährten taten dasselbe und musterten das Seltsame ihrer Umgebung mit dem selbstbewußten Auftreten erfahrener Reisende. Obwohl es nur Wasser zu trinken gab – zu Flints großer Enttäuschung –, wusch die kühle, klare Flüssigkeit das Entsetzen und den Zweifel aus ihren Herzen fort, so wie sie das Blut und den Schmutz von ihren Händen gereinigt hatte. Sie lachten, unterhielten sich, aßen und genossen ihr Zusammensein. Der Herr der Wälder beteiligte sich nicht an den Gesprächen, sondern beobachtete sie nur.
Sturms blasses Gesicht hatte wieder Farbe gewonnen. Er aß mit Anmut und Würde. Neben ihm saß Tolpan. Er beantwortete die schier unerschöpflichen Fragen des Kenders über seine Heimat. Unauffällig holte er aus Tolpans Beutel ein Messer und eine Gabel hervor, die auf seltsame Weise ihren Weg dorthin gefunden hatten. Der Ritter saß so weit wie möglich von Caramon entfernt und tat sein Bestes, ihn zu ignorieren.
Der riesige Krieger genoß sein Mahl offensichtlich. Er aß
dreimal soviel, dreimal so schnell und dreimal so laut wie die anderen. Wenn er nicht gerade aß, beschrieb er Flint einen Kampf mit einem Troll und benutzte dabei einen Knochen als Schwert, um seine Hiebe zu veranschaulichen. Flint aß herzhaft und sagte ihm, daß er der größte Lügner auf Krynn wäre.
Raistlin, der neben seinem Bruder saß, aß sehr wenig. Er sagte nichts, sondern hörte nur aufmerksam den anderen zu und nahm alles in sich auf, um es zu speichern und irgendwann einmal darauf zurückgreifen zu können.
Goldmond aß mit vornehmer Anmut. Die Que-Shu-Prinzessin war es gewöhnt, in der Öffentlichkeit zu speisen und mühelos Konversation zu führen. Sie plauderte mit Tanis, ermunterte ihn, das Elfenland zu beschreiben und andere Orte, die er besucht hatte. Flußwind zeigte sich sehr verlegen und gehemmt. Zwar war er nicht ein so lärmender Esser wie Caramon, aber offensichtlich war er mehr daran gewöhnt, mit anderen Stammesangehörigen am Lagerfeuer und nicht in königlichen Hallen zu essen.
Schließlich schoben alle ihre Teller beiseite und machten es sich in den seltsamen Stühlen bequem.Tolpan sang eines seiner Wanderlieder zum Vergnügen der Zentauren. Dann erhob Raistlin plötzlich seine Stimme. Sein leises Flüstern fuhr durch das Gelächter und das laute Gespräch.
»Herr der Wälder«, zischte der Magier, »heute haben wir gegen abscheuliche Kreaturen gekämpft, die uns noch nie zuvor auf Krynn begegnet sind.Weißt du mehr über sie?«
Mit der entspannten und festlichen Stimmung war es sofort vorbei.Alle tauschten bittere Blicke aus.
»Diese Kreaturen gehen wie Menschen«, fügte Caramon hinzu, »aber sie sehen aus wie Reptilien. Statt Händen und Füßen haben sie Klauen und Flügel, und« – seine Stimme sank – »sie verwandeln sich in Stein, wenn sie sterben.«
Der Herr der Wälder betrachtete sie mit Traurigkeit und erhob sich. Er schien die Frage erwartet zu haben.
»Ich kenne diese Kreaturen«, antwortete er. »Vor einer Woche haben einige von ihnen den Düsterwald zusammen mit
Goblins aus Haven betreten. Sie trugen Kapuzen und Umhänge, zweifellos um ihr entsetzliches Aussehen zu verbergen. Die Zentauren folgten ihnen heimlich, um sicherzugehen, daß sie keinen Schaden anrichteten, bevor die Geisterhäscher sich mit ihnen beschäftigten. Sie berichteten mir, daß sich diese Kreaturen als Drakonier bezeichnen und zum Orden von Drako gehören.«
Raistlin
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