Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
gelangte.
»Su Torakh!« unterbrach Goldmond sie mit ehrfürchtiger Stimme.Tanis und Caramon drehten sich besorgt um und starrten auf das in Rauch gehüllte Lager. Ein grotesker Anblick bot sich plötzlich ihren staunenden Augen. Tanis blinzelte ungläubig, dann hörte er hinter sich einen Laut, der ihn vor Panik fast auf einen Baum springen ließ. Er wirbelte herum, sein Herz in der Kehle, sein Schwert in der Hand.
Raistlin lachte.
Tanis hatte den Magier niemals zuvor lachen gehört – selbst als Raistlin noch ein Kind war –, und er hoffte, er würde es nie wieder hören. Es war ein schauriges, schrilles, spöttisches Lachen. Caramon starrte seinen Bruder erstaunt an, Goldmond entsetzt. Endlich erstarb Raistlins Lachen, bis der Magier nur noch still vor sich hin kicherte, seine goldenen Augen spiegelten sich im Glanz des Feuers wider.
Tanis schauderte und wandte sich wieder dem Lager zu. Es stimmte wahrhaftig – Sturm und Flußwind trugen den Kopf des Drachen zwischen sich. Flint lief mit einem Drakonierhelm vor ihnen.Tanis rannte zu ihnen.
»Was, im Namen von ...«
»Der Kender hängt hier fest!« erklärte Sturm. Er und Flußwind ließen den Kopf schweratmend auf den Boden fallen. »Wir müssen ihn rausholen.« Sturm beäugte den lachenden Raistlin argwöhnisch. »Was ist denn in ihn gefahren? Immer noch vergiftet?«
»Nein, es geht ihm besser«, antwortete Tanis und untersuchte den Drachenkopf.
»Eine Schande«, murmelte Sturm, als er sich neben den Halb-Elf kniete.
»Tolpan, alles in Ordnung?« rief Tanis und schob das riesige Maul auseinander.
»Ich glaube, Sturm hat meine Haare abgesäbelt«, plärrte der Kender.
»Sei froh, daß es nicht dein Kopf war!« schimpfte Flint.
»Woran hängt er denn fest?« Flußwind lehnte sich vor, um in das Drachenmaul zu spähen.
»Ich weiß nicht«, sagte Tanis leise fluchend. »Ich kann überhaupt nichts erkennen.« Er erhob sich und seufzte enttäuscht. »Und wir müssen hier verschwinden! Die Drakonier werden sich bald organisiert haben. Caramon, komm her. Sieh mal, ob du den oberen Teil aufreißen kannst.«
Der Krieger stellte sich vor den Drachenkopf. Er griff in beide Augenhöhlen, schloß seine Augen, holte tief Luft, grunzte und begann zu ziehen. Eine Zeitlang passierte nichts. Tanis beobachtete, wie die Armmuskeln des riesigen Mannes anschwollen. Blut schoß ihm ins Gesicht. Dann hörte man das reißende und knackende Geräusch von splitterndem Holz. Der obere Teil des Drachenkopfes fiel mit einem Krachen auseinander. Caramon stolperte nach hinten, den oberen Teil des Kopfes in den Händen haltend.
Tanis griff hinein, faßte Tolpans Hand und zog ihn heraus. »Alles in Ordnung?« fragte er. Der Kender schien etwas wacklig auf den Füßen zu stehen, aber sein Grinsen war so breit wie eh und je.
»Mir geht es gut«, strahlte er. »Nur ein bißchen angesengt.« Dann verdüsterte sich sein Gesicht. »Tanis«, sagte er, sein Gesicht verzog sich zu ungewohnter Besorgtheit. Er fühlte an seinem langen Haarknoten. »Mein Haar?«
»Ist alles da«, sagte Tanis lächelnd.
Tolpan atmete erleichtert auf. Dann begann er zu erzählen. »Tanis, es war das Wundervollste – so zu fliegen. Und Caramons Miene ...«
»Mit der Geschichte mußt du warten«, sagte Tanis streng. »Wir müssen hier schnellstens verschwinden. Caramon? Schaffst du es mit deinem Bruder?«
»Ja«, sagte Caramon.
Raistlin stolperte vorwärts und nahm die Hilfe seines Bruders an. Der Magier blickte auf den gespaltenen Drachenkopf zurück und lachte noch einmal auf, seine Schultern schüttelten sich vor stummer grausiger Belustigung.
Flucht. - Der Brunnen - Tod auf schwarzen Flügeln
D er Rauch des brennenden Drakonierlagers hing über dem schwarzen Sumpfland und schützte die Gefährten vor den seltsamen, bösartigen Kreaturen. Die Gefährten wagten nicht einmal, Raistlins Stab als Licht zu verwenden – denn sie konnten von allen Seiten Hörner blasen hören, als die drakonischen Anführer die Ordnung wiederherzustellen versuchten.
Flußwind führte sie. Obwohl Tanis sich immer auf seine eigenen Fähigkeiten hatte verlassen können, war ihm in diesem schwarzen Nebel sein Orientierungssinn völlig verlorengegangen.
Ein gelegentliches flüchtiges Auftauchen der Sterne zeigte ihm, daß sie sich gen Norden bewegten.
Sie waren noch nicht weit gegangen, als Flußwind einen unvorsichtigen Schritt machte und knietief im Sumpf versank. Nachdem Tanis und Caramon den Barbaren
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