Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
gegenseitig umbringen.«
»Die Drachenfürsten sind für einen Angriff auf Ergod noch nicht bereit«, sagte Derek. »Sie haben noch keinen festen Stand
im Norden.Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Darum ist es so wichtig, die Kugel der Drachen nach Sankrist zu bringen und das Treffen von Weißstein einzuberufen, damit Entscheidungen getroffen werden.«
Die Gefährten sammelten ihre Ausrüstung zusammen und machten sich für den Landmarsch bereit. Silvara führte sie auf einen Pfad neben dem silbernen Fluß. Sie spürten die feindseligen Augen der Kaganesti auf sich ruhen, bis sie außer Sichtweite waren.
Das Land begann fast sofort anzusteigen.Theros erklärte ihnen, daß er in diesem Gebiet noch nie zuvor gewesen war; es lag also an Silvara, sie zu führen. Laurana war über diese Situation keineswegs erfreut. Sie vermutete, daß zwischen ihrem Bruder und dem Mädchen etwas vorgefallen war, denn sie hatte bemerkt, daß sie ein süßes, geheimes Lächeln austauschten.
Silvara hatte Zeit gefunden, bei ihrem Volk die Kleider zu wechseln. Sie war nun wie eine Kaganesti-Frau gekleidet, in eine lange Ledertunika, in Lederstiefel und einen schweren Fellumhang. Mit ihrem gewaschenen und gekämmten Haar konnten jetzt alle verstehen, wie sie zu ihrem Namen gekommen war. Ihr Haar hatte eine seltsame, metallsilberne Farbe und floß in strahlender Schönheit über ihre Schultern.
Es stellte sich heraus, daß Silvara ein außerordentlich guter Führer war, der sie zu schnellem Tempo drängte. Sie und Gilthanas gingen Seite an Seite und unterhielten sich in der Elfensprache. Kurz vor Sonnenuntergang erreichten sie eine Höhle.
»Hier können wir die Nacht verbringen«, sagte Silvara. »Wir sollten jetzt die Verfolger abgeschüttelt haben. Nur wenige kennen dieses Gebirge so gut wie ich. Aber wir sollten kein Feuer machen. Leider werden wir etwas Kaltes essen müssen.«
Erschöpft vom Tagesmarsch, aßen sie trostlos, dann bereiteten sie in der Höhle ihre Lager. Die Gefährten schliefen in ihren Decken und allen verfügbaren Kleidungsstücken, zusammengekauert und unruhig. Sie stellten Wachen auf, Laurana und Silvara bestanden darauf, auch eingeteilt zu werden. Die Nacht
verstrich ruhig, das einzige Geräusch war der Wind, der um die Felsen heulte.
Aber am nächsten Morgen quetschte sich Tolpan durch einen Spalt in dem gesicherten Eingang der Höhle, um sich umzuschauen, und kehrte sofort wieder zurück. Er legte einen Finger an die Lippen und machte ihnen Zeichen, ihm nach draußen zu folgen. Theros schob den riesigen Findling beiseite, den sie vor die Höhle gerollt hatten, dann schlichen sie hinter Tolpan her. Er führte sie zu einer Stelle, nur wenige Meter von der Höhle entfernt, und zeigte grimmig auf den weißen Schnee.
Das waren Fußspuren, so frisch, daß der Schnee sie noch nicht wieder ganz bedeckt hatte. Die leichten Spuren waren kaum in den Schnee eingedrückt. Keiner sprach. Dazu bestand keine Notwendigkeit. Alle erkannten die Umrisse von Elfenstiefeln.
»Sie müssen letzte Nacht hier vorbeigegangen sein«, sagte Silvara. »Wir sollten hier nicht länger bleiben. Sie werden bald entdecken, daß sie unsere Spur verloren haben, und zurückkehren. Bis dahin müssen wir hier verschwunden sein.«
»Ich sehe nicht ein, was das für einen Unterschied machen soll«, grummelte Flint voller Abscheu. Er zeigte auf ihre eigenen äußerst deutlichen Spuren. Dann sah er in den klaren blauen Himmel. »Wir können genausogut hier sitzen bleiben und auf sie warten. Erspart ihnen Zeit und uns Mühen.Wir können unsere Spuren nicht verwischen!«
»Vielleicht können wir unsere Spur nicht verwischen«, sagte Theros, »aber vielleicht können wir einige Meilen Vorsprung herausholen.«
»Vielleicht«, wiederholte Derek grimmig. Er löste sein Schwert aus der Scheide und ging in die Höhle zurück.
Laurana hielt Sturm fest. »Es darf nicht zu einem Blutbad kommen!« flüsterte sie panisch, beunruhigt über Dereks Verhalten.
Der Ritter schüttelte den Kopf, als sie den anderen folgten. »Wir können nicht zulassen, daß dein Volk uns hindert, die Kugel nach Sankrist zu bringen.«
»Ich weiß«, sagte Laurana leise. Sie senkte den Kopf und betrat schweigend die Höhle. Ihr war elend zumute.
Die anderen waren in wenigen Momenten bereit. Dann stand Derek im Eingang, wütend, und musterte Laurana ungeduldig.
»Geh vor«, sagte sie ihm, sie wollte nicht, daß er sie weinen sah. »Ich komme nach.«
Derek ging sofort.
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