Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
auf dem Amboß von Reorx ruht. Jene, die auf die andere Seite fallen, werden zwischen seinen Hammerschlägen gefangen, und die Welt wird weitergeschmiedet. Leute auf der anderen Seite!« Er schnaubte verächtlich, als er Theros beobachtete, der erfolglos versuchte, die Platte zurückzuschieben. Tolpan starrte sie immer noch neugierig an. Schließlich gab Theros auf, aber er funkelte den Kender so lange an, bis Tolpan laut aufseufzte und zur steinernen Totenbahre ging, um mit sehnsüchtigen Augen auf Schwert und Schild zu starren.
Flint zog Laurana am Ärmel.
»Was ist los?« fragte sie geistesabwesend, ihre Gedanken waren weit weg.
»Ich kenne mich mit Steinarbeiten aus«, sagte der Zwerg leise, »und hier ist irgend etwas seltsam.« Er hielt inne und sah Laurana an, ob sie lachen würde. Aber sie sah ihn ernst an. »Das Grabmal und die Statuen draußen sind die Arbeit von Menschen. Sie sind alt . . .«
»Alt genug, um Humas Grabmal zu sein?« unterbrach Laurana.
»Auf alle Fälle.« Der Zwerg nickte bekräftigend. »Aber das große Biest draußen«, er deutete in Richtung des Steindrachen, »wurde niemals von Menschen, Elfen oder Zwergen geschaffen.«
Laurana blinzelte verständnislos.
»Und es ist noch älter«, sagte der Zwerg, seine Stimme wurde heiser. »So alt, daß dies«, seine Hand fuhr über das Grab, »modern erscheint.«
Laurana begann zu verstehen. Flint, der sah, wie sich ihre Augen weiteten, nickte langsam und feierlich.
»Kein Lebewesen auf Krynn mit zwei Beinen kann diese Gebirgsseite mit dem Meißel bearbeitet haben«, sagte er.
»Es muß eine Kreatur mit furchtbarer Kraft gewesen sein . . .«, murmelte Laurana. »Eine riesige Kreatur . . .«
»Mit Flügeln...«
»Mit Flügeln«, murmelte Laurana.
Plötzlich hörte sie auf zu reden, ihr Blut gefror vor Angst, als sie Worte singen hörte, Worte, die sie als die seltsame Sprache der Magie erkannte.
»Nein!« Sie wandte sich um, hob instinktiv ihre Hand, um den Zauber abzuwehren, wußte jedoch, daß das zwecklos war.
Silvara stand neben dem Altar, zerrupfte Rosenblätter in ihrer Hand und sang leise.
Laurana bekämpfte die Müdigkeit, die sie überschlich. Sie fiel auf die Knie, verfluchte sich, hielt sich an der Steinbank fest. Aber es half nichts. Sie hob ihre schweren Lider und sah Theros
stolpern und Gilthanas auf den Boden fallen. Neben ihr schnarchte der Zwerg, noch bevor sein Kopf auf der Bank aufschlug.
Laurana hörte ein klapperndes Geräusch, das Geräusch eines Schildes, der auf den Boden fiel, dann war die Luft mit dem Duft der Rosen erfüllt.
Die überraschende Entdeckung des Kenders - Hühnerfedern
T olpan hörte Silvaras Gesang. Als er erkannte, daß es die Worte eines Zauberspruches waren, handelte er instinktiv, indem er den Schild von der Totenbahre ergriff und ihn nach unten zog. Der schwere Schild fiel klappernd auf ihn und bedeckte ihn völlig.
Er wartete, bis Silvara ihren Gesang beendet hatte. Dann wartete er noch einenAugenblick, um zu sehen, ob er sich in einen Frosch verwandeln oder in Flammen aufgehen würde oder etwas anderes Interessantes. Nichts dergleichen passierte – zu seiner großen Enttäuschung. Er konnte Silvara nicht mehr hören.
Schließlich wurde es Tolpan zu langweilig, in der Dunkelheit auf dem kalten Steinboden zu liegen, und er kroch unter dem Schild mit der Geräuschlosigkeit einer fallenden Feder hervor.
Alle seine Freunde schliefen! So einen Zauber hatte sie also geworfen.Aber wo war Silvara? Irgendwohin gegangen, um ein schreckliches Ungeheuer zu holen, das sie alle auffressen sollte? Zu seinem Erstaunen sah er Silvara auf dem Boden am Grabeingang kauern. Tolpan beobachtete, daß sie hin und her schaukelte und leise stöhnende Laute von sich gab.
»Wie soll ich damit klarkommen?« hörte Tolpan sie fragen. »Ich habe sie hierhergebracht. Ist das nicht genug? Nein!« Sie schüttelte trübsinnig den Kopf. »Nein, ich habe die Kugel der Drachen weggeschickt. Sie wissen nicht, wie sie anzuwenden ist. Ich muß den Eid brechen. Es ist so, wie du gesagt hast, Schwester – die Entscheidung liegt bei mir. Aber es ist so hart! Ich liebe ihn...«
Schluchzend und zu sich murmelnd wie eine Besessene, vergrub Silvara ihren Kopf zwischen ihren Knien. Der zartfühlende Kender hatte niemals zuvor so viel Leid gesehen und hätte sie gern getröstet. Dann bemerkte er, daß sich das gar nicht gut anhörte, was sie da erzählte. ». . . die Entscheidung ist... so hart . . . den Eid
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