Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
brechen...«
Nein, dachte Tolpan, ich versuche lieber, hier zu verschwinden, bevor sie merkt, daß ihr Zauber bei mir nicht funktioniert hat.
Aber im Eingang saß Silvara. Er könnte versuchen, sich an ihr vorbeizuschleichen . . .Tolpan schüttelte den Kopf. Zu riskant.
Das Loch! Er strahlte. Er wollte es sowieso näher untersuchen. Er hoffte nur, daß es immer noch geöffnet war.
Der Kender ging auf Zehenspitzen um die Bahre herum zum Altar. Dort war das Loch, immer noch offen. Theros lag daneben und schlief fest. Er blickte schnell zu Silvara zurück, dann schlich er sich lautlos zum Rand.
Das war sicher ein besseres Versteck, als hier zu stehen. Es gab keine Stufen, aber er sah an der Wand Griffe. Für einen geschickten
Kender – so wie ihn – dürfte es überhaupt kein Problem sein, hinunterzuklettern. Vielleicht führte es nach draußen. Plötzlich hörte Tolpan hinter sich ein Geräusch. Silvara seufzte und bewegte sich...
Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, ließ sich Tolpan in das Loch gleiten und begann den Abstieg. DieWände waren von Feuchtigkeit und Moos glatt, die Griffe lagen weit auseinander. Für Menschen gebaut, dachte er wütend. Niemand dachte an kleine Leute!
Er war so beschäftigt, daß er die Edelsteine erst bemerkte, als er praktisch über ihnen war.
»Beim Bart von Reorx!« fluchte er. (Ihm gefiel dieser Fluch von Flint.) Sechs wunderschöne Juwelen – jeder so groß wie seine Hand – waren in einem horizontalen Kreis an den Wänden herum befestigt. Sie waren mit Moos bedeckt, aber Tolpan sah auf einen Blick, wie wertvoll sie waren.
»Warum sollte jemand solch wunderschöne Juwelen hier unten lassen?« fragte er laut. »Ich wette, das war ein Dieb. Wenn ich sie loskriege, werde ich sie dem rechtmäßigen Besitzer aushändigen.« Seine Hand schloß sich um einen Juwel.
Ein gewaltiger Windstoß fuhr durch den Schacht und riß den Kender von der Wand. Während Tolpan fiel, sah er hoch. Das Licht oben am Schacht wurde immer schwächer und schwächer. Er fragte sich kurz, wie groß wohl der Hammer von Reorx sein würde, als er zu fallen aufhörte.
Einen Moment lang wirbelte der Wind ihn umher. Dann änderte er die Richtung und blies ihn seitwärts. Ich gehe doch nicht zu der anderen Seite der Welt, dachte er traurig. Seufzend segelte er durch einen anderen Tunnel. Dann merkte er plötzlich, daß er nach oben stieg! Ein starker Wind trug ihn nach oben zum Schacht! Es war ein ungewöhnliches Gefühl, recht erfrischend. Instinktiv breitete er seine Arme aus, um zu sehen, ob er die Seiten von was auch immer berühren konnte.Aber als er die Arme spreizte, bemerkte er, daß er schneller stieg, sanft von der Luftströmung nach oben getragen wurde.
Vielleicht bin ich tot, dachte Tolpan. Ich bin tot und leichter
als Luft.Was weiß ich. Hektisch griff er nach seinen Beuteln. Er war sich nicht sicher – die Kender hatten nur sehr verschwommene Vorstellungen über das Leben nach dem Tod –, aber er hatte das Gefühl, daß sie ihn nicht seine Sachen mitnehmen lassen würden. Nein, alles war noch da.Tolpan seufzte erleichtert auf, schluckte dann aber, als er feststellte, daß er langsamer wurde und wieder fiel!
Was?, dachte er wild, dann merkte er, daß er beide Arme eng an seinen Körper gelegt hatte. Eilig spreizte er sie und stieg wieder nach oben. Überzeugt, nicht tot zu sein, genoß er den Flug.
Mit den Händen rudernd, rollte sich der Kender in der Luft auf den Rücken und starrte nach oben, um zu sehen, wohin er schwebte.
Ah, da weit oben war ein Licht, das immer heller wurde. Jetzt sah er, daß er sich in einem Schacht befand, aber dieser war länger als der andere, in den er gestürzt war.
»Wenn ich Flint davon erzähle!« sagte er versonnen. Dann fiel sein Blick auf sechs Juwelen, ähnlich jenen, die er im anderen Schacht gesehen hatte. Der Wind wurde schwächer.
Gerade als er entschied, daß er das Fliegen als Lebensweise wirklich genießen könnte, erreichteTolpan die Schachtöffnung. Die Luftströmung hielt ihn auf Höhe des Steinbodens einer mit Fackeln beleuchteten Kammer. Tolpan wartete einen Moment, ob er wieder fliegen würde, aber selbst als er ein wenig mit den Armen schlug, um nachzuhelfen, passierte nichts.Anscheinend war sein Flug beendet.
Dann könnte ich mich ja mal umsehen, dachte der Kender. Er sprang und landete auf dem Steinboden.
Mehrere Fackeln flackerten an den Wänden und beleuchteten die Kammer. Dieser Raum war viel größer als die
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