Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
Ritter nahmen Sturm am Arm, führten ihn etwas weiter von seinen Freunden weg und begannen, mit ihm in Solamnisch zu reden, und ließen die anderen sich ausruhen.
Tanis lehnte sich gegen eine Mauer und sah sich interessiert um.Was noch von den Gebäuden in dieser Straße übriggeblieben war, war eindrucksvoll, viel schöner als der neue Teil der Stadt. Er erkannte, daßTarsis, die Schöne, ihrem Namen vor der Umwälzung alle Ehre gemacht haben mußte.
Er ging hinüber zu Gilthanas, der mit Alhana auf einer Bank saß und sich mit ihr unterhielt. Der Elfenlord stellte ihn vor.
»Alhana Sternenwind, Tanis, der Halb-Elf«, sagte Gilthanas. »Tanis hat viele Jahre bei uns in Qualinesti gelebt. Er ist der Sohn der Frau meines Onkels.«
Alhana zog ihren Schleier von ihrem Gesicht und musterte Tanis kalt. Sohn der Frau meines Onkels war eine höfliche Art zu sagen, daß Tanis ein illegitimes Kind war, sonst hätte Gilthanas ihn als »Sohn meines Onkels« vorgestellt. Der Halb-Elf errötete, der alte Schmerz kam mit unverminderter Kraft wieder, genauso stark wie vor fünfzig Jahren. Er fragte sich, ob er sich je davon befreien könnte.
Tanis kratzte sich den Bart und sagte barsch: »Meine Mutter wurde von menschlichen Kriegern in den Jahren der Dunkelheit nach der Umwälzung vergewaltigt. Die Stimme der Sonnen nahm mich freundlicherweise nach ihrem Tod auf und zog mich wie einen eigenen Sohn groß.«
Alhanas dunkle Augen wurden noch dunkler, und sie zog ihre Augenbrauen hoch. »Siehst du einen Grund, dich für deine Abstammung zu entschuldigen?« fragte sie mit eisiger Stimme.
»N...nein«, stammelte Tanis mit brennendem Gesicht. »Ich...«
»Dann tu es auch nicht«, sagte sie und wandte sich wieder
Gilthanas zu. »Du hast gefragt, warum ich nach Tarsis gekommen bin. Ich suche hier Unterstützung. Ich muß nach Silvanesti zurückkehren, um nach meinem Vater zu suchen.«
»Nach Silvanesti zurück?« wiederholte Gilthanas. »Wir..., mein Volk wußte nicht, daß die Silvanesti ihre uralte Heimat aufgegeben haben. Kein Wunder, daß wir Kontakt verloren...«
»Ja«, Alhanas Stimme wurde traurig. »Das Böse, das euch gezwungen hat, Qualinesti zu verlassen, ist auch auf uns gestoßen.« Sie senkte ihren Kopf, sah dann auf und sprach mit leiser Stimme weiter. »Wir haben lange Zeit dieses Böse bekämpft. Aber am Ende waren wir gezwungen, zu fliehen oder alle zu sterben. Mein Vater schickte das Volk unter meiner Führerschaft in das südliche Ergod. Er selbst blieb in Silvanesti, um allein weiterzukämpfen. Ich war gegen diese Entscheidung, aber er sagte, er hätte die Macht, um das Böse von der Zerstörung unserer Heimat abzuhalten. Mit schwerem Herz führte ich mein Volk in Sicherheit. Aber ich bin zurückgekommen, um meinen Vater zu suchen, denn wir haben seit langem nichts mehr von ihm gehört.«
»Aber du hattest keine Krieger, die dich auf solch einer gefährlichen Reise hätten begleiten können?« fragte Tanis.
Alhana wandte sich um und sah Tanis an, als ob sie über seine Einmischung verblüfft wäre. Zuerst schien sie ihm eine Antwort verweigern zu wollen, dann – als sie länger in sein Gesicht sah – änderte sie ihre Meinung. »Viele Krieger haben mir ihre Begleitung angeboten«, sagte sie stolz. »Aber als ich sagte, daß ich mein Volk in Sicherheit geführt hätte, sprach ich etwas voreilig. In dieser Welt gibt es keine Sicherheit mehr. Die Krieger blieben zurück, um das Volk zu beschützen. Ich kam nach Tarsis in der Hoffnung, Krieger zu finden, die mit mir nach Silvanesti gehen würden. Ich legte meinen Fall dem Lord und dem Rat dar, wie es die Sitte verlangt...«
Tanis schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Das war dumm«, sagte er offen. »Du hättest wissen müssen, wie sie über Elfen denken – noch bevor die Drakonier kamen! Du hattest
verdammt viel Glück, daß sie nur angeordnet haben, dich aus der Stadt zu werfen.«
Alhanas blasses Gesicht wurde – falls das möglich war – noch blasser. Ihre dunklen Augen funkelten. »Ich habe mich verhalten, wie es die Vorschriften verlangen«, erwiderte sie, zu wohlerzogen, um ihren Zorn hinter dem kühlen Ton ihrer Stimme zu zeigen. »Ein anderes Verhalten hätte gewirkt, als wäre ich eine Barbarin. Als der Lord mir seine Hilfe verweigerte, sagte ich ihm, daß ich beabsichtige, mich selbst umzusehen. Alles andere wäre nicht ehrenhaft gewesen.«
Flint, der nur Bruchstücke der in der Elfensprache geführten Unterhaltung verstand,
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