Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
Elistan akzeptierte. Sie erinnerte sich daran, wie die Stimme Goldmond behandelt hatte, als sie nach Qualinesti kam und das Medaillon von Mishakal,
Göttin der Heilkunst, getragen hatte. Aber Laurana vermißte ihren weisen Ratgeber. Obwohl sie überglücklich war, wieder zu Hause zu sein, wurde ihr klar, daß sich ihr Zuhause für sie verändert hatte und niemals mehr so sein würde wie früher.
Alle schienen sich zu freuen, sie zu sehen, aber man behandelte sie mit der gleichen Höflichkeit wie Derek, Sturm, Flint und Tolpan. Sie war eine Außenseiterin. Selbst das Verhalten ihrer Eltern war nach der ersten gefühlvollen Begrüßung kühl und distanziert geworden. Es hätte sie nicht so verletzt, wenn sie Gilthanas nicht so verhätschelt hätten. Warum der Unterschied? Laurana konnte es nicht verstehen. Ihr älterer Bruder Porthios sollte ihr die Augen öffnen.
Dieser Zwischenfall ereignete sich während der Feier.
»Du wirst feststellen, daß sich unser Leben hier sehr von dem in Qualinesti unterscheidet«, sagte ihr Vater zu ihrem Bruder an jenem Abend beim Festessen, das in einem riesigen, von den Kaganesti gebauten Holzsaal stattfand. »Aber du wirst dich schnell daran gewöhnen.« Dann wandte er sich an Laurana und meinte förmlich: »Ich würde mich freuen, wenn du an deinen alten Platz als meine Schreiberin zurückkehren würdest, aber ich weiß, daß du mit anderen Dingen in unserem Haushalt ausgelastet sein wirst.«
Laurana war bestürzt. Sie hatte natürlich nicht die Absicht gehabt zu bleiben, aber sie ärgerte sich, daß sie wieder eine Stelle einnehmen sollte, die der traditionellen Rolle einer Tochter im königlichen Haushalt entsprach. Sie ärgerte sich außerdem, daß ihr Vater sie offensichtlich ignoriert hatte, als sie mit ihm darüber reden wollte, wie die Kugel nach Sankrist zu bringen wäre.
»Stimme«, sagte sie langsam und versuchte, die Verärgerung aus ihrer Stimme zu halten. »Ich habe es dir bereits gesagt.Wir können nicht bleiben. Hast du mir und Elistan nicht zugehört? Wir haben die Kugel der Drachen entdeckt! Wir verfügen über Mittel, die Drachen zu kontrollieren und diesem Krieg ein Ende zu bereiten!Wir müssen die Kugel nach Sankrist bringen . . .«
»Halt den Mund, Laurana!« fuhr ihr Vater sie an und tauschte mit Porthios einen Blick. Ihr Bruder musterte sie streng. »Du weißt nicht, was du sagst, Laurana. Die Kugel der Drachen ist wahrhaftig ein großer Gewinn und sollte hier nicht diskutiert werden. Außerdem kommt es nicht in Frage, die Kugel nach Sankrist zu bringen.«
»Entschuldigung, mein Herr«, sagte Derek und verbeugte sich, nachdem er sich erhoben hatte, »aber in dieser Angelegenheit habt Ihr nichts zu sagen. Die Kugel der Drachen gehört Euch nicht. Ich wurde von dem Kapitel der Ritter beauftragt, eine Kugel der Drachen zu finden. Ich war erfolgreich und beabsichtige, sie nach Sankrist zu bringen. Ihr habt kein Recht, mich aufzuhalten.«
»Haben wir nicht?« Die Augen der Stimme funkelten wütend. »Mein Sohn Gilthanas hat sie in dieses Land gebracht, das für uns Qualinesti unsere Exilheimat ist. Dadurch gehört sie rechtmäßig uns.«
»Ich habe sie nie für mich beansprucht,Vater«, sagte Gilthanas und errötete, als er die Blicke der Gefährten auf sich spürte.
»Sie gehört nicht mir. Sie gehört uns allen...«
Porthios warf seinem jüngeren Bruder einen wütenden Blick zu. Gilthanas stammelte etwas, dann fiel er in Schweigen.
»Wenn jemand überhaupt einen Anspruch auf sie hat, dann ist es Laurana«, erhob Flint Feuerschmied seine Stimme, keineswegs von den funkelnden Blicken der Elfen eingeschüchtert. »Denn sie war es, die Feal-Tas getötet hat, den bösen Elfenmagier.«
»Wenn sie ihr gehört«, konterte die Stimme, »dann ist sie rechtmäßig meine. Denn Laurana ist nicht volljährig – was ihr gehört, gehört mir, denn ich bin ihr Vater. Das ist Elfengesetz und auch Zwergengesetz, wenn ich mich nicht irre.«
Flint errötete. Er öffnete seinen Mund, um etwas zu erwidern, aber Tolpan kam ihm zuvor.
»Ist das nicht merkwürdig?« bemerkte der Kender fröhlich, der den problematischen Inhalt der Unterhaltung nicht mitbekommen hatte. »Nach dem Kendergesetz, falls es ein Kendergesetz
gibt , gehört alles allen.« (Das stimmte. Die nachlässige Einstellung der Kender zum Eigentum anderer bezog sich auch auf die Kender untereinander. In einem Kenderhaus blieb nie etwas lange, sofern es nicht am Boden festgenagelt war. Ein Nachbar würde
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