Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6
Wache aufmerksam geworden, die ihm schmerzhaft seinen Arm verdrehte und ihm zu schweigen befahl.
Der Lärm erstarb, die Menge wurde zurückgeschoben und drangsaliert. Als die Wachen sahen, daß alles unter Kontrolle war, wandten sie sich wieder den Gefangenen zu, um sie abzuführen.
Plötzlich stolperte Tanis und stürzte. Dabei stellte er seiner Wache ein Bein, die kopfüber in den Staub fiel.
»Hoch mit dir, Abschaum!« Fluchend schlug die andere Wache Tanis mit dem Griff einer Peitsche übers Gesicht. Der Halb-Elf sprang die Wache an, packte die Hand mit dem Peitschengriff, riß und zog mit seiner ganzen Kraft, und die plötzliche Bewegung ließ die Wache zu Boden gehen. Eine halbe Sekunde lang war er frei.
Er rannte nach vorn, sich der Wachen bewußt, sich auch Caramons erstaunten Gesichtes bewußt. Tanis warf sich vor die königliche Gestalt auf dem blauen Drachen.
»Kitiara!« schrie er, gerade als die Wachen nach ihm griffen. »Kitiara!« schrie er aus vollem Halse. Gegen die Wachen kämpfend, schaffte er es, eine Hand loszubekommen. Er riß seinen Helm vom Kopf und schleuderte ihn auf den Boden.
Die Drachenfürstin in der nachtblauen Drachenschuppenrüstung schaute sich um, als sie ihren Namen hörte. Tanis konnte
erkennen, wie sich ihre braunen Augen unter der entsetzlichen Drachenmaske vor Verblüffung weiteten. Er sah auch die feurigen Augen des blauen Drachen, die ihn finster anstarrten.
»Kitiara!« schrie Tanis. Er schüttelte die Wachen mit verzweifelter Kraft und schob sich weiter nach vorn.Aber Drakonier in der Menge warfen sich auf ihn, schlugen ihn zu Boden, hielten seine Arme fest. Dennoch kämpfte Tanis weiter, krümmte sich, um in die Augen der Drachenfürstin zu sehen.
»Halt, Skie«, sagte Kitiara, legte dabei ihre behandschuhte Rechte befehlend auf den Hals des Drachen. Skie hielt gehorsam an, seine Klauenfüße glitten leicht über die Pflastersteine der Straße. Aber die Augen des Drachen waren mit Eifersucht und Haß erfüllt, als er auf Tanis starrte.
Tanis hielt den Atem an. Sein Herz schlug pochend. Sein Kopf schmerzte, und Blut tropfte in ein Auge, aber er bemerkte es nicht. Er wartete auf den Schrei, der ihm sagen würde, daß Tolpan nicht verstanden hatte, daß seine Freunde versuchen würden, ihm zur Hilfe zu eilen. Er wartete, daß Kitiara hinter ihn sehen und Caramon, ihren Halbbruder, erkennen würde. Er wagte nicht, sich nach seinen Gefährten umzudrehen. Er konnte nur hoffen, daß Caramon genügend Verstand und Vertrauen zu ihm hatte und außer Sichtweite blieb.
Und jetzt kam der Hauptmann, sein grausames, einäugiges Gesicht vor Wut verzerrt. Er hob seinen gestiefelten Fuß, um gegen Tanis’ Kopf zu treten, um diesen aufdringlichen Störenfried ohnmächtig zu schlagen.
»Halt«, sagte eine Stimme.
Der Hauptmann hielt so plötzlich inne, daß er das Gleichgewicht verlor.
»Laßt ihn los.« Dieselbe Stimme.
Widerstrebend ließen die Wachen Tanis los und wichen auf eine herrische Geste der Finsteren Herrin hin zurück.
»Was ist so wichtig, Kommandant, daß du meinen Einzug unterbrichst?« fragte sie kühl, ihre Stimme klang hinter dem Drachenhelm tief und verzerrt.
Tanis stolperte auf die Füße, geschwächt, aber erleichtert,
den Kopf benommen von den Kämpfen mit den Wachen, und trat näher zu Kitiara. Als er näher kam, sah er ein amüsiertes Aufflackern in ihren braunen Augen. Sie genoß es, ein neues Spiel mit einem alten Spielzeug.Tanis räusperte sich und sprach kühn.
»Diese Idioten haben mich wegen Desertion verhaftet«, erklärte er, »alles nur, weil dieser schwachsinnige Bakaris vergessen hat, mir die notwendigen Papiere zu geben.«
»Ich werde dafür sorgen, daß derjenige dafür bestraft wird, daß er dir Schwierigkeiten gemacht hat, guter Tanthalasa«, erwiderte Kitiara. Tanis konnte aus ihrer Stimme das Lachen heraushören. »Wie kannst du es wagen?« fügte sie hinzu, zum Hauptmann gewandt, den sie finster anblickte. Er krümmte sich, als das behelmte Antlitz sich ihm zuwandte.
»Ich ...ich habe nur An ...anweisungen befolgt, meine Fürstin«, stotterte er, sich wie ein Goblin schüttelnd.
»Verschwinde, oder ich verfüttere dich an meinen Drachen«, befahl Kitiara gebieterisch mit einer Handbewegung. Dann streckte sie mit der gleichen anmutigen Geste ihre behandschuhte Hand nach Tanis aus. »Kann ich dir einen Ritt anbieten, Kommandant? Als Wiedergutmachung natürlich.«
»Danke, Fürstin«, sagte Tanis.
Tanis warf dem Hauptmann einen
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