Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6
Lächeln amüsierter Verachtung. Dann hatte er das Interesse an dem Halb-Elfen völlig verloren und sich seinen Sorgen gewidmet. Tanis sah, wie der Blick des Mannes zu Kitiara wanderte. Er wirkte nachdenklich. Es war der Blick eines Spielers, der über ein Spielbrett gebeugt saß, über seinen nächsten Zug brütete und die Absichten seines Gegners herauszufinden versuchte.
Voller Abscheu und Haß begann Tanis, das Schwert aus der Scheide zu ziehen. Selbst wenn sein Versuch, Laurana zu retten, scheitern würde, selbst wenn sie beide innerhalb dieser Mauern sterben würden, dann konnte er zumindest noch eine gute Tat in dieser Welt verrichten, indem er den Oberbefehlshaber der Drachenarmee tötete.
Aber als Ariakus hörte, wie Tanis sein Schwert zog, blitzten
seine Augen wieder zum Halb-Elfen zurück. Sein dunkler Blick durchbohrte Tanis’ Seele. Tanis spürte, wie er von der gewaltigen Macht des Mannes überwältigt wurde, sie schlug ihm entgegen wie die Hitze aus einem Kamin. Und dann traf die Erkenntnis Tanis wie ein Schlag, ließ ihn fast die Treppe hinunterstürzen.
Er wurde von der Aura der Magie umgeben . . . Ariakus war ein Zauberkundiger!
Blinder, idiotischer Narr! verfluchte sich Tanis. Denn jetzt, als er nähertrat, sah er um den Fürsten eine schimmernde Wand. Natürlich, deshalb hatte er keine Wachen! Seine eigene Magie beschützte ihn!
Und er war jetzt auf der Hut. Soviel konnte Tanis deutlich in den kalten, gefühllosen Augen erkennen.
Die Schultern des Halb-Elfen sackten zusammen. Es war aussichtslos.
Und dann: Schlag zu, Tanis! Fürchte nicht seine Magie! Ich helfe dir!
Die Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, dennoch so deutlich und so intensiv, daß Tanis warmen Atem an seinem Ohr zu spüren glaubte. Seine Nackenhaare sträubten sich, ein Schauer überlief seinen Körper.
Bebend blickte er sich um. Niemand war in seiner Nähe, niemand, außer Ariakus! Er war nur noch drei Schritte entfernt, finster blickend, offensichtlich ungeduldig, da diese Zeremonie immer noch kein Ende fand. Als er Tanis zögern sah, bedeutete Ariakus ihm mit einer gebieterischen Geste, sein Schwert vor seine Füße zu legen.
Wer hatte gesprochen? Tanis’ Augen blieben auf einer Gestalt neben der Königin der Finsternis haften. Sie war schwarz gekleidet, er hatte sie vorher nicht bemerkt. Jetzt starrte er sie an, sie kam ihm irgendwie vertraut vor. War die Stimme von dieser Gestalt gekommen? Wenn ja, dann ließ sie es nicht erkennen, weder durch ein Zeichen noch durch eine Bewegung. Was sollte er tun, fragte er sich hektisch.
Schlag zu, Tanis! flüsterte wieder die Stimme. Schnell!
Schwitzend und mit zitternder Hand zog Tanis langsam sein Schwert. Er befand sich jetzt auf gleicher Höhe mit Ariakus. Die schimmernde Wand der Magie umgab den Fürsten wie ein Regenbogen, der sich im schäumenden Wasser widerspiegelt.
Ich habe keine andere Wahl, sagte sich Tanis. Wenn es eine Falle ist, dann soll es so sein. Ich wähle diesen Tod.
Er gab vor zu knien, hielt sein Schwert am Knauf, um es auf die Marmorplattform zu legen. Unvermittelt hob er sein Schwert und ließ es in Richtung von Ariakus’ Herz schnellen.
Der Halb-Elf erwartete den eigenen Tod. Er biß die Zähne zusammen, als er zuschlug, machte sich auf den magischen Schild gefaßt, darauf, wie ein vom Blitz getroffener Baum vernichtet zu werden.
Und ein Blitz schlug ein, aber nicht auf ihn! Zu seiner Verblüffung explodierte die Regenbogenmauer und ließ sein Schwert durch. Er spürte es in Fleisch eintauchen. Ein heftiger Aufschrei des Schmerzes und der Wut betäubte ihn fast.
In Tanis’ Kopf explodierte eine Welle des Schmerzes. Verschwommen sah er sein Schwert neben sich fallen, rot von Blut. Einen Moment lang glaubte er, das Bewußtsein zu verlieren, und das würde seinen Tod bedeuten, seinen Tod und Lauranas Tod. Benommen schüttelte er den Kopf. Er mußte sich sammeln! Er mußte die Krone gewinnen! Er sah auf; Ariakus stand drohend über ihm. Er hielt die Hände hoch und bereitete sich auf einen Zauber vor, um Tanis’ Leben ein Ende zu setzen.
Tanis konnte nichts unternehmen. Er war hilflos gegenüber der Magie, und irgendwie wußte er, daß auch sein unsichtbarer Helfer ihm nicht weiterhelfen würde. Er hatte bereits bekommen, was er gewünscht hatte.
Aber so mächtig Ariakus auch war, es gab eine größere Macht, die er nicht besiegen konnte. Er würgte, seine Gedanken schwankten, die Worte der Magie gingen im unerträglichen Schmerz
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