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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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darüber nachgedacht. Wir müssen das Sommerfeld überqueren. Ich habe immer deutlicher das Gefühl, dass dort etwas auf uns wartet. Es war der Weg, den Lern und die anderen genommen haben als sie nach Drachall aufgebrochen sind. Sie haben dort etwas wichtiges entdeckt. Wichtig für alle Hürnin.“
    „ Wichtig? Wie kommst du darauf? War Kern wieder bei Sinnen?“
    „ Wichtig dafür herauszufinden, was mit Kern geschehen ist. Und vielleicht auch wichtig für alle Hürnin. Und nein, Kern war nicht wieder bei Sinnen. Aber er spricht im Schlaf.“, antwortete Sarn, nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, dass die anderen wirklich weit genug entfernt waren. „Er hat etwas von einem Tor auf dem Sommerfeld erzählt.“
    „ Was für ein Tor?“
    „ Ich weiß es nicht. Aber ich denke, dass wir versuchen sollten, dieses Tor zu finden.“
    „ Und die anderen haben nichts davon mitbekommen? Sirr schläft ja fast überhaupt nicht und der Halken hat manchmal auch keinen besonders tiefen Schlaf.“
    Sarn zuckte mit den Schultern. „Es macht keinen Unterschied. Es ist entschieden, wir werden das Sommerfeld überqueren und wenn wir darauf etwas finden umso besser.“
    Erich nickte, aber auf seiner Stirn lagen Falten. Sie waren erst wenige Tage unterwegs und schon gab es eine ganze Menge Geheimnisse unter ihnen. Das Geheimnis was Kern zugestoßen sein mochte, das Geheimnis warum Sirr sie begleitete und die kleineren Geheimnisse, die Sarn und der Halken vor ihnen verbargen. Es schien, als würden die Hürnin zwei Reisen gleichzeitig unternehmen: Eine nach Drachall und eine zu sich selbst, bei der sie vor den anderen weg in ihr eigenes Inneres liefen.
    Während ihre innere Reise immer mehr stockte, kamen sie auf ihrer äußeren Reise gut voran. Manchmal befand sich der See nur wenige Schritte von ihnen entfernt und sie konnten sich waschen, manchmal konnten sie ihn nur über die Büsche hinweg erahnen. Aber sie merkten sofort, als sie sein südliches Ende erreicht hatten und die Vegetation sich schlagartig änderte. Die Büsche wurden abgelöst von den kümmerlichen Kiefern, die sie bereits aus dem Moor kannten und vereinzelten Flecken Torfboden. Dahinter begann sich das Land zu wellen und die Bäume wuchsen höher und gerader. Bald führte sie die Straße durch einen lichten Mischwald, in dem sich allerhand Vögel und kleine Tiere herumtrieben. Neben massenhaft Insekten sahen sie vor allem Eichhörnchen und das ein oder andere Rotwild, aber wie alles Getier stets fern von der Straße. Außer ihnen wagte sich nichts Lebendiges in ihre Nähe. Trotzdem tat es gut nach langer Zeit wieder einmal Vogelgezwitscher oder das Summen einer Hummel zu hören, die die letzten Vorräte für den Winter sammelte.
    Sie waren jetzt froh um den Schatten der Bäume, denn nach dem Ende des Regens hatte die Sonne ihre Kraft noch einmal wiedergefunden und brannte nun erbarmungslos auf sie herunter. Da sich immer ein leichtes Lüftchen regte, merkten sie aber erst, wenn sie stehen blieben, wie sehr sie schwitzten. Deshalb hielten sie bei jedem noch so kleinen Rinnsal kurz an, um ihre Wasservorräte aufzufrischen und sich abzukühlen.
    Am Nachmittag stießen wir auf einen kleinen Pfad, der von der Straße abzweigte und weiter nach Osten führte. Auf ihm sahen wir im getrockneten Schlamm frische Radspuren von einem kleinen Karren, der von einem Esel gezogen worden war.
    Sie fragten sich, wer hier draußen in der Wildnis leben mochte, sahen aber keinen Grund, warum sie versuchen sollten das herauszufinden. Sarn nahm es als gutes Zeichen, dass hier so nahe am Sommerfeld jemand wohnte und noch nicht einmal Sirr konnte etwas dagegen einwenden. Dennoch ermahnte uns diese Entdeckung dazu stets wachsam zu sein und auf Überraschungen gefasst zu bleiben.
    Die meiste Zeit über gingen die Hürnin nach links und rechts ins Unterholz spähend schweigend hintereinander her und je näher wir dem Ort kamen, an dem Sigwar seine letzte Schlacht geschlagen hatte, desto stiller schien es um uns herum zu werden. In der Ferne war noch manchmal das Hämmern eines Spechts zu hören oder der Ruf eines Waldvogels, dann war es still. Auch mit der Straße ging eine deutliche Veränderung vor sich: Sie war längst nicht mehr so makellos wie bisher. Erst hatten kleine Gräser Halt zwischen den Steinplatten gefunden, weiter im Süden brachen Wurzeln die Fugen auf und schließlich war die Straße nur noch ein Band von Geröll, das sich durch den Wald zog, wie man es

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