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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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nach Hornhus gebracht hatte, die von einiger Tragweite waren.
    „Man kann es euch nicht verübeln. Die Zeit der kämpfenden Hürnin ist vorbei. Dieses Volk des Waldes ist nicht besser als jene Hürnin von Hornhus. Auch wir haben uns an den Rand der Welt zurückgezogen und bemühen uns allem Ärger aus dem Weg zu gehen. Wir sind vom gleichen Blut. Ihr seid unter unseren Bäumen willkommen. Wir bieten euch unsere Gastfreundschaft an. Missbraucht sie nicht! Unter den Ästen sind wir alle Wölfe, über ihnen sind wir Falken.“
    Sarn verneigte sich leicht und nahm die Einladung dankend an. Dann versuchte er ein zweites Mal mehr über diese Männer herauszufinden: „Wer seid ihr? Gibt es außer euch noch andere Hürnin außerhalb von Hornhus?“
    „Ja, jene gibt es. Oder zumindest gab es jene. Wir sind die Nachfahren der Männer und Frauen, die nach der Schlacht auf dem Sommerfeld nicht flohen, sondern in den Hügeln blieben.“
    Erich horchte auf. Lag darin vielleicht die Antwort auf seine Herkunft? Stammte er von einer weiteren versprengten Gruppe Hürnin, die sich irgendwo anders verbargen? Oder waren seine Eltern vielleicht sogar unter den Waldbewohnern zu finden? Sein Herz begann schneller zu schlagen, bis ihm einfiel, dass er keine Ähnlichkeit mit den dunkelhäutigen, schwarzhaarigen Männern hatte. Aber vielleicht war ja genau das der Grund, warum man ihn so weit von hier entfernt ausgesetzt hatte?
    „Warum seid ihr nie nach Hornhus zurückgekehrt?“, wollte Sarn wissen.
    Der Mann schüttelte den Kopf. „Es heißt, dass unsere Vorfahren das einmal versucht haben. Aber diese wurden abgewiesen. Als Verräter und Abtrünnige beschimpft. Und warum sollten wir zurückkehren, wenn wir hier unser Leben so führen können, wie es uns passt? Nein, wir haben mit jenem Hornhus nichts zu schaffen. Der Tag mag kommen, an dem wir uns dorthin zurückziehen müssen, aber das ist der Tag, an dem dieses Volk des Waldes seinen letzten Kampf führen wird.“
    „Aber wie könnt ihr hier überleben? Wie könnt ihr das Ritual vollziehen? Wohin bringt ihr eure Kinder und wie finden sie zu euch zurück?“
    Der Mann gab seinen Männern ein Zeichen, die daraufhin endgültig ihre Waffen sinken ließen und lautlos zwischen den Bäumen verschwanden. Nur eine Handvoll blieb, um sie zu begleiten.
    „Kommt mit und ihr werdet es sehen.“
    „ Wie ist dein Name?“, wollte Sarn wissen.
    „ Nennt mich Borken. Eure Namen kenne ich bereits, Sarn.“
    Sarn runzelte überrascht die Stirn. „Woher?“
    „Wir beobachten euch seit dem Moment an, in dem ihr diesen Wald betreten habt. Ihr seid nicht die einzigen, die in diesen Tagen diese Straße des Seelenfriedens benutzen.“, war Borkens Antwort. „Dein Freund Kern hat übrigens Recht: Ihr atmet so laut, dass man euch mit verbundenen Augen erschießen könnte. Aber sagt: Gehört er nicht zu denen, die vor zwölf Jahren schon einmal jenes Sommerfeld betreten haben?“
    Kern grinste bis über beide Ohren als er das hörte und Sarn nickte. „Ja, das stimmt. Kannst du uns mehr darüber sagen?“
    Borken verneinte. „Jene Gruppe, die damals durch unseren Wald kam, ist einem Pfad weiter im Westen gefolgt. Sie sind in großem Abstand an unserem Dorf vorbeigelaufen und es gab noch keinen Grund … Mein Vater hat sie beobachtet, aber keiner aus dem Waldvolk hat sich  jenen gezeigt.“
    Sarn dankte ihm für diese Auskunft und verfiel dann für eine Weile in nachdenkliches Schweigen. Auch Erich machte sich Gedanken. Diese Information war wieder ein kleines Steinchen mehr im Mosaik aus dem er seine Herkunft herauslesen wollte, aber noch immer konnte er darin kein klares Bild sehen.
    Hätte Borken uns nicht direkt in sein Dorf geführt, wären wir glatt daran vorbeigelaufen. Die Zelte und Baumhäuser verschmolzen so nahtlos mit der Umgebung, dass man schon schnurstracks in sie hineinlaufen musste, um zu bemerken, dass sie überhaupt da waren.
    Was uns aber sofort auffiel waren die Kinder. In Hornhus gab es kaum eines, das jünger war als zwölf oder dreizehn Jahre, aber hier kamen uns sofort ein Dutzend Kinder jeglichen Alters entgegengelaufen und starrten die Hürnin neugierig an. Und was uns ebenso sehr erstaunte waren die vielen Kranken und Missgebildeten. In Hornhus gab es ein oder zwei Hürnin, die von Geburt an nicht viel Verstand besaßen und die sich schon vom Aussehen her von ihren Eltern ziemlich unterschieden, aber hier gab es von diesen Leuten mehr als nur eine Handvoll. Ihre Stirn war

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