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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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sehen, obwohl diese Sonne noch am Himmel steht. Geht schnell. Geht sicher. Geht als Hürnin.“
    Sarn dankte Laubschatten und seinem Stamm und versprach wiederzukommen, wenn es ihnen irgendwie möglich sein sollte. Und er versprach die Existenz der Waldbewohner geheim zu halten. Laubschatten lächelte. „Tut das. Von nun an seid ihr für immer ein Teil von uns. Und dieser Tag mag kommen, an dem sich die Töchter und Söhne von Sigwar wieder um ein Feuer vereinen. Er mag noch fern sein, aber er mag kommen.“
    Sarn nickte und klopfte Laubschatten mit einer Umarmung auf den Rücken.
    Und so betraten wir das Sommerfeld indem wir die Schwelle, die Wehe genannt wurde überschritten. Sirr warf dem Halken einen prüfenden Blick zu, aber der schritt angespannt doch ohne zu Zögern über den Streifen, der Wald von Grasland trennte, hinweg.
    Wir bemerkten die Veränderungen, die damit einhergingen sofort. Es war hier viel wärmer als im Wald und die Luft schien dick wie Rauch, so widerwillig ließ sie sich durch die Nasen und Münder der Hürnin in die Lungenflügel ziehen. Außerdem war es schwierig weiter zu sehen als einige hundert Schritte, selbst wenn man durch das Kristallgefüge blickte. Wabernder Dunst lag in der Luft. Dennoch konnte man in der Ferne über dem Dunst fahle Strukturen ausmachen, die Türme oder auch nur Auswüchse des Nebels sein mochten, der sich nach allen Richtungen ausbreitete. Erich merkte, wie sich mit einem Mal die Erschöpfung in seinen Gliedern breit zu machen begann, dabei befanden wir uns immer noch beim Abstieg aus den Hügeln auf das eigentliche Schlachtfeld hinunter. Aber für die Hürnin fühlte es sich an, als würden sie einen steilen, rutschigen Hügel hinaufsteigen.
    Wir kamen an einigen Totenhügeln vorüber und an einem letzten einsamen Baum – einer Esche – dessen Blätter schwer von den Ästen herabhingen. Im Gegensatz zu den Bäumen, die wir zuvor gesehen hatten, war dieser Totenbaum von kräftigem Wuchs und schien geradezu unnatürlich gesund zu sein.
    Und dann begannen die Erscheinungen. Erich und die anderen zuckten bei der ersten plötzlich eintretenden Vision am stärksten zusammen und griffen instinktiv zu ihren Waffen, aber auch bei allen noch folgenden Gelegenheiten konnten sie sich nicht daran gewöhnen. Kein Wunder: Nichts was sie bisher erlebt hatten, vom Blutritual einmal abgesehen, war so unberechenbar wie das Sommerfeld. Nichts zehrte so sehr an den Nerven.
    Aus dem Nichts tauchte eine große Zahl von altertümlich gekleideten Reitern an ihrer Seite auf, die mit sich senkenden Lanzen auf einen Schildwall zu galoppierten, der sich ihnen entgegenstellte. Pfeile und andere Geschosse sausten durch die Luft und einige der Reiter stürzten. Aber die anderen setzten ihren Weg wie eine Flutwelle fort und brandeten auf die Schilde, die zurückgeworfen wurden um zwischen ihnen in den Boden gerammte Holzpfähle frei zugeben, die sich in die Flanken der Pferde bohrten und das Fleisch von den Knochen rissen. Die Woge bedeckte sich mit einer Gischt aus Blut und zersplitternde Lanzen spritzten wie Brandung umher. Dann verschwamm alles im Nebel.
    Die Vision hatte nur ein paar Sekunden gedauert und war in totaler Stille vorübergegangen, aber dennoch hatte Erich das Gefühl, dass ihm die Ohren vom Bersten der Lanzen und Schilde dröhnten und durch seine Beine die Vibrationen der zu Boden stürzenden Pferde bis in sein wild schlagendes Herz drangen. Auch die anderen steckten ihre Waffen erst nach einer ganzen Weile wieder weg, hielten sie aber weiterhin jederzeit griffbereit.
    Wie ein Wetterleuchten zuckten in schneller Folge weitere Bilder in der Ferne auf und nicht lange nachdem wir das Feld betreten hatten, schoss vor uns eine gewaltige Feuersäule in den Himmel und verschwand so schnell wieder, wie sie aufgetaucht war.
    Nur Kern blieb bei all den Erscheinungen um uns herum gelassen. Er sah aus wie jemand, der nur einen gemütlichen Spaziergang nach dem Essen macht.
    Wir waren etwa eine Stunde auf dem Schlachtfeld, als wir das erste Siegel fanden. Erst verschwand nach und nach das spärliche Gras, dann wurde die Erde hart wie Glas und schließlich sahen wir scharf in die glänzende Oberfläche geschnittene Linien und Zeichen. Im Kristallgefüge erzeugte dieses Siegel einen Strudel aus Energie, der es unmöglich machte zu erkennen, was genau es bewirken sollte. Ich konnte nur sehen, dass es nur eines von unzähligen Zeichen war, die über die ganze Ebene verteilt waren.
    Wir

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