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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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haben, wird er einen von ihnen am Tor zurücklassen und den anderen am Eingang zur Dämonenwelt, aber ich fürchte, er wird nichts dem Zufall überlassen wollen und sie beide mit hinüber nehmen. Wenn er so weit kommt sind sie für uns verloren. Warum? Weil ich ohne das Ritualmesser keinen Weg kenne einen Durchgang zu schaffen. Er? Er ist ein Magier, er braucht kein Messer. Er ist eines. Kommt schon, gehen wir.“
    Sarn zog die Decke um seine Schultern enger zusammen und zog eine Fackel aus einer Halterung an der Wand. Sie spendete nicht viel Licht, würde aber eine ganze Weile brennen. Mit langsamen aber stetigen Schritten machte sich Sarn auf den Weg nach draußen. Er schien sich nicht weiter für unsere Ziegenkörper zu interessieren, sie noch nicht einmal wahrzunehmen und ich fürchtete, dass nicht nur sein Körper gelitten hatte.
    Der glatte Boden bereitete ihm noch mehr Probleme als uns Dämonen, aber nach einem kräftezehrenden Abstieg erreichten wir wieder wohlbehalten den Innenhof. Schnaufend lehnte sich Sarn an das offene Burgtor und verfluchte den Magier, während er langsam wieder zu Atem kam. Von der Ziege, in deren Körper Nuur gesteckt hatte, war nichts zu sehen. Wahrscheinlich hatte sie sich irgendwo in der Burg nach einem Sturz den Hals gebrochen.
    Unseren eigenen Spuren folgend verließen wir den Burghof. Ich muss es meiner Erschöpfung und dem ungewohnten Bedingungen im Körper der Ziege zuschreiben, dass ich nicht bemerkte, dass wir dabei beobachtet wurden. Völlig arglos und nur um das Wohlergehen Sarns besorgt, machten wir uns an den Abstieg von der Burg in das Tal von Drachall hinab. Der Wind hatte teilweise immense Schneewehen zusammengetragen, die wir umgehen mussten und Sarn blieb immer wieder schnaufend und hustend stehen. Im Licht der Fackel, die es schwer hatte gegen den Wind zu bestehen, glitzerte sein Atem in der Luft wie Feuerodem und obwohl sein Körper zitterte, loderte in seinen Augen der Hass auf den Magier. Es dauerte nicht lange, bis wir auf die Spur stießen, die sich Drigg quer durch das Tal geschmolzen hatte und wir kamen um einiges schneller voran als zuvor. Drigg hatte von Burg Wacht aus einen Haken nach Norden geschlagen, der mich verwirrte, weil ich nicht begriff, warum er einen Umweg machen sollte, und war danach geradewegs auf den kreisrunden Höhenzug im Osten zu marschiert. Bei einer Rast untersuchten wir den Boden auf Spuren, aber auch wenn die Schneedecke weggeschmolzen war, konnte man in der harten Erde keine Fußabdrücke oder ähnliches erkennen.
    Ab und zu rissen die Wolken ein Stück auf, so dass ein paar Sterne oder die schmale Sichel des zunehmenden Mondes zu sehen waren, aber das Licht reichte bei weitem nicht aus, um vor uns mehr als die dunkle Schneise und die weißen Schneefelder zu ihren Seiten zu erkennen. An ein paar Stellen hatte das Feuer des Magiers Büsche oder vereinzelte Bäume in Brand gesteckt, was ich mit der empfindlichen Nase der Ziege gut riechen konnte, aber das musste schon einige Zeit her sein, denn in der Asche steckte keine Wärme mehr.
    Je länger wir unterwegs waren und desto höher die Felsen um Drachall herum vor uns aufragten, desto besser ging es Sarn. Ab und zu schob er sich ein Stück Eis in den Mund und irgendwann legte er sogar die Decke zusammen, die um seine Schultern gelegen hatte und schob sie sich unter seinen Gürtel. Die Fackel war inzwischen fast völlig herunter gebrannt und spendete kaum noch Licht, doch obwohl die aus einem Metallgeflecht auf einer armlangen Stange bestehende Konstruktion einiges wiegen musste, warf Sarn sie nicht weg. Erst als ich sah, wie Sarn die Fackel probehalber um sein Handgelenk kreisen ließ, begriff ich, dass er sie gerade deshalb nicht wegwarf. Die Fackel sollte ihm bei einer Konfrontation mit Drigg als Waffe dienen.
    Als ich das begriff, stellte sich mir aber die Frage, wie er hoffen konnte, nur mit einer improvisierten Keule bewaffnet mit einem Magier fertig zu werden. Wenn es uns nicht gelang Drigg irgendwie zu überraschen, hatten wir nicht den Hauch einer Chance etwas gegen ihn auszurichten. Egal ob Sarn durch einen Zauber geschützt war oder nicht. Drigg war kräftig genug um auch so mit Sarn fertig zu werden.
    Nach einigen weiteren Stunden machte die in den Schnee geschmolzene Schneise plötzlich wieder einen Knick, um einigen Felsbrocken auszuweichen und schlängelte sich dann im Zickzackkurs einen Weg hinauf, der vor vielen Jahren ein sorgfältig angelegter Fußweg gewesen sein

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