Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
Feind! Er hat versucht uns zu töten!“, rief Sarn und packte die Fackel fester. Erich schüttelte nur den Kopf. „Er hat meine Einwilligung. Er geht mit uns nach Drachall. Ich … ich denke ich brauche seine Hilfe.“
Der Wächter verbeugte sich und ich glaubte ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen.
„Nein! Das lasse ich nicht zu! Ich verbiete es!“, rief Sarn. Er schien kurz davor zu sein die Fackel erneut gegen Drigg zu erheben und ihn damit endgültig niederzuschlagen.
„ Dein Wort gilt nichts gegen den, in dessen Adern das Blut von Chiludes fließt. Es ist besser für dich in seiner Gegenwart zu schweigen, bis er das Wort an dich richtet. “
Sarn war wie vor den Kopf geschlagen und auch wir anderen waren ziemlich überrascht. Der Wächter wusste nicht nur, wer Erich war, er sah in ihm auch den wichtigsten Hürnin unserer kleinen Gruppe. Was mochte er noch über ihn wissen?
Bevor ich mir weiter Gedanken darüber machen konnte, schwang Sarn seine Fackel gegen den Kopf des Magiers. Ich sah, wie eine Kristallspitze in der Nähe aufleuchtete und die Fackel in einem gleißenden Lichtblitz verdampfte. Es stank nach verkohltem Holz und glühendem Metall. Gleichzeitig verlor Sarn den Halt auf den Steinplatten, rutschte aus und kam schlitternd einen Schritt von Drigg entfernt zu liegen.
„ Das Wort von Chiludes ist Gesetz. Brich es und du stirbst. “, sagte der Wächter ohne Mitleid. „ Das war die letzte Warnung. Geh jetzt ! “
Mit schmerzverzerrtem Gesicht und zerrissenem Umhang zog sich Sarn hoch, öffnete kurz seine aufgeplatzten Lippen, so als ob er etwas sagen wollte, wandte sich dann aber wortlos ab um zu gehen. In seinem Gesicht war deutlich der Zorn und der Schmerz geschrieben, den er empfand. Vielleicht auch seine Verwirrung. Ein letztes Mal blieb er stehen, um Erich einen Blick zuzuwerfen, aber der stand wie versteinert da, unfähig etwas zu sagen oder auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Sarn spuckte Blut und Speichel auf den Boden und verschwand dann fluchend zwischen den Steinplatten, die nun das durchscheinende Torhaus von Drachall trugen.
Erst jetzt erwachte Erich wie aus einem schlechten Traum und wollte Sarn folgen, um ihn zurückzuholen, aber er konnte noch nicht einmal die Hand heben, bevor er von einer ganzen Serie von Visionen getroffen wurde. Die erste kam so schnell, dass sich Erich einige Augenblicke lang nicht bewusst war, dass er seinen Körper überhaupt verlassen hatte. Er steckte immer noch in einem menschlichen Körper, zumindest stimmte das Gefühl damit überein und die Perspektive und auch das Wahrnehmungsspektrum passten. Sogar die Umgebung hatte sich nicht sehr verändert. Erich blickte aus einiger Entfernung auf die Ausläufer des Felsenrings um Drachall. Eine Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit und als er den Kopf wandte, sah er, wie Sarn sich einen Weg hinunter ins Tal bahnte. Gleichzeitig wurde er sich bewusst, dass er von einer Schar Bewaffneter flankiert wurde, die mit ihren Armbrüsten auf Sarn anlegten, sobald sie ihn bemerkten. Ohne lange darüber nachdenken zu müssen, wusste er, dass es sich dabei nur um die Hürnin handeln konnte, die vor zwölf Jahren nach Drachall aufgebrochen waren und dort vom Pakt abfielen. Und Erich steckte im Körper von einem von ihnen. Die Verräter mussten hier all die Jahre ausgeharrt haben, um ihre Aufgabe das Tor nach Drachall zu öffnen doch noch zu erfüllen. Oder steckte etwas anderes dahinter?
Ich begriff erst später, wie Erich es anstellte Sarn zu retten, denn es ging alles schneller als ich begreifen konnte. Erich feuerte seine Armbrust auf einen der Männer neben ihm, zog einen Dolch und stach wie ein wütender Skorpion auf die anderen ein, die ihm nahe genug waren. Dann wurde er plötzlich von einer unglaublichen Kraft in den Rücken getroffen, durch die Luft gewirbelt und blieb am Boden liegen.
Ein Stier so rot wie Kupfer und mit flammendem Haar bedeckt galoppierte mit donnernden Hufen erneut auf ihn zu und durchbohrte seinen am Boden liegenden Körper ein weiteres Mal mit den Hörnern. Blut spritzte und Erich schwang seinen Dolch zu einem letzten Stich ins Gesicht des Stiers, bevor er seinen Körper wieder verließ.
Er kam an einem Ort zu sich, den er bereits kannte. Vor den Mauern einer Stadt tobte eine Schlacht und nicht weit davon entfernt konnte Erich schwarze Äste sehen, die sich wie ein Geschwür in den Himmel reckten. Er war vor Lazara und die Peregrin hatten endlich den Frontalangriff auf den
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