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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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musste den Vorwurf in meiner Antwort bemerken, denn ich hatte mir keine Mühe gegeben ihn zu unterdrücken aber er ging nicht darauf ein.
    „ Du hast gesagt, dass Erich sich dagegen gewehrt hat, dass du von ihm Besitz ergreifst. Hat er das schon einmal gemacht? “
    „ Ja, er hat mir gesagt, dass er es nicht mag. Er … “
    „ Sorge dafür, dass sich das ändert. Wenn er schläft ist die beste Gelegenheit dafür. “
    „ Wenn er schläft? Ich soll ihn ohne sein Wissen … “
    „ Du hast mich verstanden. Jetzt geh zu ihm zurück. “
    Das war das Ende unserer Unterhaltung.
    Mit hängendem Kopf verließ Erich wenig später das Haus der Menschen, um mit Sarn zu dessen Behausung zurückzukehren. Sarn war alles andere als glücklich über die ganze Angelegenheit. Zwar musste auch er zugeben, dass Erich sich nichts hatte zu Schulden kommen lassen, aber sie konnten die Blicke der Hürnin sehen die ihnen begegneten und ihre Schlüsse daraus ziehen. Erich hatte etwas getan, das den anderen Angst machte. Hinzu kam, dass ich nicht widerstehen konnte und Arogs Rat befolgte. Ich begann mit Erichs Körper nächtliche Streifzüge durch Hornhus zu unternehmen, während er schlief. Es bereitete mir anfangs tatsächlich eine gewisse Freude seinen Körper ganz für mich zu haben und schon in der dritten Nacht hatte ich ihn so gut unter Kontrolle, dass ich erst wieder zurückkehren musste, als der Morgen graute und Erich kurz davor war aufzuwachen.
    In dieser Nacht lief uns auch Sarn über den Weg. Er hatte einen weiten Mantel um sich geschlungen und seinen Hut tief ins Gesicht gezogen, aber ich erkannte ihn trotzdem an der Art wie er sich bewegte. Einen Moment zögerte ich, doch dann lenkte ich Erichs Schritte in eine neue Richtung, damit wir Sarn in einiger Entfernung folgen konnten.
    Er führte uns in ein Viertel der Stadt, das direkt an die Außenwand der Stadt grenzte. Über einen schmalen Pfad gelangten wir bis zu einer Hütte, die wie ein Schwalbennest am schwarzen Fels klebte. Ich konnte hören, wie Sarn vor Anstrengung keuchte und hoffte dass sein Dämon uns nicht entdecken würde. Dass ich mich in Erichs Körper aufhielt, gab mir ein wenig Deckung und verbarg im Kristallgefüge einen Großteil meines Lichts. Aber ich konnte weder mich noch Erich unsichtbar machen.
    Als Sarn die Luke erreichte, die ins Innere der Hütte führte, wurde diese geöffnet und ohne ein Wort zu sagen trat Sarn ein. Für einen Augenblick konnte ich im fahlen Mondlicht eine scharf geschnittene Nase und zwei erblindete Augen erkennen. Ich wusste mit wem Sarn sich traf! Der Blinde konnte niemand anderes sein als Kelra Ke, der Vogelmann.
    Erich hatte in den Archiven von den Vogelmenschen erfahren. Früher hatte nicht nur Hornhus gleich mehrere von ihnen, nein in jeder größeren Stadt gab es mindestens einen, der dafür sorgte, dass Nachrichten schnell und sicher weitergegeben werden konnten. Anfangs hatte man die Vogelmenschen durch einen Wettbewerb ermittelt, in dem junge Männer und Frauen Taubeneier unbeschadet von einer längst zerstörten Felsnadel über Hornhus hinunter in die Stadt bringen mussten, später wurde die Kunst Tauben zum Transport von Botschaften abzurichten in den Familien weitergegeben und nun gab es nur noch Kelra Ke. Sein zerschlissener Mantel war besudelt vom Kot der Tauben, die mit ihm in der baufälligen Hütte lebten. Ich konnte es genau sehen, weil mir ein kleiner Felsvorsprung erlaubte durch eine Ritze ins Innere der schäbigen Hütte zu schauen. Auch durch den Fels, an den die Hütte gebaut war, zog sich ein Riss und durch ihn hindurch konnte man die Sterne außerhalb von Hornhus sehen.
    Es hatte mich einige Zeit gekostet meine Spähposition lautlos zu erreichen, doch Kelra Ke war kein hastiger Redner. Er sprach leise und langsam. Doch Sarn zeigte keine Ungeduld. Er schien sogar großen Respekt vor diesem seltsamen Mann zu haben. Und nicht nur deshalb, weil er auch einer der Unsichtbaren war.
    „Der Junge wird dir kein Glück bringen.“, sagte Kelra Ke gerade, während er eine Taube streichelte, die sich auf seinem Oberschenkel niedergelassen hatte. Immer wieder flatterte einer der Vögel auf, um durch die Spalte in die Nacht hinaus zu fliegen oder kehrte von dort zurück. „Die ganze Stadt spricht vom Leichenwurm und den Pförtnern. Bist du dir im Klaren darüber, dass du dabei bist, auch noch den letzten Einfluss auf die Hürnin zu verlieren? Wenn du meinen Rat hören willst, dann schick den Jungen fort.“
    Sarn

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