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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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kam dieser vernichtende Angriff durch den Magier und wenig später die katastrophale Expedition nach Drachall, bei der alle Hürnin bis auf Kern den Tod gefunden hatten. Und sein Dämon konnte noch nicht einmal sagen, was eigentlich passiert war, zumindest stand es so in den Archiven. Laut Protokoll erinnerte er sich noch daran, dass sie die Stadt durch einen der Tunnel betreten hatten, aber danach waren alle Erinnerungen aus seinem Gedächtnis ausgelöscht. Es kehrte erst wieder zu dem Zeitpunkt zurück, als er sich mit einem mehr toten als lebendigen Kern in einem der Tunnel wiederfand und mit ihm den langen Rückweg antrat.
    Er hatte versucht Kern dazu zu bewegen umzukehren und herauszubekommen, was mit den anderen passiert war, aber der war schnurstracks nach Hornhus zurück gelaufen. Ein weiteres Mysterium war die Frage, wie Kerns Dämon seine Kräfte verlieren konnte. Vielleicht lag es daran, dass Kern in seinem geschwächten Zustand nicht mehr genug Kraft für seinen Dämon hatte, aber mit Sicherheit konnte das niemand sagen.
    Wir hatten ein ähnliches Schicksal zu tragen. Wie ich war Kerns Dämon ein Ausgestoßener, aber das war für ihn lange noch kein Grund eine Annäherung zuzulassen. Wie die anderen Horndämonen auch weigerte er sich mit mir zu sprechen. Dafür sprach Kern nun um so mehr.
    Sein Verstand war an den Ort zurückgekehrt, an dem zwölf Hürnin, darunter ihr Anführer Lern, den Tod gefunden hatten. Aber es war noch immer nicht klar, mit wem er zu sprechen glaubte.
    „Iss, so lange wir noch Zeit haben.“, sagte er zu Erich und deutete auf den Apfel. „Die Verräter werden nicht lange mit ihrem Angriff warten und wenn wir nicht siegen können, werden wir die Beine in die Hand nehmen und unsere Lungen in die Wolken hängen müssen.“
    Erich biss ein Stück aus dem Apfel heraus und schluckte es herunter ohne zu kauen.
    „Was machen wir … hier?“
    Kern lächelte. „Wir befreien die anderen.“
    „Die anderen? Welche anderen?“
    Kern sah ihn mitleidig an. „Die anderen Hürnin natürlich. Die Gefangenen von Drachall.“
    Erich öffnete seinen Mund und klappte ihn wieder zu. Er war offensichtlich mit der Situation überfordert, also stellte ich an seiner Stelle die nächsten Fragen:
    „ Wer ist in Drachall gefangen? Von wem? Wie viele sind es? Und wie lange schon? “
    Kern ignorierte mich. Schlimmer noch, er bekam wieder einen seltsamen Ausdruck im Gesicht. Aber es war kein Ausdruck des Wahnsinn, sondern einer des Staunens. Eines Staunens, das mit Trauer vermischt war.
    „Wer bist du, Dämon? Ich kenne dich nicht. Freund oder Verräter? Du … Wir sind gar nicht in Drachall! Wir sind in Hornhus.“, sagte Kern mit brechender Stimme. „Wir müssen zurück zum Tor. Wir müssen …“
    Jetzt war es so weit. Jetzt sackte Kerns Körper in sich zusammen und er begann wie von Sinnen mit den Händen in der Erde zu graben. Noch ein letztes Mal raffte er sich auf und umklammerte Erichs Unterarme.
    „Du musst … ich … der Rat! Ich muss zurück nach Drachall!“
    Dann war es vorbei. Kern ließ Erich los und schüttelte den Kopf als wäre er gerade gegen eine Mauer gelaufen. Dann sah er den angebissenen Apfel in seiner Hand und bückte sich schnell, um seine Harke aufzuheben …
     
    Diesmal war die Angelegenheit ernst genug, dass Erich persönlich und ohne Verzögerung vor den Rat gerufen wurde. Kern hatte so laut Zeter und Mordio geschrien, dass halb Hornhus zusammengelaufen kam, um zu sehen, was im Apfelhain vor sich ging. Erich hatte es gerade noch geschafft sich hinter einer Tür in Sicherheit zu bringen und musste dort ausharren, bis man den immer wieder „Apfelfrevler! Dieb!“ brüllenden Kern weggezerrt hatte und wieder einigermaßen beruhigen konnte.
    Erich war von der unmittelbar darauf folgenden Mitteilung, dass er vor den Rat gerufen wurde, ebenso geschockt wie Sarn. Der Rat duldete keinen Aufschub. Zuerst glaubte Sarn wie der Rest der Hürnin im Geburtshaus auch, dass der Vorwurf lauten würde, dass Erich dabei erwischt worden war, wie er einen der Äpfel gegessen hatte – was er ja auch getan hatte – aber es stellte sich schnell heraus, dass mehr dahinter steckte als nur der Diebstahls eines Apfels.
    Der Rat trat noch am gleichen Tag zusammen und sprach in Gestalt von Bern unverzüglich sein Urteil aus: Verbannung.
    Die neun Mitglieder saßen mit finsteren Mienen an dem runden Tisch, der in blauen Einlegearbeiten die Speichen eines Rades zeigte, während Erich, Sarn und Kern

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