Die Chronik des Eisernen Druiden 1: Die Hetzjagd (German Edition)
höllischer Cremelutscher. Sein Widerschein leuchtete die Wiese ziemlich gut aus, daher blieb ich etwa fünfzehn Schritte nördlich von Snorris hingestreckter Gestalt in der Dunkelheit stehen und verschaffte mir einen Überblick über das Szenario.
Die Werwölfe hatten bereits drei Hexen außer Gefecht gesetzt und waren gerade dabei, eine dritte unschädlich zu machen, hatten jedoch selbst auch Verluste hinnehmen müssen. In der Nähe der Leichen der Hexen sah ich drei blutende Werwölfe am Boden liegen. Schwer zu sagen, ob sie noch am Leben oderbereits tot waren. Die Hexen hantierten erschreckend schnell mit ihren Dolchen, vielleicht verwendeten sie den Geschwindigkeitszauber, den Malina mir angeboten hatte. Es waren nur noch zwei Hexen übrig – Emily und Radomila. (Malina und die anderen aus dem Zirkel waren nirgendwo zu sehen, also hatte sie am Telefon die Wahrheit gesagt.) Allerdings würde Radomila eine echte Herausforderung für die Werwölfe darstellen: Sie skandierte einen Fluch aus dem Inneren eines Käfigs, der auf der von den Gefangenen abgewandten Seite der Hütte stand und dessen Gitter ohne Zweifel mit Silber beschichtet war. Die Werwölfe würden nicht in ihre Nähe gelangen können.
Emily dagegen hatte keinen solchen Schutz, und sie riss ihre Barbie-Puppen-Augen noch weiter auf als üblich, als ihr klar wurde, dass sie das nächste Beißspielzeug der Wölfe war. Sie stand auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung, kaum sichtbar zwischen den Sykomoren neben der Hütte, und schien nicht die Absicht zu haben, bis zum Letzten zu kämpfen und zu sterben wie ihre Schwestern. Noch während ich das dachte, drehte sie sich um und rannte in den Wald, was die Werwölfe geradezu zur Verfolgung einladen musste, so in Rage wie sie waren.
Aber dann sah ich, dass nicht nur Feigheit, sondern auch Cleverness dahintersteckte. Sie würde das Rudel hinaus in den Kreis der Fallen locken, die immer noch aktiv waren, und die Werwölfe würden sie erneut auslösen. Gunnar, dessen Wolf die Jagd anführte, wurde das gerade noch rechtzeitig bewusst, denn er blieb abrupt stehen und befahl dem Rudel ebenfalls anzuhalten. Die Wölfe verharrten und knurrten die Dunkelheit an, die Emily verschluckt hatte, enttäuscht über die entkommene Beute, aber auch unwillig, die Wiese zu verlassen, jetzt da die Befreiung ihres Rudelgenossen in greifbarer Nähe lag.
Es war an der Zeit einzugreifen. Das Rudel konnte jetzt nichts mehr ausrichten – ich bezweifelte ernsthaft, dass dieWerwölfe einen Angriff auf AENGHUS ÓG lange überleben würden. Ich zweifelte auch, ob es mir viel anders ergehen würde, aber ich hatte einen Funken Hoffnung.
Meine Nemesis stand im orangefarbenen Schimmer des Höllenfeuers, das er heraufbeschworen hatte, blickte nach Westen und steckte von Kopf bis Fuß in einer silbernen Rüstung. Diese trug er nicht etwa meinetwegen. Er wusste, wenn es mir gelang, seine Abwehr zu durchbrechen, würde Fragarach seinen Panzer aufschlitzen wie Papier. Die Rüstung stellte einen Schutz gegen die Werwölfe dar, falls sie die Hexen überwinden sollten – was ihnen praktisch gelungen war, jetzt da Emily in den Wald geflüchtet war und Radomila immer noch Hexenflüche skandierte, aber ohne sichtbaren Effekt.
AENGHUS hatte einen griechisch-korinthischen Helm auf, der aus einem Stück geschmiedet war und kein Visier erforderte. Dieser gewährte ihm ein großes Sichtfeld und gute Frischluftzufuhr, gleichzeitig wäre es für einen Werwolf aber ausgesprochen schwierig, eine Pfote hineinzuzwängen oder unter dem tief herabgezogenen Wangenschutz seine Kehle zu packen. Und selbst wenn das gelingen sollte, wurde AENGHUS ’ Hals von einem massiven silbernen Ringkragen geschützt. Außerdem trug er ein Kettenhemd, das ihm bis über die Knie reichte; also keine Chance, schnell nach seinen Oberschenkelmuskeln zu schnappen. Fußgelenke sind normalerweise nur schwer gegen Angriffe von hinten zu schützen, doch da er wusste, er würde es mit einem Rudel Werwölfe zu tun bekommen, die sich bevorzugt auf die Achillessehnen stürzten, trug er – in einer surrealen Mischung aus mittelalterlicher Rüstung und Spaghetti-Western – große silberne Sporen, und die Rückseiten seiner Waden waren mit Stacheln bewehrt.
Angesichts dieser Vorkehrungen war klar, dass er zu keinem Zeitpunkt mit mir allein gerechnet hatte, ebenso wenig wie die Hexen. Von Anfang an hatte er das Tempe-Rudel in seine Planungenmit einbezogen – und diese mussten vor
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