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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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sie mit dem Bericht fertig war, pochte es wieder in ihrer rechten Schläfe, wie wenn einer ihr einen Hieb versetzt hätte. Doch Ivor sah nicht mehr aus, als sei ihm das Blut zu Eis erstarrt.
    Er verneigte sich. »Gibt es sonst noch etwas, Hofmeisterin?«
    Sie überlegte, ob sie ihm etwas von dem Schatten sagen sollte, den sie auf Arrés Geheiß hin auf Kim Batto angesetzt hatte. Doch nein, das ging Ivor nichts an, und es würde ihn nur noch mehr beunruhigen, wenn er davon wüßte. Das bißchen Sicherheit, das er in sich gefunden haben mochte, war recht gefährdet, und sie wollte nicht daran rühren, ehe es nicht stärker geworden war. »Das war alles, Hauptmann. Abtreten!«
     
    Zwei Stunden vor Sonnenuntergang war der Waffenhof voll. Als Paxe aus ihrer Kate kam, zählte sie vierzig Mann hinter der Umzäunung. Die Tageswache war zum großen Teil da, und die Spannung angestauter Erregung war erdrückend wie die aufgeladene Luft vor einem Gewitter. Sie fragte sich, wie sich die Nachricht so schnell hatte verbreiten können.
    Einige Soldaten hatten sich zu Fechtkreisen aufgestellt. Doch als Paxe auf den Platz trat, lösten sich die Kreise auf. Alle Soldaten drehten sich zu ihr hin. Die Tür zum Waffenschuppen war – selbstverständlich – verschlossen. Sie fing Kalebs Blick auf – er überquerte den Platz und stellte sich an ihre Seite. »Wir haben nicht genug sejis für alle«, sagte sie. »Wer hat die Männer herbefohlen?«
    »Ich nicht!« Er fischte den Schuppenschlüssel aus der Tasche, und Paxe schloß auf. Da lagen die Schwerter auf den Gestellen. Paxe hob eines, dann ein zweites herab. Sie reichte das eine Kaleb.
    »Erinnerst du dich denn noch?« fragte sie lächelnd. »Es ist eine lange Zeit her, seit der Wüste.«
    Seine Zähne blitzten in der schattendunklen Hütte hell auf. »Ich erinnere mich.«
    Als sie wieder in die Sonne traten, hörte man, wie die versammelten Wachen wie ein Mann tief Luft holten. Paxe zeigte willkürlich auf die Männer. »Du da! Postiere dich am Hoftor. Niemand, der nicht die Med-Farben trägt, darf hereinkommen!«
    Enttäuschung kroch in dem Gesicht des Soldaten herauf, den sie bestimmt hatte, doch er verbeugte sich schweigend und marschierte zum Tor.
    Paxe drehte sich auf dem Absatz um, so daß sie Kaleb genau gegenüberstand. »Zeigen wir ihnen mal ein bißchen was«, sagte sie. »Ganz langsam.«
    Er senkte die Spitze der hölzernen Waffe zum Gruß und nahm die Kampfposition ein. Sie eröffnete, und er parierte den Stoß. Sie fiel ein zweitesmal gegen ihn aus, und wieder parierte er und griff sie dann an und zwang sie, außer seiner Reichweite zu springen. Die Angriffs- und Verteidigungsschwünge bildeten ein Muster, das sie beide kannten: es war das naiga, eine Folge genau vorgeschriebener Stöße und Abwehrparaden, wie sie sie von Tyré gelernt hatte, um sie dann, in der Wüste, ihrerseits Kaleb beizubringen. Dieses besondere naiga bestand aus fünfundzwanzig Schritten.
    Schlag, Schlag, Stoß, Parade, Schritt zurück, Hieb gegen die Beine. Während sie abdeckte, merkte sie, daß ihr die Brust beklemmt wurde: sie atmete falsch. Sie zwang sich, im Rhythmus ihrer Stöße auszuatmen. Haff – Haff. Beim vierzehnten Schritt des Tanzes strauchelte Kaleb, Paxe unterlief seine Deckung, schlug seine Schwerthand beiseite und zurück und legte ihn mit einer Bewegung, die sie im Besitz seiner Waffe ließ, zu Boden. Er rollte ab und kam knapp außerhalb ihrer Reichweite wieder auf die Beine.
    Paxe kniete nieder und schob ihm sein Schwert mit dem Griff voraus wieder hin. Er nahm es auf, wobei er bemüht war, die Schneide nicht mit den Fingern zu berühren.
    Paxe sagte in ein Schweigen hinein, das so dicht war, daß sie es fast zu riechen meinte: »Die erste Regel des Schwertkampfes lautet: Du gehst mit dem hölzernen Schwert genauso um, als wäre es nicht aus Holz, sondern aus Stahl. Berührt also niemals die Spitze oder die Schneide der Klinge mit der Hand. Spielt niemals damit herum und erlaubt auch anderen nicht, damit herumzuspielen, wenn ihr dabei seid.«
    Die Soldaten drängten sich enger heran. Ein paar nickten. Sie sprach weiter: »Das hier ist ein kyomos, also ein Kurzschwert. Es unterliegt nicht dem Bann und darf also laut Gesetz benutzt werden. Allerdings ...« – sie brach ab, um ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Kommende zu lenken – »ist derzeit der Gebrauch des Kurzschwerts, wie der eines Speers, den regelrecht ausgebildeten Wachsoldaten vorbehalten und darf nur auf dem

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