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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Schwerter schwangen, auf und nieder, wobei sie in Hüfthöhe beim Abwärtshieb innehielten. Das Vorhandensein einer Wache am Tor hätte sie vorwarnen sollen, sagte sie sich. Ein Junge schwankte mit einem Eimer an ihr vorbei. Er stellte den Eimer ab und spritzte Wasser auf den aufgewirbelten Staub des Hofes. Die Schwerterreihe schwang nach oben. Die Soldaten gaben vor, sie nicht zu sehen. Ein Mann fing ihren Blick auf. Er war ein hochgewachsener Mann, hellhäutig, mit rötlichbraunem Haar, und er trug Seide, nicht die übliche Baumwollkleidung. Am rechten Mittelfinger trug er einen goldenen Ring.
    Sie hätte gern gewußt, wer der Mann war. Im Med-Hof trug kein Mensch Ringe, nicht einmal sie. Der Mann sah, daß sie ihn betrachtete, und lächelnd hob er seine Waffe und zog sie in einem scharfen, sauberen Hieb nach unten. Als die Waffe den tiefsten Punkt erreicht hatte, war sein Körper fast zusammengeklappt. Seine Hand zitterte nicht.
    »Eins – und zwei – und drei und vier!« Eine Frauenstimme zählte den Takt mit. Paxe beobachtete den Kastanienroten und gelangte zu dem Schluß, er sei möglicherweise einer der jüngeren Brüder Ismenin. Scharfe Klingen sah sie nirgendwo. So wartete sie, und eine kleine Weile später erschien Dobrin. Er trug graue Baumwolle, und seine Kleidung war schweißgefleckt. In seinem Schnurrbart war mehr Weiß, als sie erinnerte, doch davon abgesehen, sah er wie immer aus.
    »Sei willkommen«, sagte er.
    »Ich danke dir, daß du mich auf deinen Hof läßt«, antwortete Paxe.
    Er runzelte die Stirn. Seine grauschwarzen Brauen zogen sich zusammen. »Man hätte dich nicht warten lassen dürfen. Der Befehl sollte nicht für dich gelten.«
    Die Schatten der Holzschwerter tanzten über dem Staub.
    »Ich möchte unter vier Augen mit dir reden, Dobrin!«
    »Worüber?« fragte er.
    Paxe streifte ihn mit einem Blick. Er beobachtete seine Männer mit leidenschaftslosem Gesicht. Sie bewunderte seine Gelassenheit. »Über einen Mann in deiner Wache«, sagte sie. »Der Name ist Lyrith.«
     
    Dobrin bat sie in sein Haus. Es war sogar noch weniger üppig möbliert als das ihre. Dobrin hatte nie geheiratet, erinnerte sich Paxe, und wahrscheinlich war dies einer der Gründe für die spartanische Einrichtung; die Kinder, die er möglicherweise gezeugt hatte, waren in den Häusern ihrer Mütter geblieben. Das Vorderzimmer verfügte über keine Stühle, es gab nur Kissen und einen niedrigen Tisch, auf dem in einer Kupferschale ein Zweig mit rosa Blüten lag. Wände und Fußboden waren kahl.
    Paxe ließ sich auf ein Kissen nieder. Dobrin ging in die Küche und holte zuerst Wasser, dann einen Teller mit fetuch und eine kleine Lackschale mit Salz. Sie streuten Salzkörner auf die knackigen grünen Stengel und aßen. Daß sie gemeinsam aßen, verlieh der Begegnung einen freundlichen Hauch von Zeremoniell. In der östlichen Wand des Zimmers hockte in einer Nische ein weißes Tonbild des Wächters. Darunter stand auf einem Bord ein weiterer Blütenzweig. Als sie alle Fetuchstengel gegessen hatten, trug Dobrin den Teller und das Salzgefäß zurück in die Küche. Dann setzte er sich auf sein Kissen und faltete die Hände im Schoß.
    »Es ist lange Zeit her«, begann er, »daß wir gemeinsam gegessen haben.«
    Paxes Mundwinkel zuckten. Ganze sechs Stengel Fetuch! »Also darum bleibst du so schlank!« sagte sie.
    Dobrin lächelte. »Du wünschst mit mir über Lyrith zu sprechen«, soufflierte er.
    »Ja«, antwortete sie. Durch Dobrins Fenster konnte sie noch immer das Zählen der Übungsstöße hören. Sie wünschte sich, daß sie nicht gerade dem Wächter direkt hätte gegenübersitzen müssen; das Bildnis schien sie zu beobachten, schien ihre Gedanken zu lesen, bevor sie sie aussprechen konnte, genau wie es die Hexer im Tanjo taten, jedenfalls einige davon.
    »Als ich heute morgen nach meiner Runde in meinen Hof zurückkam«, begann sie, »fand ich dort einen meiner Männer mit einem Schwert vor. Einer scharfen Klinge. Ich habe sie ihm abgenommen. Ich fragte ihn, wo er sie herhabe. Er gestand mir, daß Lyrith aus diesem, eurem Haus hier sie ihm gegeben oder verkauft hat. Ich weiß nicht, was von beidem.«
    Dobrin sagte gleichmütig: »War die Waffe gezeichnet?«
    »Sie trug das Fischemblem auf dem Dorn.«
    Dobrin ballte die Hände zu Fäusten und löste sie wieder. Er stand auf und trat an die Tür, riß sie auf, und seine Stimme schnitt messerscharf in die Kadenz der Zahlenrufe. »Gavriénna!«
    Die Frau hörte zu

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