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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Wimpern waren sehr hell, aber sehr lang. Sie waren so lang, daß ihr Gesicht dadurch zerbrechlich wirkte. »Das ist eine lange Fahrt. Warst du denn allein?«
    »Zuerst nicht, dann schon.«
    »Sowas würde ich auch gern machen«, sagte Kedéra und warf ihrer Mutter einen Blick zu. »Auch so eine Fahrt, irgendwann einmal.«
    »Wohin würdest du fahren wollen?« fragte Sorren.
    Kedéras Kinn schob sich herausfordernd vor. »Nach Westen. In die Berge.«
    Merith sagte trocken: »Es wäre besser für dich, wenn du nach Süden gingest. Nach Nuath.« Sie erhob sich gleitend von der Bank. »Sorren, ich bin sicher, dein Badewasser ist inzwischen heiß. Laß mich dir dein Zimmer zeigen!«
    Kedéra sagte: »Ich bring dich hin!«
    »Nein!« sagte Merith scharf. »Du wirst Meg in der Küche helfen, während Juli und Innis das Badewasser bringen.«
    Kedéra hielt den Atem an, und ihre helle Haut verfärbte sich von Rot zu Weiß. Die Spannung in dem großen Saal wuchs so stark an, verdichtete sich dermaßen, daß man sie mit den Händen zu spüren glaubte. Rasch, noch ehe Kedéra etwas sagen konnte, fuhr Sorren dazwischen: »Ich war eine Leibeigene in Kendra-im-Delta!«
    Das Mädchen hielt zurück, was immer es hatte sagen wollen. »Ich dachte, du bist eine Botschafterin«, sagte Kedéra dann.
    »Nein. Eigentlich nicht. Ich habe die Nachricht überbracht, weil man mich darum gebeten hat. Aber ich wurde dazu ausgebildet, für den Haushalt einzukaufen, auf den Märkten, und die Wäsche zu machen und in der Küche zu arbeiten.«
    »Ich hasse solche Arbeiten«, sagte Kedéra.
    »Genau wie ich früher«, gab Sorren zurück. »Aber ich hab' sie trotzdem getan. Wenn du auf mein Zimmer kommen willst, nachdem ich gebadet habe, kann ich dir mehr von meiner Fahrt erzählen.«
    Kedéra hob eine Silberschüssel auf und setzte sie auf das Tablett. »Ich danke dir«, sagte sie. »Das würde ich gern hören.« Und sie setzte eine zweite Schüssel genau in die Höhlung der ersten.
     
    Als sie den Saal verließen, murmelte Merith: »Ich danke dir. Das war äußerst geschickt von dir.« Es war ganz klar, daß sie Sorren die Dienerin nicht glaubte. Wieder hustete sie hart und bellend und fuhr sich mit der gleichen Bewegung durchs Haar wie ihre Tochter.
    Sie traten auf den Burghof. Die Kälte schlug in Sorrens Gesicht und biß ihr in die Hände und drang eisig in die Kehle. Ihr Reisepack erschien ihr schwerer, nun da sie ihn in der Hand trug, als zuvor auf dem Rücken. Licht fiel schräg über die Innere Burgmauer. Sorren maß sie mit dem Blick aus; sie machte viermal ihre eigene Größe aus. Sogar im Sommer, dachte sie, muß es hier im Burghof rasch dunkel werden. Im Schatten der Mauer war die Luft sogar noch kälter. Merith ging vor Sorren her und öffnete die Tür zu den Kemenaten. Der Gang war eng, dunkel und roch moderig und alt.
    Eine Kerze in einem Wandleuchter verbreitete ein schwaches Licht im Gang. In ihrem Schein erblickte Sorren an den Wänden grobes Sackleinen. Stroh raschelte unter ihren Schritten.
    Merith sagte: »Dies waren früher einmal die Dienstbotenkammern. Aber da wir so wenig Leute hier haben, schien es töricht, daß Sark und Meg und Juli hier schlafen und Kedi und ich anderswo schlafen sollten.« Sie fuhr mit der Hand über den Sims eines mit Läden verschlossenen Fensters, hob die Kerze und hielt die Flamme an den Docht einer Kerze in einem Wandleuchter.
    Sie gingen die Treppe hinauf. Sorren nieste zweimal; die Kanten der ausgetretenen Stufen und das schüttere Sackleinen an den Wänden lagen unter einer dicken Staubschicht. Ihr Bogen verfing sich in einer Stoffalte. Vorsichtig machte sie ihn frei. Irgend etwas huschte an ihren Füßen vorbei. »Mäuse«, sagte Merith entschuldigend.
    Im Obergeschoß war es wärmer. Merith stieß die Tür zu einem Gemach auf. Es war vom Licht mehrerer dicker Kerzen erleuchtet. »Das Schlafzimmer ist dort«, sagte Merith und deutete auf eine Tür in der gegenüberliegenden Wand. Sorren ließ ihren Reisepack fallen. Das Gemach roch nach Wachs und nach noch etwas, etwas Weicherem, einem Duftwasser oder Duftöl. Es stand da eine große hölzerne Kleiderablage, zwei Truhen, ein Holzsessel, ein Kaminschirm, ein Fußschemel, ein Tisch ... Sorren schaute zu, wie Merith die Kissen in dem Sessel zurechtschüttelte, und sie begriff, daß dies hier kein Gästezimmer war.
    »Das ist dein eigenes Zimmer, nicht wahr?« fragte sie.
    Merith sagte: »Das Gästezimmer ist so schmutzig.«
    Sorren fragte sich, ob

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