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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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kannst die Karten überhaupt nicht lesen?«
    »Nein.«
    »Dann sind sie für dich recht wenig nütze, oder?« Wieder mußte Merith husten. »Wenn sie mir vererbt worden wären«, fuhr sie fort, »ich hätte sie verkauft.«
    Sorren war entsetzt. »Warum denn?«
    »Wozu sind sie gut?« fragte Merith. Ihre Stimme bekam einen schrillen, schmerzlichen Klang. »Können sie den Hunger eines Kindes stillen oder ein gebrochenes Bein heilen oder einen Mann vor dem Ertrinken bewahren? Und wenn sie mir vererbt worden wären und ich hätte sie nicht verkaufen können, dann hätte ich sie verbrannt!« Mit starrem Gesicht stierte sie auf die Wandteppiche und ihren verblichenen Farbschimmer. »Die Vergangenheit ist eine Fessel, eine Kette. Besser man vergißt sie und beginnt von neuem, wenn man kann. Ich würde auch diese Tapisserien herunterreißen und verbrennen, wenn wir sie nicht dringend brauchten, um den Raum zu wärmen!« Sie stieß das Kästchen heftig in Sorrens Hände zurück.
    Aus der Richtung des Burghofes hörte man ein Pferd wiehern. Sorren vernahm das Klirren des Sattelzeugs und das Klappern der Hufe auf den Pflastersteinen. Eine junge Stimme rief laut: »Hoi! Embri!« Jemand rannte über den Hof. Ein Hund bellte.
    Merith legte die Hände im Schoß zusammen. »Kedéra ist zurück.«
     
    Die Tür öffnete sich. Sorren fühlte, wie ein kleiner Schock ihr die Nervenbahnen entlangschoß, wie wenn jemand sie gekniffen hätte. Kedéra stand im Rahmen der Tür. Sie war klein wie ihre Mutter, hellhaarig wie der Bruder; sie hatte verschmierte Reitleder an und über einer groben braunen Tunika eine Pelzjacke und an den Beinen rötliche Reitstiefel. Sie kam mit weiten Schritten an den Tisch, leicht und beweglich wie ein Tänzer. Merith blickte ihr mit starrem unnachgiebigem Gesicht entgegen.
    Dann sagte sie: »Kedi, dies ist Sorren-no-Kité. Sie kommt aus dem Süden. Sorren, das ist meine Tochter, Kedéra.«
    »Ich grüße dich«, sagte Sorren.
    »Hallo«, sagte Kedéra. »Willkommen auf Tornor Keep.« Ihr Gesicht war schmaler als das der Mutter.
    »Sorren kommt aus Kendra-im-Delta«, sagte Merith. »Und sie hat eine Botschaft für dich von Dennis Ryth von Nuath.«
    Kedéra verzog finster das Gesicht. »Ich mag sie nicht hören!« Ihre Stimme klang feindselig und abweisend und leidenschaftlich. Sie ließ sich an Sorrens Seite auf die Bank fallen, warf die Beine mit einem Schwung unter den Tisch und griff nach der Weinkaraffe. Sie goß sich ein und schaute dabei ihre Mutter trotzig an. »Ich weiß schon, worum es wieder geht.«
    Mit einem Unterton von Zorn in der Stimme sprach Merith: »Er sendet dir Grüße, weiter nichts.«
    Kedéra setzte die Karaffe heftig ab. »Ich will aber keine Grüße von Dennis Ryth. Ich will überhaupt nichts von Dennis Ryth!« Sie schaute finster drein, und ihre grauen Augen schienen sich zu verdunkeln. Heftig riß sie ein Stück Fleisch von der Platte. Saft tropfte auf das Holz des Tischs.
    Merith sagte: »Das ist keine Art, mit einem Boten zu sprechen. Deine Manieren sind wirklich abscheulich.«
    Irgendwas stimmt hier nicht, dachte Sorren. In den Worten hatte alter Groll mitgeschwungen. Kedéra errötete. Merith seufzte, und der Ausdruck ihres Gesichtes wurde weicher. »Wir dürfen uns nicht vor unserem Gast zanken«, sagte sie.
    »Nein«, stimmte Kedéra ihr zu.
    Ihr Haar war kurzgeschnitten, es reichte nur gerade bis in den Nacken, und es sah glatt und weich aus wie Federn. Sorren überlegte sich, wie es sich unter den Fingern anfühlen mochte.
    »Warum schaust du mich so an?« fragte Kedéra.
    Es wurde Sorren klar, daß sie schamlos gestarrt hatte. Verlegen und verwirrt stammelte sie: »Du siehst aus wie jemand, den ich kenne.« Also, warum habe ich jetzt das gesagt? dachte sie. Es stimmt doch gar nicht.
    Ein schwarzer Schatten stahl sich an den Schenkel des Mädchens. Es war ein Hund. Sorren rutschte beiseite; sie war von Hunden nicht übermäßig begeistert, und dieser hier war hager und sah hungrig aus und hatte zerfledderte Ohren und lange, gekrümmte Krallen. »Was für ein Hund ist das?« fragte sie.
    Die Krallen des Hundes klickten auf dem Boden. »Ein Wolfshund«, sagte Kedéra. »Er heißt Lauf.« Sie betastete streichelnd und mit beiläufiger Autorität den schmalen Tierkopf. »Erzähl mir von deiner Reise«, bat sie dann. »Wie lang hast du dazu gebraucht?«
    »Einen Monat und einen halben«, sagte Sorren.
    »Zu Pferd?«
    Sorren grinste. »Zu Fuß.«
    Kedéras Augen weiteten sich. Die

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