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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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in Frieden!«
    »Hoppla!« sagte die Frau und verschwand. Marti lachte.
    Sorren hielt noch immer die Bilder fest. Sie redete sich ein, es sei ja bloß eine alte Geschichte über eine tote Prinzessin. Dennoch, nun kam es ihr vor, als habe die Lady von Tornor mit ihrer toten Hand über Jahrhunderte zu ihr herübergegriffen und sie berührt ... Vielleicht hatte sie ihre Karten besessen, sie angefaßt, sie ausgelegt, sie benutzt, um in die Zukunft zu schauen. Hat sie mich gesehen? dachte Sorren. »Gibt es einen Turm auf Tornor Keep?«
    »Einen Turm?« wiederholte Marti Hok, doch sie fragte nicht, warum. Sie zog den Faltband wieder zu sich heran. »Ein Turm. Tornor hatte einen Turm, Elin-die-Schreiberin erwähnt ihn, sie nennt den Zeitpunkt, zu dem er errichtet wurde. Er blickt nach Norden, schreibt sie, und hat stets nach Nord geblickt, seit er erbaut worden, auf daß die zahlreichen Herrscher von Tornor einen Ort hätten, wo sie stehen und den Kampf gegen die anhardischen Räuber befehligen konnten – man kann doch keinen Kampf von einem Turm aus befehligen, aber woher sollte sie das auch wissen, die dumme Person.«
    »Haben die übrigen Burgen auch einen Turm?«
    »Nein.«
    Also war es Tornor, was sie gesehen hatte. Sie war nach Tornor Keep gelangt in ihrem Fernreisen. Das Blut pochte in ihrem Kopf, und der Turm der Burg – weit, weit entfernt – tauchte wieder in ihrer blicklosen Sicht auf.
    Marti Hok mahnte: »Sorren!«
    Sorren schluckte. Das Bild verschwand. »Ja? Oh, es tut mir leid, Her ... Marti. Ich habe geträumt.«
    »Haben dir meine Geschichten Vergnügen gemacht?«
    »O ja. Sehr.«
    »Dann ist's gut. Und du könntest etwas für mich tun, als Gegenleistung.«
    »Aber natürlich«, sagte Sorren.
    Marti nahm ihr das Stück Papier aus der Hand. »Ich würde mir gern deine Karten einmal anschauen.«
    Sorren blieb stumm. Sie könnte zum Medhaus gehen, sie holen – doch wenn sie in das Haus auf dem Hügel zurückkehrte, würde sie nicht mehr Sorren, die Gastfreundin, sein, sondern Sorren-die-Leibeigene, und Arré würde bestimmt irgendeinen Auftrag für sie finden, der Koch würde etwas zu tun finden für sie, das Abendmahl würde aufgetragen werden müssen, Wäsche, sie würde sie waschen müssen, alles mögliche würde es zu tun geben ...
    Marti sagte leise: »Ach, denk nicht weiter daran, Kind!«
    Sorren heftete den Blick auf die alte Frau und sagte: »Ich möchte aber gern.«
    »Wenn du es kannst, dann wirst du es tun. Nein, laß die ...« Sorren hatte begonnen die Papiere wieder in den Faltband zurückzulegen. »Das kann jemand andrer tun. Es hat den Anschein, daß ich recht hatte, als ich dich eine Nordländerin genannt habe. Sag mir, hast du jemals daran gedacht, einmal in den Norden zu reisen, wenn deine Zeit im Dienst beendet ist?«
    Sorren dachte an Kadra, dachte an ihre Visionen. »Ja.«
    »Und du würdest auf der Stelle gehen, wenn du könntest«, sagte Marti. »Ich kann es in deinen Augen lesen. Gib dir keine Mühe, es zu leugnen!« Sie tastete nach ihrem Gehstock, Sorren legte ihn ihr in die Hand. »Aber es ist ganz gut so, daß du jetzt nicht fort kannst. Du hast eine Geliebte, nicht wahr? Ja, ich erinnere mich, die Hofmeisterin. Sie kümmert sich um dich. Und Arré tut das ebenfalls, und dir liegt auch etwas an ihr, ein bißchen was, und das ist sehr wichtig; sie braucht Menschen um sich, die sie liebhaben. Du kennst ihren Bruder?«
    Die plötzliche Frage verwirrte Sorren. »Ja«, sagte sie. »Ich trommle für ihn.«
    »Er ist ein böser Mensch«, sagte Marti Hok. »Und ich bin alt genug, das Böse zu erkennen, wenn ich es sehe.«
    Sorren hatte nicht den Eindruck, daß Isak böse war. Boshaft, das vielleicht, möglicherweise sogar grausam, aber nicht böse.
    »Du glaubst mir nicht?« sagte Marti. »Nun, wir werden es ja sehen.« Sie stemmte ihren Stock fest auf den Boden und erhob sich. »Unterdessen könntest du Geduld lernen, indem du einer alten Dame noch ein Weilchen länger Freundlichkeit erweist. Magst du Blumen? Fein. Dann komm und spaziere mit mir durch den Garten!«
     

8. Kapitel
     
    »Ha-ha-ha-ha-tay-ha-ha-ha ...« Gesangsfetzen hallten in den Gassen wider. Paxe wanderte langsam durch das Sonnenlicht zum Nordwestlichen Tor. Es war das Fest des Ochsen, ein Feiertag der Asech. Das Fest dauerte drei Tage lang, und aus den Häusern der Asech drangen interessante Gerüche, und die Frauen sangen mit Stimmen, die immer höher schrillten, bis sie sich in Gelächter auflösten. Männer

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