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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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schaufelte ihren Gewinn in die Taschen. Jemand drängte sich heran, um ihren Platz einzunehmen. »Ich danke euch allen.«
    »Kannst gern immer wiederkommen«, sagte Toby, dessen gute Laune zurückgekehrt zu sein schien. Der Mann, den Paxe als den Komplizen Annalis erkannt hatte, war verschwunden. Paxe tat noch immer betrunken und schwankte an die Tür. Sie bemerkte, daß auch die Asech aufgehört hatten zu würfeln.
    Die Spieler hockten nicht mehr auf der Straße vor der Taverne. Paxe blieb auf der Straße stehen, atmete leise und lauschte aufmerksam. Außer dem Lärm aus der Schenke hörte sie nichts. Sie begann mit schweren, unsicheren Schritten zu gehen. Nach einer Weile hörte sie die verräterischen Geräusche von Stiefelabsätzen. Man folgte ihr.
    Sie grinste in die Dunkelheit. Tyrés Training hatte ihre Fähigkeiten zu solcher Schärfe geschliffen, daß nur die Wüstenkinder der Asech ihr gleichkommen konnten. Sie schleppte ihren Schatten zwei Straßen weiter weg und verschmolz dann mit der Nacht. Annalis Komplize ging weiter und begann dann in den Rinnsteinen und Türeingängen nach seiner Beute zu suchen, und Paxe hockte auf dem Dach eines Schuppens und hörte ihm zu, wie er keuchte und grunzte und fluchte. Sie glitt vom Dach und stolperte unsicher unter eine Laterne. Er entdeckte sie sofort, und sie lockte ihn in eine Sackgasse. Ihr Mund wurde breit vor Lachen, weil er sich so abmühte, leise und verstohlen hinter ihr dreinzuschleichen. Schließlich blieb sie stehen, schwankte hin und her, tat, als müsse sie sich übergeben. Der Verfolger ließ alle Vorsicht fahren, sprang vor, und Paxe beugte sich nach rückwärts, balancierte auf einer Hand und einem Bein und schwang das andere Bein herum wie eine Sense.
    Der Mann ging mit allen vieren voran zu Boden. Sie sprang ihn an und blockierte seine Ellbogen hinter seinem Rücken. Er versuchte den Griff aufzubrechen, indem er sich zurückfallen ließ, und sie verstärkte den Griff und packte ihn mit Daumen und Zeigefinger an der Nase. »Ich brech dir die Nase«, sagte sie und drückte zu. Er stöhnte und wurde schlaff. Sie legte ihn auf den Bauch in den Dreck und setzte ihm das Knie ins Kreuz. »Ich sollte dich den Wachen übergeben«, sagte sie.
    Sein Atem ging schmerzhaft.
    »Wer war der Mann, der so früh vom Spieltisch fortging?«
    »Chano. Er ist ein Zuhälter.«
    Paxe drückte mit der Hand seine Luftröhre zu. »Wer ist er?« fragte sie und drückte fester zu.
    »Ahhh – nicht!« keuchte der Mann. »Er wohnt in der Aalstraße. Er ist Weber.«
    »Warum hat er versucht, mich zu warnen?«
    »Das weiß ich nicht. Ich wollte, er hätte es gelassen.«
    »Gib nicht ihm die Schuld«, sagte Paxe. »Ich hab' gewußt, was da los ist, bevor ich mich auch nur hingesetzt hatte.«
    Sie erwog, ob sie ihn den Wachen übergeben solle, entschloß sich aber dagegen. Sie war sicher, das saubere Paar würde nicht in dem Bezirk verweilen, jetzt gewiß nicht mehr. Außerdem – sie mußte über sich selber lächeln – hatte das kurze Gerangel ihr gutgetan, sie fühlte sich besser und konnte es sich leisten, großmütig zu sein. Sie ließ den Gauner sich auf die Knie aufrichten. »Das nächstemal solltest du es nicht so eilig haben, einen Fremden auszunehmen«, sagte sie. »Verschwinde von hier, und dreh dich nicht um dabei!« Zitternd stand der Mann auf und machte sich davon, bemüht, sich ja nicht umzublicken. Leise wie ein Geist folgte Paxe ihm an den Eingang der Gasse; sie mußte gegen den Impuls ankämpfen, ihm in letzter Sekunde nachzurufen: »Buh!«
    Sie war schon halbwegs zu Hause, als ihr bewußt wurde, daß sie erneut verfolgt wurde.
    Es war jedoch nicht der Räuber, dessen war sie sich sicher. Aber wer war es dann? Sie schlug einen Haken zurück, doch die Straße war leer wie ein abgeerntetes Feld. Sie blieb in einem Türeingang stehen, lauschte, konnte jedoch nichts hören. Sie trat von dem Türstein, und kaum war sie drei Straßen weiter gegangen, da vernahm sie das kaum hörbare rhythmische Rascheln von Stoff auf der Erde. Sie erstarrte in einem Schattentümpel. Das Geräusch brach ab.
    Von Zorn erfüllt, verschaffte sie sich Eingang in ein Gattertor, durchquerte einen Garten und kletterte über einen Zaun. Es war heller geworden. Sie schaute nach Westen. Der nicht ganz volle Mond, aber fast so hell wie der Herbstmond selbst, kam wie ein Leuchtturmfeuer über die Horizontlinie gestiegen. Sein Schein schimmerte auf ein paar weißen Muscheln im Garten. Paxe hob eine

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