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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Schale auf und warf sie in den nächstgelegenen Garten. Das schreckte Hühner aus dem Schlaf, die laut gackernd aufstoben. Ein Hund schlug an. Eine Tür knallte auf. »Wer ist da?« Unter dem Schutz des Geschreis zog Paxe sich die Kapuze übers Gesicht und stahl sich auf die Straße zurück.
    Zwei weitere Blocks lang hörte sie ihren Schatten hinter sich. Sie blieb nicht stehen, um nachzudenken. Sie entdeckte eine brauchbare Rabatte mit Wein, und mit vier Klimmzügen war sie oben und von dort auf einem glitschigen Ziegeldach. Sie preßte sich flach gegen die Ziegel und spähte über den Rand hinunter. Sie wartete darauf, daß ihr Schatten näherkam, um sie zu suchen. Aber er kam nicht. Grinsend schob sie sich über den Firstbalken auf die andere Seite des Hauses. Die Kante einer Regentonne bot ihr einen willkommenen Tritt, um wieder auf die Erde zu gelangen. Sie zog sich die Stiefel aus und hängte sie an den Schnürsenkeln um den Hals. Dann schlich sie durch eine Gruppe von Kavabäumen und kam mit vom Brei der abgefallenen Früchte klebrigen Füßen wieder hervor. Es gab für ihren Verfolger jetzt nur eine Chance, sie zu erwischen: wenn er die Nase eines Wolfes besaß.
    In der Straße der Schmiede hörte sie wieder den Klang von Schritten.
    Sie rannte leise wie eine Wüstenantilope mit gestreckten Beinen, spürte den Wind im Gesicht. Ihr Verfolger war gut, sogar ein Meister in der Kunst des Beschattens, aber sie war nun nur noch fünf Straßen weit von zu Hause weg. Sie rannte in die öffentlichen Bäder und wieder hinaus. Sie lief durch eine Gasse, durch den Hintereingang einer Himmelskrauthöhle und durch den Vordereingang wieder hinaus, und die benebelten Kunden stierten sie verständnislos an. Sie überkletterte einen Zaun und glitt durch die Lehmgrube eines Töpfers, kletterte über einen zweiten Zaun und landete in einem Rosenbusch. Die Dornen stachen sie in die Knöchel. Sie zwängte sich in einen Stall und wand sich unter den verwirrten Augen der Maultiere und Pferde durch ein Fenster hinaus; die Tiere hatten fast den gleichen Ausdruck in den Augen wie die Menschen in der Rauschhöhle. Sie schlich zweimal durch dieselbe Gasse, kam beidemale anderswo heraus und blieb dann endlich stehen, um zu lauschen. Sie hörte die Schritte.
    Grinsend ging sie auf sie zu. Sie zupfte sich ein Rosenblatt aus dem Haar, ein Schatten löste sich aus der Nacht und trat auf sie zu. Sie umarmten einander, heftig atmend. »Wann hast du's gemerkt?« fragte Kaleb.
    Paxe lachte und schwindelte, während sie ihrem Soldaten den Arm auf die Schultern legte: »Ich hab's von Anfang an gewußt.« Er legte ihr den Arm um die Hüfte.
    Sie gingen gemächlich die Straße hinauf. Paxes Atem ging ruhiger. »Ich hab' dich in der Kneipe gesehen«, sagte Kaleb.
    »Ich dich nicht. Warst du bei den Würfelspielern drüben in der Ecke?«
    »Ja. Warum bist du hingegangen?«
    »Ich wollte hören, was man so tratscht.«
    »Und dafür ist dort der rechte Platz. Was hältst du von Annali?«
    Paxe gluckste. »Sie ist sehr gut. Wie lange arbeitet sie schon in dem Viertel?«
    »Seit drei Wochen. Du hast mir meinen Plan vermasselt. Ich war drauf und dran, sie auszumisten.«
    »Ivor hat sie nicht entdeckt.«
    »Nein. Aber er ist jung, er lernt es schon noch.«
    »Warum hast du Annali und ihren Freund drei Wochen lang ungeschoren gelassen?« fragte Paxe.
    Kaleb antwortete: »Weil ich erst vor drei Tagen auf sie aufmerksam geworden bin. Sie sind verdammt schlau; bei der Wachablösung machen sie eine Pause im Spiel.«
    »Sie kennen eben deinen Ruf!« Paxe umarmte ihn. »Oh, Wächter, war das ein Spaß!«
    »War prima, was?« Seine Stimme klang wehmütig.
    »Kaleb, hast du etwa Heimweh?« Sie waren noch zwei Straßen vom Med-Haus entfernt. Sie kamen unter einer Laterne durch, und das Licht schien auf Kalebs Gesicht und verlieh ihm einen glühenden Bronzeton. Die roten Steine in seinen Ohrläppchen leuchteten wie Blutstropfen. Paxe blieb stehen und drehte Kaleb zu sich herum. »Hast du Heimweh?«
    »Manchmal«, sagte er. »Wenn der Wind von der See hereinkommt, werde ich oft ruhelos. Das ist eine kalte Stadt hier für einen Reiter der Wüste, und es fällt einem schwer, sich in einer Stadt zu Hause zu fühlen, wo es keine Pferde gibt und keinen Platz, wo sie frei herumlaufen können.«
    Paxe war nie eine gute Reiterin gewesen. Sie legte Kaleb beide Hände auf die Schultern. »Willst du fort?«
    »Nein«, sagte er. »Meine Heimat ist hier. Und ich mag meine Arbeit.

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