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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Arré unbekannten Gründen, in das Haus adoptiert werden. Sein Anteil am Erbe würde mit ihm gehen. Arré überlegte, wieso die Ismeninas sich so leicht bereiterklärten, auf Geld zu verzichten. Sie war sich einigermaßen sicher, daß die Sache nichts mit Tradition zu schaffen hatte.
    Die Briefe die sie an die Oberhäupter der großen Häuser geschickt hatte, um sie über die Schwerter zu unterrichten, hatten ihre Wirkung getan; die Stadt summte wie ein Wespennest, während die Unschuldigen sich mühten, dem Waffenschmuggel Einhalt zu bieten, und die Schuldigen bestrebt waren, alles unter den Teppich zu kehren. Paxe hatte ihr am Morgen berichtet, daß die Zahl der an den Toren entdeckten Waffen zurückgegangen sei. Doch konnte dies natürlich auch bedeuten, daß die Schmuggler nur neue Wege gefunden hatten, sie in die Stadt zu bringen. Und selbst wenn keine neuen Waffen mehr in die Stadt geschleust wurden, so waren doch jene, die den Wachen entgangen waren, noch immer hier – und wurden von den Ismeninas versteckt gehalten. Das vermutete Arré jedenfalls. Und wenn der Rat nicht die Anordnung an die Ismeninas ergehen ließ, einer Durchsuchung ihres Besitzes zuzustimmen, dann, so zweifelte Arré, würde man die Waffen wohl nie finden.
    Und dem, dessen war sie sicher, würde der Rat niemals zustimmen.
    Der Rat konnte, falls er das wollte, verkünden, daß der Bann, trotz seiner fehlerhaften Abfassung, auch auf kurze Schwerter, nicht nur auf lange Anwendung finde. Aber eine solche Erklärung des Rates würde von geringem Gewicht sein, wenn sie nicht die Unterstützung des Tanjo fand. Arré runzelte die Stirn. Kim Batto hatte dafür plädiert, die Ismeninas in den Rat zu berufen, und er war das Sprachrohr des Weißen Clans. Bedeutete dies, daß der Weiße Clan irgendwie im Bündnis stand mit den Ismeninas? Was war, wenn der Weiße Clan wünschte, daß die Waffen wieder in Kendra-im-Delta Einzug hielten?
    Es gab nur einen Weg, das herauszufinden, und sie schlug soeben diesen Weg ein. Sie hatte Schmerzen im Magen, jene mahnende Schmerzen, die sich ihr Bauch vorbehielt, um ihr zu sagen, daß er das Bedürfnis nach etwas Süßem habe. Arré ignorierte das Gefühl. Süßigkeiten machten sie friedlich und stumpf, und für diese Unterredung mit dem L'hel wollte sie unbedingt ihren Verstand beisammenhalten.
    Wie war es dazu gekommen, daß der Weiße Clan – und sein Oberhaupt, der L'hel – solch eine Machtfülle in Arun erringen konnte? Sie war sich nicht sicher. Der Clan selber war nur einige hundert Jahre alt. Verglichen mit dem Hause Med waren das Emporkömmlinge. Die Med konnten ihre Linie fünfhundert Jahre weit zurückverfolgen, bis in die Zeit vor der Gründung der Stadt. Sicher, es traf die Wahrheit, daß dieses Land in den letzten hundert Jahren sich großen Wohlstandes im Frieden erfreut hatte. Doch warum dafür den Hexen das Verdienst zuschreiben, dachte Arré. Wir waren es, die reichen Familien der Stadt, die Wege finden mußten, um mit dem wachsenden Handel und der zunehmenden Bevölkerung fertig zu werden. Die Hexen heimsten dafür den Ruhm ein, aber es waren die führenden Familien, auf deren Schultern die Verantwortung lastete.
    Sie schaute nach dem Stand der Sonne auf den Platten des Hofes: es war Zeit, daß sie sich auf den Weg machte. Sie nickte Paxe zu, die den Sänftenträgern ein Zeichen gab. Sie stellten sich an ihre Plätze an den Tragstangen. Eine Reihe hochpolierter Speerspitzen marschierten ans Tor und hielten an: ihre Eskorte. Arré stieß den Seidenvorhang beiseite und stieg in die Sänfte. Es blieb gleich, wie gut und lange sie die Sessel lüfteten, die Dinger stanken! Sie pochte gegen die Seidenpapierwand des Kastens. Die Sänfte schwankte, sie fiel nach vorn und dann zurück, und sie biß sich auf die Zähne: sie haßte diese Bewegung, haßte es, hier eingesperrt zu sein, haßte ihre Hilflosigkeit ...
    »Yai!« rief Paxe. Die Stimme klang wie durch Watte.
    »Ho – und ho – und ho – und ho ...« Die Sänfte schwankte im Rhythmus des leisen Singens der Träger. Arré klammerte sich in die Kissen. Durch den Spalt in dem schwingenden Vorhang erblickte sie ihren eigenen Hof hinter dem Tor, den Kavabaum, die Eskorte, die zurückfiel – nein, sie selbst bewegte sich ja vorwärts. Die zwei Reihen der Soldaten hatten sich nur aufgetan, um die Sänfte zwischen sich aufzunehmen. Wieder neigte sich die Sänfte. Arré faßte in die Kissen und fluchte mit verhaltener Stimme. »Ho ...« sangen die

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