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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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ertönten die Rufe der Laternenanzünder. »Aahuu! Aahuu!«
    Paxe kam an einem Wachtposten vorbei. Ihre Silhouette war sehr deutlich und allen bekannt. »Verdammt!« flüsterte jemand beim Knochenrasseln eines rollenden Würfels. Sie drehte sich nicht um. Heute nacht war sie nicht Paxe, die Meisterin im Hof der Med, sondern Donita, ein Bauernweib von außerhalb der Stadt. Den Trick hatte ihr Kemmeth beigebracht. »Geh und setz dich in irgendeine Kaschemme und hör zu«, hatte er gesagt, »und du kannst aus dem Geschwätz mehr erfahren, als du je bei der Runde zu Ohren bekommst.«
    Der Duft von Zwiebeln und Anis verriet Paxe, daß sie an einem Kräutergarten vorbeikam. Sie kniete nieder und faßte knetend in die Erde, bis die Poren ihrer Hände und die Nägel schmutzig waren. In einer Kate in der Nähe bellte ein Hund, und Donita-das-Bauernweib kam auf die Beine, die Hände wirklichkeitsgetreu verdreckt, einen Anisstengel zwischen den Zähnen.
    Sorrens Erwähnung der Schwerter hatte sie zu dieser Eskapade bewogen, dies und die Erinnerung an Tyré, die sie nicht zur Ruhe kommen lassen wollte. In dieser Nacht brauchte sie Lärm und Lachen, mußte sie mit Fremden reden. Sie kam am »Becher« vorbei, der größten Taverne in diesem Bezirk. Die Türen standen weit offen, und einladender Lärm drang durch sie heraus: Lachen, das Klirren von Gläsern. Jemand drinnen spielte auf einem sho. Aber »Der Becher« war gut beleuchtet und viel zu beliebt; irgend jemand da drinnen würde mit Sicherheit die Med-Meisterin wiedererkennen. Hier war nicht der rechte Ort für das, was Paxe in dieser Nacht vorhatte. Sie wandte sich nach Norden. Sie wußte, die Bäuerin Donita würde sich in der Nähe des Nordwestlichen Tores herumtreiben. Fremde und Reisende neigten dazu, sich an die besonderen Stadtteile zu halten, wo sie ihren Geschäften nachgingen. Matrosen suchten stets die Hafenkneipen im Jalar-Bezirk auf; Kaufleute und Karawanentreiber gingen in die Schenken um die Halle des Blauen Clans.
    Direkt westlich von der Ölstraße lag eine Gasse, die »Der Mund« genannt wurde. Hier lebte kaum jemand; längs des Weges standen Speicherhäuser und einige wenige verdreckte Geschäfte. Am Ende der Gasse lag eine Bar mit dem Namen »Die Zunge«. Es war ein geducktes breites Haus, halb aus Holz, halb aus roten Backsteinen gebaut. Die Tür stand offen, und Paxe konnte drinnen die Schatten herumgehender Menschen sehen. Chobalampen, zu flache Schalen, als daß man sie wirklich als Lampen hätte bezeichnen können, hingen an angelaufenen Metallketten von der Decke, und der Geruch von Himmelskraut quoll aus der Tür und klebte wie Rauch an den schmutzigen Wänden.
    Auf den Stufen spielten drei Leute das Kullerspiel. Paxe kam gemächlich heran. Ohne aufzublicken, machte einer eine Handbewegung. »Geh außen rum!«
    »Kann nicht«, sagte Paxe. »Kein Platz.«
    Sie schauten auf. »Dann steig oben drüber, wenn du schon mußt«, sagte einer und rückte eine Handbreit mit dem Bein beiseite. Paxe drehte sich seitwärts und stieg über das Spielfeld hinweg. Absichtlich stieß sie mit dem Absatz gegen das Brett, so daß Figuren umfielen. »Grazil wie eine Tonne!« murrte der Spieler. Unter dem Schatten ihrer Kapuze grinste Paxe. Sie kannte zwei der Spieler, beide arbeiteten in einem der Lagerhäuser der Med, und beide hatten sie nicht erkannt.
    Im öffentlichen Raum der Kneipe war es heiß und stickig. Aus der Küche drang der Gestank von bratendem Fisch und verbrauchtem Öl, dazwischen mischte sich der säuerliche Geruch von billigem Wein. Paxe löste die Schnur ihres Umhangs und gab einer Serviererin ein Zeichen, sie solle ihr einen Humpen bringen. »Heiß hier drin«, sagte sie zu dem ihr am nächsten stehenden Mann. »Hm-hm.« Er schaute sie an und dann desinteressiert wieder weg.
    In einer Ecke hockten ein paar Asech eng beisammen, spielten mit Würfeln und rauchten Himmelskraut. Der Rauch hing in einer blauen Wolke über ihren Köpfen. An einem Tisch neben der Küche war ein lärmenderes Würfelspiel im Gange. Paxe drängelte sich hinüber und gesellte sich zu den Gaffern. Beim Würfeln bekamen die Leute oft eine lose Zunge. Eine fette Frau mit dreifarbigem Haar ließ die Würfel rollen. Vor ihr auf dem Tisch lagen mehr Bontas als vor sonst einem der Spieler. »Na, komm, Baby, komm, mein Süßer, mach schon, mein Wonnebrocken!« sang sie leise in ihre gehöhlten Hände. »Eehjah!« Sie ließ die Würfel rollen. Sie hüpften über den gewachsten Tisch

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