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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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Funktionen, und der Rat kann sie nicht ersetzen. Der Rat dagegen übt die Herrschaft aus. Und das ist seine Funktion, welche der Weiße Clan nicht übernehmen kann. Zweitens: Wenn der Rat dem Weißen Clan Zutritt gewährt, würde er auch dem Schwarzen Clan und dem Blauen Clan und auch dem Grünen Clan, vermute ich, Sitz und Stimme einräumen müssen.«
    »Und was ist mit dem Roten Clan?« fragte Jerrin.
    »Es gibt keinen Roten Clan!«
    Jerrin hob seinen Becher. »Dein zweites Argument ist stichhaltiger als das erste.«
    »Was meinst du damit?«
    »Du hast recht, wenn du sagst, wenn der Rat den Weißen Clan aufnähme, dann dürfe man auch erwarten, daß er die anderen Clans zuläßt, und dies würde das Regieren um so vieles erschweren. Nun ist es aber so, daß kein Einzelmitglied des Rates diese Stadt regiert, sondern der Rat als Ganzes tut dies. Wenn man daher den Weißen Clan in den Rat aufnähme, dann würde ihm damit nicht mehr Macht zur Beherrschung dieser Stadt übertragen, als jedes einzelne Adelshaus sie besitzt.«
    »Die Herrschaft ist eine Bürde, die den noblen Familien der Stadt auferlegt ist«, sagte Arré. »Und wir werden dazu herangezogen und ausgebildet. Wir haben Erfahrung.«
    »Auch ich bin ausgebildet zu regieren«, sagte Jerrin. »Ich leite den Tanjo.«
    »Wenn du Ratsmitglied wärst, wer würde dann über den Tanjo herrschen«, fragte Arré.
    »Aber ich würde ja nicht Mitglied des Rates sein wollen«, erklärte Jerrin. »Wie du wohl sagen würdest: Das ist nicht die Funktion des L'hel.«
    Arré wartete, bis eindeutig war, daß er nicht ohne Drängen fortfahren würde. Dann sagte sie: »Und wer sollte dann nach dem Wunsch des Weißen Clans dessen Mitglied im Rate sein?«
    »Ein Wahrheitsfinder«, sagte Jerrin.
    Diplomatie, dachte Arré grimmig, hat nichts mit Wahrheit zu schaffen. »Nein. Wenn der Rat es für nötig erachtet, Beweise für das Tun der Ismeninas zu finden, dann wird man diese Beweise auch finden. Das ist eine interne Frage.«
    »Aber warum hast du mir dann davon schriftlich berichtet?« fragte Jerrin.
    »Weil es nicht nur gegen die Gesetze unserer Stadt verstößt, Waffen hereinzubringen, sondern nach den Definitionen des Banns ni'chea ist«, sagte Arré. »Außerdem – ich dachte mir, es würde dich interessieren.«
    Jerrin lächelte. Das Schweigen wurde lastender. Arrés Magen murrte, bettelte um etwas Süßes. Sie trank einen kleinen Schluck Wein, um ihn zu besänftigen. Sie fragte sich, ob Ron Ismenin jemals hier gesessen hatte. »Hast du erwogen«, sagte sie, »daß du über eine moralische Autorität verfügst, die dem Rat nicht zu Gebote steht? Du könntest, falls es dir beliebt, dich direkt an die Ismeninas wenden und andeuten, daß es ein unkluger Schachzug sei, Schwerter in die Stadt zu bringen.«
    »Das könnte ich«, sagte Jerrin. »Vorausgesetzt, die Ismeninas fragen mich jemals um meine Meinung. Aber Ron Ismenin hat noch kein einzigesmal mit mir gesprochen.«
    Wie außerordentlich praktisch, dachte Arré. Aber Kim Batto redet mit dir, und Kim Batto unterstützt den Anspruch der Ismeninas ... Jerrins Indigoaugen waren fest auf ihr Gesicht gerichtet, und sie hatte das ungute Gefühl, daß er ihre Gedanken lesen konnte.
    »Bist du ein Wahrheitsfinder?« fragte sie.
    Er schaute überrascht drein, und seine Augen glitten von ihrem Gesicht weg. »Ich? Nein. Ich bin ein Gedankenheber. Wir Hexer besitzen gewöhnlich nur eine der Gaben. Ich habe keinen Zugang zu deinem Denken, und wenn dem so wäre, würde ich es nicht ausnutzen. Das wäre äußerst unhöflich.«
    »Und du bist nicht unhöflich.« Sie überlegte, ob sie ihm glauben durfte. »Wie alt bist du, falls ich dich fragen darf?«
    Er berührte sein seidenfeines Haar. »Siebenundvierzig. Ich wurde mit neununddreißig zum L'hel bestimmt.«
    »Es ist eine Funktion auf Lebenszeit?«
    »Sie kann es sein. Es gibt drei L'helis: einen hier und einen in Shanan, einen in Tezera. Die beiden anderen sind sehr viel älter als ich.« Er drehte den Becher in der Hand, und der Ring an seinem Finger fing das Licht auf und spiegelte es wider. »In meinem Fall glaube ich nicht, daß ich bis an mein Lebensende L'hel sein werde. Ich werde immer müder.«
    Sie glaubte ihm nicht. Er versuchte sie durch Charme einzuwickeln, wie eine Spinne, die Seidenfäden um ihr Opfer webt. Offenheit konnte eine Täuschung sein; sie selbst hatte sie eingesetzt, sie kannte die Taktik zur Genüge. »Woher stammen die Narben auf deinem Gesicht?« fragte sie.

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