Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht
Hammaburg und die anderen Städte der Hanse endgültig vom Seehandel abzuschneiden.«
»Nicht zu vergessen die Piraten, mit denen sie sich verbündet hat, werter Kollege«, antwortete eine Frauenstimme. »Mit ihrer Hilfe kann sie auch die Küstengebiete unsicher machen. Die Lage für die Kapitäne unserer Stadt wird also immer bedrohlicher. Selbst der Schutz durch Bildung von Schiffskonvois reicht nicht mehr aus. Den wagemutigen Kapitänen, die sich überhaupt noch hinaus auf See trauen, hilft einzig und allein Schnelligkeit. Aber wie sollen wir Windmacher unserer geliebten Stadt helfen, wenn Ratsherr Schinnerkroog dafür sorgt, dass es für unsereins immer schwieriger wird, unsere Kunst auszuüben?«
»Magister Eulertin«, forderte ein Dritter. »Als unser Zunftmeister müsst Ihr Eure Stimme im Rat erheben und dafür sorgen, dass die Waren, die wir benötigen, von den Kriegszöllen verschont bleiben.«
»Richtig«, pflichtete die Bassstimme bei. »Ich begreife ja, dass die Stadtverteidigung Gold kostet, aber ausgerechnet jene Güter mit immer höheren Zöllen zu belegen, die wir Windmacher benötigen, das ist doch blanker Irrsinn!«
»Machen wir uns nichts vor«, ereiferte sich jetzt wieder die Frau, »Ratsherr Schinnerkroog hasst uns Zauberer!«
»Ja!«
»So ist es!«
Hinter der Tür kam es zu erregten Anschuldigungen, alle redeten durcheinander. »Gemach! Gemach!«, forderte eine feine, kaum hörbare Stimme und es kehrte unverzüglich wieder Stille ein. Offenbar erhob in diesem Moment Magister Eulertin das Wort. »Ich verstehe Eure Sorgen nur zu gut. Ich verspreche, dass ich all meinen Einfluss geltend machen werde, um diesem unerträglichen Zustand ein Ende zu bereiten.«
Kai runzelte die Stirn, denn die Stimme war nur mit äußerster Anstrengung zu verstehen.
»Ob Ratsherr Schinnerkroog nun Vorbehalte gegenüber der magischen Zunft pflegt oder nicht«, fuhr die leise Stimme fort, »ich bin mir sicher, die übrigen Ratsmitglieder werden sich unseren Argumenten nicht verschließen.«
»Besser, wir unterschätzen den Einfluss des Ersten Ratsherren nicht, Magister Eulertin«, maulte die Bassstimme. »Die Zauderer und Angsthasen sind allesamt auf seiner Seite. Die glauben, Morgoya würde Hammaburg vergessen, wenn wir uns nur ruhig verhielten.«
Aha, die leise Stimme gehörte also tatsächlich Eulertin.
»Nun, dann liegt es an uns, sie vom Gegenteil zu überzeugen«, warf Eulertin ein. »Schinnerkroog besitzt als Erster Ratsherr zwar weit reichende Befugnisse, aber noch regiert er die Stadt nicht alleine. Ich habe bereits gestern mit einigen der hochweisen Herren gesprochen. Sie haben unserer Zunft Unterstützung zugesagt. Vergessen wir nicht, dass die meisten Ratsherren finanziell vom Seehandel abhängig sind. Es liegt also auch in ihrem Interesse, uns zu unterstützen.«
»Was ist denn mit dem Feenkristall ? Wann bekommen wir die Lieferung?«, wollte die Frauenstimme wissen. »Ohne die Gefäße brauchen wir neue Beschwörungen gar nicht erst in Angriff zu nehmen.«
»Gestern ist ein fliegender Bote aus dem Reich der Feenkönigin Berchtis eingetroffen«, antwortete der Magister fast im Flüsterton. »Er hat mir berichtet, dass die Lieferung bereits auf ein Schiff verladen wurde und unterwegs ist. Sie sollte in wenigen Tagen eintreffen.« »Na, dann wollen wir hoffen, dass Ratsherrn Schinnerkroog nicht wieder etwas Neues einfällt, mit dem er uns das Leben schwer machen kann«, seufzte die Bassstimme. »Wie dem auch sei«, schloss Magister Eulertin, »ich werde die Herren und Damen Kollegen über den Stand der Verhandlungen in Kenntnis setzen, sobald ich der nächsten Ratsversammlung beigewohnt habe.«
Stühle wurden gerückt und Kai schaffte es gerade noch, neben die große Pendeluhr zu springen, als sich die Tür öffnete und drei seltsam gekleidete Gestalten die Halle betraten: eine hagere Frau mit hochmütigen Gesichtszügen sowie zwei Männer, von denen einer so dick war, dass sich Kai wunderte, wie er überhaupt durch den Türrahmen gepasst hatte. Sie alle trugen vornehm bestickte Gewänder, auf denen magische Symbole, Wellenmuster und Wolken zu sehen waren. Die Frau und der Dicke stützten sich auf knorrige Zauberstäbe, die mit Kristallen und Goldornamenten verziert waren. Nur der dritte Besucher trug einen dieser typischen, spitz zulaufenden Zauberhüte, von denen ihm Rufus berichtet hatte.
Die drei Windmacher beachteten Kai nicht, sondern eilten aufgebracht schwatzend auf die Ausgangstür zu.
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