Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
ihn mit seinem Blätterhaupt gegen die vom Himmel regnenden Frösche abschirmte. Ein tiefes Knurren war aus dem Geäst zu hören. Kai reagierte und feuerte Kugelblitz um Kugelblitz auf die quakenden kleinen Kreaturen ab. Wann immer er eine traf, zerplatzten die Biester zu schwarzen Schleimwolken, doch vielen gelang es immer wieder auszuweichen und vor den glühenden Kugeln Reißaus zu nehmen.
»Wildegrimm, hilf doch!« Panisch sah sich Kai zu dem Berggeist um und begriff, dass dieser noch immer auf seine Flöte konzentriert war. Längst hatte sie sich in einen schlanken, glatten Stab verwandelt.
»Versprichst du mir, dass du meinen Töchtern hilfst?«, dröhnte es gepresst aus dem knarrenden Geäst.
»Ja!«, schrie Kai. Der Berggeist riss den Eichenstab aus dem Boden und drückte ihn dem Zauberlehrling in die Hand. Wütend schüttelte sich Wildegrimm die vielen Kröten aus der Blattkrone.
Kaum berührten Kais Finger das Holz, war ihm, als ob sich sein Geist wie ein Muskel spannte.
»Kämpfe, Menschlein! Kämpfe!«, brüllte der Baumriese.
Ohne weiter darüber nachzudenken, beschwor Kai einen neuen Feuerwusel herauf und jagte auch ihn in Gestalt eines sprühenden Kugelblitzes zwischen die hüpfenden Frösche. Die mit Warzen übersäten Biester sprangen beiseite, doch diesmal schlug der Kugelblitz einen kleinen Haken, setzte ihnen nach und vernichtete sie. Kai lachte zornig. Einer plötzlichen Eingebung folgend schwenkte er seinen verwandelten Stab über die Tanzfläche und stimmte leisen Zaubergesang an. Überall um ihn herum brachen urplötzlich Irrlichter aus dem Boden. Sie waren zwar unbeweglich und züngelten lustlos mit ihren Flammenarmen, doch inmitten des Krötengewusels wirkten sie wie tödliche Fallen. Immer wieder zischte es oder es war ein dumpfes Platzen zu hören, wenn eine der Schattenkröten im Irrlichtsfeuer ihr Leben aushauchte.
Endlich handelte Wildegrimm. Laut rollte sein Wutgebrüll über den Berg. Er griff mit seinen Zweigen zum Himmel und ballte die knorrigen Hände zu Fäusten. Jäh riss es die giftgrüne Wolke über dem Berg auseinander und der Froschregen fand ein Ende. Dann setzte sich der Pflanzenriese in Bewegung. Jeder seiner wuchtigen Schritte zermalmte gleich mehrere der Schwarzkröten, während er seine langen Astarme wie gewaltige Reisigbesen schwang und mit ihnen fürchterliche Ernte unter den ekligen Lurchen hielt.
»Auf ihn, meine Kinder!«, war Roxanas Gebrüll zu hören. Zu Kais Entsetzen standen nur noch drei Hexen aufrecht. Schon lange war Amabilia verstummt. Hoffentlich war ihr nichts passiert.
Wütend hielt er nach der verfluchten Oberhexe Ausschau. Sie war die Abtrünnige unter ihnen! Wie hatten sie sich alle nur so von ihr täuschen lassen können?
»Wo seid Ihr, Roxana?«, brüllte er zornig.
Währenddessen räumte Wildegrimm weiter unter den Kröten auf, die sich nun ganz auf ihn konzentrierten. Auf die Entfernung wirkte es, als wäre er von einem lebenden Schattenteppich umgeben. Kai stand ihm mit zwei weiteren Kugelblitzen bei und rannte zwischen die Hexen, die still und zusammengekrümmt um ihn herumlagen. Ob sie tot waren oder nur in tiefen Schlaf gefallen waren, vermochte er nicht festzustellen. Wenn er nur wenigstens Amabilia finden könnte.
In diesem Moment löste sich ein Schatten zwischen den Bäumen und kam drohend auf ihn zu.
»Junge, man sollte einsehen, wenn man verloren hat.« Siegessicher dröhnte Roxanas Gelächter durch die Nacht. »Ein ganzes Jahr lang habe ich diesen Schlag gegen die Schwesternschaft vorbereitet und dann reichen mir die zänkischen Weiber die Letzte Flamme quasi als Dreingabe auf dem Silbertablett dar. Und da sage man noch, das Glück sei nicht mit den Tüchtigen.«
»Mich bekommt Ihr nicht.« Drohend hob Kai seinen Zauberstab und blickte schnell um sich. Immerhin war keine weitere Kröte mehr zu erblicken. Wildegrimm schien sie allesamt zermalmt zu haben. Doch ganz offensichtlich war der Kampf auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Der Berggeist stand schwankend da und beobachtete sie. »Soso, ich bekomme dich also nicht?« Roxana blieb stehen, legte die Hand auf ihre Hüfte und musterte ihn neckisch. »Ich bin schon mit weit gefährlicheren Feuerzauberern als dir fertig geworden. Allein ich habe sieben von ihnen zur Strecke gebracht. Meine werte Schwester Illume Feuerblatt und diese beiden Angeber Magnus und Igis Flammenhöh aus Halla waren lediglich die Bekanntesten. Hat man dich vor Morgoyas Jägern nicht
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