Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
gewarnt?«
Kai schluckte und wich einen Schritt zurück. Ja, Eulertin hatte ihn vor den Schergen Morgoyas gewarnt. Doch er hatte dabei stets an finstere Kreaturen gedacht. »Warum tut Ihr das ?«, wollte er wissen. »Ist Euch nicht klar, was Morgoya plant?« »Ach Flämmchen«, Roxana winkte leichthin ab. »Es ist doch völlig zwecklos, sich der Nebelkönigin entgegenstellen zu wollen. Ich möchte am Ende lieber auf der Seite der Sieger stehen. Und diese Siegerin steht nun einmal bereits fest.« Sie lächelte. »Und wenn ich die Prophezeiung richtig deute, wirst du der Nebelkönigin ebenfalls eines Tages erliegen, richtig? Wie wäre es, wenn du dich uns heute schon ergibst? Das erspart uns allen viel Zeit und Mühe.«
»Niemals!« Kai jagte einen Kugelblitz in Roxanas Richtung, doch die Hexe schnippte lediglich mit den Fingern, und das Funken sprühende Geschoss zerstob in einer Wolke heißen Wasserdampfs. Erschrocken trat Kai einen Schritt zurück.
»Wasser, kleiner Zauberlehrling. Wasser.« Roxana leckte sich sinnlich über die vollen Lippen und strich sich ihre langen Haare aus der Stirn. »Es gibt einfach kein besseres Mittel gegen euch Feuermagier. Dabei bist du ja noch nicht einmal einer. Nur ein dummer Zauberlehrling.« Sie lachte spöttisch. »Und nun, genug der Spielereien ...« »Wildegrimm!«, brüllte Kai und gab Fersengeld. So schnell er konnte, rannte er an den reglos daliegenden Hexen vorbei auf den Berggeist zu. Der setzte sich unter lautem Ächzen und Knarren langsam in Bewegung. Kai blieb stehen und starrte Wildegrimm an. Die Blätter des Waldgeistes waren jetzt schwarz wie die Nacht und sein Borkengesicht war zu einer Fratze verzerrt, auf der sich ungezügelter Hass abzeichnete. Roxana klatschte in die Hände. »Schwarzkrötengift, mein kleiner Zauberlehrling. Mit jedem meiner Kinder, das Wildegrimm zertrampelt hat, hat er etwas mehr davon in sich aufgenommen. Du musst wissen, das Gift war vor allem für ihn bestimmt. Schade, dass es meinen Schwestern nur dunkle Träume beschert. Auch wenn ich befürchte, dass sie nicht mehr daraus erwachen werden. Dieser Hexenplatz gehört von heute an wieder den Mächten der Finsternis.«
»Du sagst es, Hexe!«, rasselte es vom Waldrand her. »Nichts mehr, was unsereins abhalten könnte, hierherzugelangen.«
Kai fuhr herum und hätte schreien können vor Erleichterung. Er kannte diese Stimme! Zwischen den Bäumen leuchteten zwei gelbe Raubtieraugen auf, und im nächsten Moment war das machtvolle Schlagen von Schwingen zu hören. Ein gewaltiger Schemen mit riesigen Fledermausflügeln jagte heran und baute sich schützend vor Kai auf.
Es war Dystariel!
Erst jetzt sah Kai, dass sie ein Waffengehänge auf dem Rücken trug, aus dem der Griff einer Klinge ragte. Parierstange und Knauf liefen in Echsenköpfen mit kleinen Smaragdaugen aus. Kai kannte das Langschwert. Es handelte sich um Sonnenfeuer, jene Zauberklinge, mit der Sigur Drachenherz einst gegen den Drachenkönig Pelagor angetreten war.
»Bei allen Schwarzsehern, eine Gargyle! Herrin, seid Ihr etwa hier?« Roxana starrte entgeistert Richtung Wald, doch schon kurz darauf lag ungläubiges Erkennen in ihrem Blick. »Du bist die eine] Diese Abtrünnige, richtig?«
Dystariel fletschte ihre Reißzähne und wandte sich grollend an Kai. »Kann man dich nicht einmal alleine lassen?«
»Diesmal kann ich nichts dafür. Ehrlich!«
»Wildegrimm, töte sie!«, kreischte die Oberhexe.
Blitzartig fuhr Dystariel ihre Krallen aus und schnellte nach vorn. Doch Roxana schien den Angriff erwartet zu haben. Flink verwandelte sie sich in eine Katze, wich dem Hieb der Gargyle im letzten Moment aus und flüchtete in die Dunkelheit. Kai hörte bereits, wie der Berggeist mit großen Sätzen heranstampfte. Er warf sich auf den Boden und rollte sich ab. Keinen Augenblick zu spät, denn schon holte der von Schatten besessene Berggeist zu einem gewaltigen Schlag aus. Dystariel wurde von den Beinen gefegt und es klang, als würde Holz über Fels schrammen. Die Gargyle überschlug sich in der Luft, kam auf allen vieren wieder auf dem Boden auf und riss Sonnenfeuer aus der Schwertscheide.
Flügelschlagend ging Dystariel nun zum Gegenangriff über. Rasend schnell wich sie einem weiteren Schlag des Baumriesen aus, nur um brüllend die Mondsilberklinge in das Astwerk ihres Gegners zu treiben.
Links, rechts. Links, rechts. Große Holzsplitter und Äste regneten auf den Hexenplatz nieder. Dystariels Ziel waren die Augen des Berggeists,
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